Jemand in den Fasten Fleisch esse, ob eine Nonne sich verheirathe, und indeß den Türken vorrücken, Länder und Städte, so viel er wolle erobern läßt. Er fordert die Für- sten auf, das Panier des Kaisers nicht mehr für ein blo- ßes seidenes Tuch anzusehn, sondern demselben pflichtgemäß in das Feld zu folgen. Er nimmt sich die Mühe, zur Be- kehrung Derjenigen, welche die Regierung der Türken wün- schen möchten, die Gräuel aufzuzählen, die der Koran enthalte. Die Uebrigen ermahnt er, in des Kaisers Na- men getrost auszuziehen; wer in diesem Gehorsam sterbt, dessen Tod werde Gott wohlgefällig seyn.
Denn es ist wohl erlaubt, in dieser großen Gefahr der deutschen Nation auch den Mann reden zu lassen, wel- cher damals in derselben am meisten gehört ward. Die Schrift vom Türkenkrieg zeigt wieder einmal den Geist, der die kirchlichen und die weltlichen Elemente zu scheiden un- ternahm, in aller seiner durchgreifenden Schärfe.
Und so viel wenigstens bewirkte er, daß die Protesti- renden, obwohl sie die Furcht hegten, von der Majorität mit Krieg überzogen zu werden und in den Reichsschluß nicht gewilligt hatten, doch so gut wie die andern ihre Hülfe ausrüsteten. Auch Churfürst Johann stellte ein paar tausend Mann unter der Anführung seines Sohnes ins Feld. 1
Von allen Seiten zog die eilende Hülfe dem Feldhaupt- mann des Reiches, Pfalzgraf Friedrich, zu, der indeß zu Linz bei König Ferdinand angelangt war. 2
1 Spalatin Vita Johannis Electoris bei Menken II, 1117.
2Hubert Thomas Leodius de vita Friderici p. 119, wört- lich abgeschrieben in Melchior Soiter de Vinda Bellum Pannonicum lib. I, bei Schardius III, p. 250.
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
Jemand in den Faſten Fleiſch eſſe, ob eine Nonne ſich verheirathe, und indeß den Türken vorrücken, Länder und Städte, ſo viel er wolle erobern läßt. Er fordert die Für- ſten auf, das Panier des Kaiſers nicht mehr für ein blo- ßes ſeidenes Tuch anzuſehn, ſondern demſelben pflichtgemäß in das Feld zu folgen. Er nimmt ſich die Mühe, zur Be- kehrung Derjenigen, welche die Regierung der Türken wün- ſchen möchten, die Gräuel aufzuzählen, die der Koran enthalte. Die Uebrigen ermahnt er, in des Kaiſers Na- men getroſt auszuziehen; wer in dieſem Gehorſam ſterbt, deſſen Tod werde Gott wohlgefällig ſeyn.
Denn es iſt wohl erlaubt, in dieſer großen Gefahr der deutſchen Nation auch den Mann reden zu laſſen, wel- cher damals in derſelben am meiſten gehört ward. Die Schrift vom Türkenkrieg zeigt wieder einmal den Geiſt, der die kirchlichen und die weltlichen Elemente zu ſcheiden un- ternahm, in aller ſeiner durchgreifenden Schärfe.
Und ſo viel wenigſtens bewirkte er, daß die Proteſti- renden, obwohl ſie die Furcht hegten, von der Majorität mit Krieg überzogen zu werden und in den Reichsſchluß nicht gewilligt hatten, doch ſo gut wie die andern ihre Hülfe ausrüſteten. Auch Churfürſt Johann ſtellte ein paar tauſend Mann unter der Anführung ſeines Sohnes ins Feld. 1
Von allen Seiten zog die eilende Hülfe dem Feldhaupt- mann des Reiches, Pfalzgraf Friedrich, zu, der indeß zu Linz bei König Ferdinand angelangt war. 2
1 Spalatin Vita Johannis Electoris bei Menken II, 1117.
2Hubert Thomas Leodius de vita Friderici p. 119, woͤrt- lich abgeſchrieben in Melchior Soiter de Vinda Bellum Pannonicum lib. I, bei Schardius III, p. 250.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0216"n="200"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Jemand in den Faſten Fleiſch eſſe, ob eine Nonne ſich<lb/>
verheirathe, und indeß den Türken vorrücken, Länder und<lb/>
Städte, ſo viel er wolle erobern läßt. Er fordert die Für-<lb/>ſten auf, das Panier des Kaiſers nicht mehr für ein blo-<lb/>
ßes ſeidenes Tuch anzuſehn, ſondern demſelben pflichtgemäß<lb/>
in das Feld zu folgen. Er nimmt ſich die Mühe, zur Be-<lb/>
kehrung Derjenigen, welche die Regierung der Türken wün-<lb/>ſchen möchten, die Gräuel aufzuzählen, die der Koran<lb/>
enthalte. Die Uebrigen ermahnt er, in des Kaiſers Na-<lb/>
men getroſt auszuziehen; wer in dieſem Gehorſam ſterbt,<lb/>
deſſen Tod werde Gott wohlgefällig ſeyn.</p><lb/><p>Denn es iſt wohl erlaubt, in dieſer großen Gefahr<lb/>
der deutſchen Nation auch den Mann reden zu laſſen, wel-<lb/>
cher damals in derſelben am meiſten gehört ward. Die<lb/>
Schrift vom Türkenkrieg zeigt wieder einmal den Geiſt, der<lb/>
die kirchlichen und die weltlichen Elemente zu ſcheiden un-<lb/>
ternahm, in aller ſeiner durchgreifenden Schärfe.</p><lb/><p>Und ſo viel wenigſtens bewirkte er, daß die Proteſti-<lb/>
renden, obwohl ſie die Furcht hegten, von der Majorität<lb/>
mit Krieg überzogen zu werden und in den Reichsſchluß<lb/>
nicht gewilligt hatten, doch ſo gut wie die andern ihre<lb/>
Hülfe ausrüſteten. Auch Churfürſt Johann ſtellte ein paar<lb/>
tauſend Mann unter der Anführung ſeines Sohnes ins Feld. <noteplace="foot"n="1">Spalatin <hirendition="#aq">Vita Johannis Electoris</hi> bei Menken <hirendition="#aq">II,</hi> 1117.</note></p><lb/><p>Von allen Seiten zog die eilende Hülfe dem Feldhaupt-<lb/>
mann des Reiches, Pfalzgraf Friedrich, zu, der indeß zu Linz<lb/>
bei König Ferdinand angelangt war. <noteplace="foot"n="2"><hirendition="#aq">Hubert Thomas Leodius de vita Friderici p.</hi> 119, woͤrt-<lb/>
lich abgeſchrieben in Melchior Soiter de Vinda <hirendition="#aq">Bellum Pannonicum<lb/>
lib. I,</hi> bei Schardius <hirendition="#aq">III, p.</hi> 250.</note></p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[200/0216]
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
Jemand in den Faſten Fleiſch eſſe, ob eine Nonne ſich
verheirathe, und indeß den Türken vorrücken, Länder und
Städte, ſo viel er wolle erobern läßt. Er fordert die Für-
ſten auf, das Panier des Kaiſers nicht mehr für ein blo-
ßes ſeidenes Tuch anzuſehn, ſondern demſelben pflichtgemäß
in das Feld zu folgen. Er nimmt ſich die Mühe, zur Be-
kehrung Derjenigen, welche die Regierung der Türken wün-
ſchen möchten, die Gräuel aufzuzählen, die der Koran
enthalte. Die Uebrigen ermahnt er, in des Kaiſers Na-
men getroſt auszuziehen; wer in dieſem Gehorſam ſterbt,
deſſen Tod werde Gott wohlgefällig ſeyn.
Denn es iſt wohl erlaubt, in dieſer großen Gefahr
der deutſchen Nation auch den Mann reden zu laſſen, wel-
cher damals in derſelben am meiſten gehört ward. Die
Schrift vom Türkenkrieg zeigt wieder einmal den Geiſt, der
die kirchlichen und die weltlichen Elemente zu ſcheiden un-
ternahm, in aller ſeiner durchgreifenden Schärfe.
Und ſo viel wenigſtens bewirkte er, daß die Proteſti-
renden, obwohl ſie die Furcht hegten, von der Majorität
mit Krieg überzogen zu werden und in den Reichsſchluß
nicht gewilligt hatten, doch ſo gut wie die andern ihre
Hülfe ausrüſteten. Auch Churfürſt Johann ſtellte ein paar
tauſend Mann unter der Anführung ſeines Sohnes ins Feld. 1
Von allen Seiten zog die eilende Hülfe dem Feldhaupt-
mann des Reiches, Pfalzgraf Friedrich, zu, der indeß zu Linz
bei König Ferdinand angelangt war. 2
1 Spalatin Vita Johannis Electoris bei Menken II, 1117.
2 Hubert Thomas Leodius de vita Friderici p. 119, woͤrt-
lich abgeſchrieben in Melchior Soiter de Vinda Bellum Pannonicum
lib. I, bei Schardius III, p. 250.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/216>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.