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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Unterhandlungen mit Frankreich.

Auch König Franz ging nur mit schwerem Herzen daran.

Bei den Unterhandlungen im Jahre 1527 hatte der
Kaiser schon nicht mehr so unbedingt wie früher die Zu-
rückgabe seines Stammlandes gefordert, sondern die Nei-
gung gezeigt, sich statt dessen mit einer Zahlung von zwei
Millionen Scudi zu begnügen. Alles hatte sich daran ge-
stoßen, daß der König nicht auch Mailand und Genua auf-
geben, seine Truppen überhaupt nicht aus Italien zurück-
ziehen wollte. 1 Es schien, als betrachte man in Frankreich
die Wiedereroberung von Mailand als eine Pflicht und als
eine Ehrensache. Der Kanzler Du Prat hat erklärt, er werde
sich nie an den Schimpf gewöhnen, daß dieses Land zur
Zeit seiner Verwaltung der französischen Krone verloren ge-
gangen; habe er es ihr aber wieder verschafft, so sey er zu-
frieden, in der nächsten Stunde darauf zu sterben. 2

Trotz alle dem war jetzt die Nothwendigkeit gekom-
men, sich diesen Verlust gefallen zu lassen.

Einmal bot die Fortsetzung des Kriegs keine Aussicht
mehr dar. Selbst die Anhänger des Königs in Italien
brachten in Erinnerung, daß es unmöglich seyn werde, ein
Heer ins Feld zu stellen, ehe der Kaiser in Italien erscheine;
durch seine Verbindung mit dem Papst werde derselbe Herr
in dem mittlern wie in dem obern und dem untern; Flo-

1 Ce qui a ete dit en la communication tenue a Palencia
bei Du Mont IV, I, 502.
2 Bellay 13 Juill. 1529. MS. Maitre de Barre sagt ihm, daß
diese Aeußerung, welche Margaretha und also auch der Kaiser wisse,
den Frieden verhindere. Sie lautet: puisque le roi avoit perdu Mi-
lan, estant luy en administration des affaires, il aimeroit mieux
la mort que de faillir a le luy faire recouvrer: cela fait il etoit con-
tent de mourir une heure apres.
Unterhandlungen mit Frankreich.

Auch König Franz ging nur mit ſchwerem Herzen daran.

Bei den Unterhandlungen im Jahre 1527 hatte der
Kaiſer ſchon nicht mehr ſo unbedingt wie früher die Zu-
rückgabe ſeines Stammlandes gefordert, ſondern die Nei-
gung gezeigt, ſich ſtatt deſſen mit einer Zahlung von zwei
Millionen Scudi zu begnügen. Alles hatte ſich daran ge-
ſtoßen, daß der König nicht auch Mailand und Genua auf-
geben, ſeine Truppen überhaupt nicht aus Italien zurück-
ziehen wollte. 1 Es ſchien, als betrachte man in Frankreich
die Wiedereroberung von Mailand als eine Pflicht und als
eine Ehrenſache. Der Kanzler Du Prat hat erklärt, er werde
ſich nie an den Schimpf gewöhnen, daß dieſes Land zur
Zeit ſeiner Verwaltung der franzöſiſchen Krone verloren ge-
gangen; habe er es ihr aber wieder verſchafft, ſo ſey er zu-
frieden, in der nächſten Stunde darauf zu ſterben. 2

Trotz alle dem war jetzt die Nothwendigkeit gekom-
men, ſich dieſen Verluſt gefallen zu laſſen.

Einmal bot die Fortſetzung des Kriegs keine Ausſicht
mehr dar. Selbſt die Anhänger des Königs in Italien
brachten in Erinnerung, daß es unmöglich ſeyn werde, ein
Heer ins Feld zu ſtellen, ehe der Kaiſer in Italien erſcheine;
durch ſeine Verbindung mit dem Papſt werde derſelbe Herr
in dem mittlern wie in dem obern und dem untern; Flo-

1 Ce qui a été dit en la communication tenue à Palencia
bei Du Mont IV, I, 502.
2 Bellay 13 Juill. 1529. MS. Maitre de Barre ſagt ihm, daß
dieſe Aeußerung, welche Margaretha und alſo auch der Kaiſer wiſſe,
den Frieden verhindere. Sie lautet: puisque le roi avoit perdu Mi-
lan, estant luy en administration des affaires, il aimeroit mieux
la mort que de faillir à le luy faire recouvrer: cela fait il étoit con-
tent de mourir une heure après.
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[123/0139] Unterhandlungen mit Frankreich. Auch König Franz ging nur mit ſchwerem Herzen daran. Bei den Unterhandlungen im Jahre 1527 hatte der Kaiſer ſchon nicht mehr ſo unbedingt wie früher die Zu- rückgabe ſeines Stammlandes gefordert, ſondern die Nei- gung gezeigt, ſich ſtatt deſſen mit einer Zahlung von zwei Millionen Scudi zu begnügen. Alles hatte ſich daran ge- ſtoßen, daß der König nicht auch Mailand und Genua auf- geben, ſeine Truppen überhaupt nicht aus Italien zurück- ziehen wollte. 1 Es ſchien, als betrachte man in Frankreich die Wiedereroberung von Mailand als eine Pflicht und als eine Ehrenſache. Der Kanzler Du Prat hat erklärt, er werde ſich nie an den Schimpf gewöhnen, daß dieſes Land zur Zeit ſeiner Verwaltung der franzöſiſchen Krone verloren ge- gangen; habe er es ihr aber wieder verſchafft, ſo ſey er zu- frieden, in der nächſten Stunde darauf zu ſterben. 2 Trotz alle dem war jetzt die Nothwendigkeit gekom- men, ſich dieſen Verluſt gefallen zu laſſen. Einmal bot die Fortſetzung des Kriegs keine Ausſicht mehr dar. Selbſt die Anhänger des Königs in Italien brachten in Erinnerung, daß es unmöglich ſeyn werde, ein Heer ins Feld zu ſtellen, ehe der Kaiſer in Italien erſcheine; durch ſeine Verbindung mit dem Papſt werde derſelbe Herr in dem mittlern wie in dem obern und dem untern; Flo- 1 Ce qui a été dit en la communication tenue à Palencia bei Du Mont IV, I, 502. 2 Bellay 13 Juill. 1529. MS. Maitre de Barre ſagt ihm, daß dieſe Aeußerung, welche Margaretha und alſo auch der Kaiſer wiſſe, den Frieden verhindere. Sie lautet: puisque le roi avoit perdu Mi- lan, estant luy en administration des affaires, il aimeroit mieux la mort que de faillir à le luy faire recouvrer: cela fait il étoit con- tent de mourir une heure après.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/139>, abgerufen am 04.05.2024.