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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Drittes Capitel.

Auch von den übrigen Bischöfen hielt man einige für
günstig. Johann Eberlin von Günzburg nennt den Bi-
schof von Augsburg, der es nicht verhehle, daß "die Lu-
theranischen in ihrem Wandel minder sträflich seyen als die
Gegenpartei;" den Baseler, der es gern sehe wenn man ihm
lutherische Bücher bringe, die er fleißig lese; den Bamber-
ger, welcher die evangelische Lehre in seiner Stadt nicht
verhindere; auch den Bischof von Merseburg, der nach ihm
dem Verfasser selber geschickt habe, um sich über die vor-
zunehmende Reform mit ihm zu besprechen. Er versichert
daß noch mancher andre seine Chorherrn in Wittenberg
studiren lasse. Die Namen die wir unter den Gönnern
Reuchlins aufgeführt finden begegnen uns unter den Ge-
nossen der religiösen Neuerung großentheils wieder.

An diese schlossen sich dann die patricischen Pröpste
in den großen Städten an, wie ein Wattenwyl in Bern,
so die Besler und Bömer in Nürnberg, unter deren Schutze
sich die evangelische Predigt in ihren Kirchen festsetzte.

Auch ohne diese Unterstützung erklärte sich doch eine
große Anzahl bereits angestellter Prediger und Priester im
niedern und hauptsächlich im obern Deutschland im Sinne
Luthers. Bekannt ist Hermann Tast, einer der vier und zwan-
zig päpstlichen Vicarien in Schleswig; -- zu Husum auf dem
Kirchhof standen zwei Linden, genannt die Mutter und die
Tochter: unter der größern, der Mutter, pflegte Tast zu predi-

orgio de Polentis vere episcopo. Tibi gratia donata est, ut non
modo verbum susciperes et crederes, sed pro episcopali auto-
ritate etiam palam et publice confessus doceres docerique per
tuam diocesim curares, liberaliter his qui in verbo laborant pro-
visis. Opp. III, f.
75. Hartknoch Preußische Kirchengeschichte I, p. 273.
Drittes Buch. Drittes Capitel.

Auch von den übrigen Biſchöfen hielt man einige für
günſtig. Johann Eberlin von Günzburg nennt den Bi-
ſchof von Augsburg, der es nicht verhehle, daß „die Lu-
theraniſchen in ihrem Wandel minder ſträflich ſeyen als die
Gegenpartei;“ den Baſeler, der es gern ſehe wenn man ihm
lutheriſche Bücher bringe, die er fleißig leſe; den Bamber-
ger, welcher die evangeliſche Lehre in ſeiner Stadt nicht
verhindere; auch den Biſchof von Merſeburg, der nach ihm
dem Verfaſſer ſelber geſchickt habe, um ſich über die vor-
zunehmende Reform mit ihm zu beſprechen. Er verſichert
daß noch mancher andre ſeine Chorherrn in Wittenberg
ſtudiren laſſe. Die Namen die wir unter den Gönnern
Reuchlins aufgeführt finden begegnen uns unter den Ge-
noſſen der religiöſen Neuerung großentheils wieder.

An dieſe ſchloſſen ſich dann die patriciſchen Pröpſte
in den großen Städten an, wie ein Wattenwyl in Bern,
ſo die Besler und Bömer in Nürnberg, unter deren Schutze
ſich die evangeliſche Predigt in ihren Kirchen feſtſetzte.

Auch ohne dieſe Unterſtützung erklärte ſich doch eine
große Anzahl bereits angeſtellter Prediger und Prieſter im
niedern und hauptſächlich im obern Deutſchland im Sinne
Luthers. Bekannt iſt Hermann Taſt, einer der vier und zwan-
zig päpſtlichen Vicarien in Schleswig; — zu Huſum auf dem
Kirchhof ſtanden zwei Linden, genannt die Mutter und die
Tochter: unter der größern, der Mutter, pflegte Taſt zu predi-

orgio de Polentis vere episcopo. Tibi gratia donata est, ut non
modo verbum susciperes et crederes, sed pro episcopali auto-
ritate etiam palam et publice confessus doceres docerique per
tuam diocesim curares, liberaliter his qui in verbo laborant pro-
visis. Opp. III, f.
75. Hartknoch Preußiſche Kirchengeſchichte I, p. 273.
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[72/0082] Drittes Buch. Drittes Capitel. Auch von den übrigen Biſchöfen hielt man einige für günſtig. Johann Eberlin von Günzburg nennt den Bi- ſchof von Augsburg, der es nicht verhehle, daß „die Lu- theraniſchen in ihrem Wandel minder ſträflich ſeyen als die Gegenpartei;“ den Baſeler, der es gern ſehe wenn man ihm lutheriſche Bücher bringe, die er fleißig leſe; den Bamber- ger, welcher die evangeliſche Lehre in ſeiner Stadt nicht verhindere; auch den Biſchof von Merſeburg, der nach ihm dem Verfaſſer ſelber geſchickt habe, um ſich über die vor- zunehmende Reform mit ihm zu beſprechen. Er verſichert daß noch mancher andre ſeine Chorherrn in Wittenberg ſtudiren laſſe. Die Namen die wir unter den Gönnern Reuchlins aufgeführt finden begegnen uns unter den Ge- noſſen der religiöſen Neuerung großentheils wieder. An dieſe ſchloſſen ſich dann die patriciſchen Pröpſte in den großen Städten an, wie ein Wattenwyl in Bern, ſo die Besler und Bömer in Nürnberg, unter deren Schutze ſich die evangeliſche Predigt in ihren Kirchen feſtſetzte. Auch ohne dieſe Unterſtützung erklärte ſich doch eine große Anzahl bereits angeſtellter Prediger und Prieſter im niedern und hauptſächlich im obern Deutſchland im Sinne Luthers. Bekannt iſt Hermann Taſt, einer der vier und zwan- zig päpſtlichen Vicarien in Schleswig; — zu Huſum auf dem Kirchhof ſtanden zwei Linden, genannt die Mutter und die Tochter: unter der größern, der Mutter, pflegte Taſt zu predi- 2 2 orgio de Polentis vere episcopo. Tibi gratia donata est, ut non modo verbum susciperes et crederes, sed pro episcopali auto- ritate etiam palam et publice confessus doceres docerique per tuam diocesim curares, liberaliter his qui in verbo laborant pro- visis. Opp. III, f. 75. Hartknoch Preußiſche Kirchengeſchichte I, p. 273.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/82>, abgerufen am 07.05.2024.