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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Ausbreitung der Lehre.
gen: seine Zuhörer holten ihn bewaffnet aus seinem Hause ab
und führten ihn bewaffnet dahin zurück. In Ostfriesland
zu Emden ward Georg von der Dare anfangs, als er
nach Luthers Vorbild zu predigen anfieng, aus der großen
Kirche vertrieben; aber das Volk hörte ihm eine Zeitlang un-
ter freiem Himmel zu und bewirkte dann daß ihm die Kirche
wieder geöffnet ward. In Bamberg eiferte der Custos zu St.
Gangolph Johann Schwanhäuser in den Ausdrücken eines
Carlstadt wider die Verehrung der Heiligen. 1 Der Pfarrer
zu Cronach war einer der ersten Priester die sich verheira-
theten. In Mainz war es der Domprediger, Wolfgang
Köpfl, eine Zeitlang der vertrauteste Rathgeber des Chur-
fürsten, in Frankfurt der Prediger zu St. Catharina, Hart-
mann Ibach, in Straßburg der Pfarrer zu St. Lorenz,
Matthäus Zell, in Memmingen der Prediger zu St. Mar-
tin, Schappeler, welche den neuen Lehren zuerst Bahn mach-
ten. Im Kreichgau sammelte sich unter dem Schutze der
Gemmingen um Erhard Schnepf her eine Verbrüderung
gleichgesinnter Landpfarrer. In Basel sah man wohl den
Pfarrer zu St. Alban Röubli bei der Frohnleichnamspro-
cession statt der Hostie eine Bibel in prächtigem Einband
einhertragen, mit der Äußerung, nur er trage das rechte
Heiligthum. Dann folgte am Münster zu Zürich der große
Leutpriester Ulrich Zwingli, der eine politisch und kirchlich
gleich bedeutende kühne Stellung einnahm, in dem der Vi-
car von Constanz gar bald einen zweiten Luther zu erken-
nen glaubte. Bis in das hohe Gebirg können wir diese
Regungen begleiten. Die Vornehmsten in Schwytz richte-

1 Auszüge aus seinen Predigten bei Heller a. a. O. S. 62.

Ausbreitung der Lehre.
gen: ſeine Zuhörer holten ihn bewaffnet aus ſeinem Hauſe ab
und führten ihn bewaffnet dahin zurück. In Oſtfriesland
zu Emden ward Georg von der Dare anfangs, als er
nach Luthers Vorbild zu predigen anfieng, aus der großen
Kirche vertrieben; aber das Volk hörte ihm eine Zeitlang un-
ter freiem Himmel zu und bewirkte dann daß ihm die Kirche
wieder geöffnet ward. In Bamberg eiferte der Cuſtos zu St.
Gangolph Johann Schwanhäuſer in den Ausdrücken eines
Carlſtadt wider die Verehrung der Heiligen. 1 Der Pfarrer
zu Cronach war einer der erſten Prieſter die ſich verheira-
theten. In Mainz war es der Domprediger, Wolfgang
Köpfl, eine Zeitlang der vertrauteſte Rathgeber des Chur-
fürſten, in Frankfurt der Prediger zu St. Catharina, Hart-
mann Ibach, in Straßburg der Pfarrer zu St. Lorenz,
Matthäus Zell, in Memmingen der Prediger zu St. Mar-
tin, Schappeler, welche den neuen Lehren zuerſt Bahn mach-
ten. Im Kreichgau ſammelte ſich unter dem Schutze der
Gemmingen um Erhard Schnepf her eine Verbrüderung
gleichgeſinnter Landpfarrer. In Baſel ſah man wohl den
Pfarrer zu St. Alban Röubli bei der Frohnleichnamspro-
ceſſion ſtatt der Hoſtie eine Bibel in prächtigem Einband
einhertragen, mit der Äußerung, nur er trage das rechte
Heiligthum. Dann folgte am Münſter zu Zürich der große
Leutprieſter Ulrich Zwingli, der eine politiſch und kirchlich
gleich bedeutende kühne Stellung einnahm, in dem der Vi-
car von Conſtanz gar bald einen zweiten Luther zu erken-
nen glaubte. Bis in das hohe Gebirg können wir dieſe
Regungen begleiten. Die Vornehmſten in Schwytz richte-

1 Auszuͤge aus ſeinen Predigten bei Heller a. a. O. S. 62.
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[73/0083] Ausbreitung der Lehre. gen: ſeine Zuhörer holten ihn bewaffnet aus ſeinem Hauſe ab und führten ihn bewaffnet dahin zurück. In Oſtfriesland zu Emden ward Georg von der Dare anfangs, als er nach Luthers Vorbild zu predigen anfieng, aus der großen Kirche vertrieben; aber das Volk hörte ihm eine Zeitlang un- ter freiem Himmel zu und bewirkte dann daß ihm die Kirche wieder geöffnet ward. In Bamberg eiferte der Cuſtos zu St. Gangolph Johann Schwanhäuſer in den Ausdrücken eines Carlſtadt wider die Verehrung der Heiligen. 1 Der Pfarrer zu Cronach war einer der erſten Prieſter die ſich verheira- theten. In Mainz war es der Domprediger, Wolfgang Köpfl, eine Zeitlang der vertrauteſte Rathgeber des Chur- fürſten, in Frankfurt der Prediger zu St. Catharina, Hart- mann Ibach, in Straßburg der Pfarrer zu St. Lorenz, Matthäus Zell, in Memmingen der Prediger zu St. Mar- tin, Schappeler, welche den neuen Lehren zuerſt Bahn mach- ten. Im Kreichgau ſammelte ſich unter dem Schutze der Gemmingen um Erhard Schnepf her eine Verbrüderung gleichgeſinnter Landpfarrer. In Baſel ſah man wohl den Pfarrer zu St. Alban Röubli bei der Frohnleichnamspro- ceſſion ſtatt der Hoſtie eine Bibel in prächtigem Einband einhertragen, mit der Äußerung, nur er trage das rechte Heiligthum. Dann folgte am Münſter zu Zürich der große Leutprieſter Ulrich Zwingli, der eine politiſch und kirchlich gleich bedeutende kühne Stellung einnahm, in dem der Vi- car von Conſtanz gar bald einen zweiten Luther zu erken- nen glaubte. Bis in das hohe Gebirg können wir dieſe Regungen begleiten. Die Vornehmſten in Schwytz richte- 1 Auszuͤge aus ſeinen Predigten bei Heller a. a. O. S. 62.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/83>, abgerufen am 24.11.2024.