Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Drittes Buch. Zweites Capitel. wenn der Papst die Vorschläge genehmige, bei ChurfürstFriedrich und bei Luther auszuwirken, daß weder von die- sem noch von seinen Anhängern etwas geschrieben oder ge- lehrt werde was zu Ärgerniß und Aufruhr Anlaß geben könne: nur das heilige Evangelium und bewährte Schrift nach rechtem christlichen Verstand solle man lehren. Auf diese letzten Bestimmungen kam es besonders an. Alles an- dre lag in der Ferne, diese aber enthielten eine Norm für den Augenblick. Sie waren, wie man leicht wahrnimmt, durchaus in dem Sinne der zu Wittenberg und an dem sächsischen Hofe die Oberhand behalten, mit den Intentio- nen einer freien Entwickelung der Lehre, die dort gefaßt worden, übereinstimmend. Der 13te Januar 1523 ist der Tag, an welchem dieß auf ewig denkwürdige Gutachten den Ständen zu weiterer Berathung übergeben ward. Voll Freuden schickte es Hans von der Planitz noch an demsel- ben Tage seinem Herrn zu. 1 In den Ständen war ohnehin eine starke Gährung, 1 Weß der Ausschuß zu pepstlicher Heiligkeit Antwurdt den
lutherischen Handell betreffen verordnet derhalb gerathschlagt hat. Frankf. RAA. Tom 38, f. 99. Drittes Buch. Zweites Capitel. wenn der Papſt die Vorſchläge genehmige, bei ChurfürſtFriedrich und bei Luther auszuwirken, daß weder von die- ſem noch von ſeinen Anhängern etwas geſchrieben oder ge- lehrt werde was zu Ärgerniß und Aufruhr Anlaß geben könne: nur das heilige Evangelium und bewährte Schrift nach rechtem chriſtlichen Verſtand ſolle man lehren. Auf dieſe letzten Beſtimmungen kam es beſonders an. Alles an- dre lag in der Ferne, dieſe aber enthielten eine Norm für den Augenblick. Sie waren, wie man leicht wahrnimmt, durchaus in dem Sinne der zu Wittenberg und an dem ſächſiſchen Hofe die Oberhand behalten, mit den Intentio- nen einer freien Entwickelung der Lehre, die dort gefaßt worden, übereinſtimmend. Der 13te Januar 1523 iſt der Tag, an welchem dieß auf ewig denkwürdige Gutachten den Ständen zu weiterer Berathung übergeben ward. Voll Freuden ſchickte es Hans von der Planitz noch an demſel- ben Tage ſeinem Herrn zu. 1 In den Ständen war ohnehin eine ſtarke Gährung, 1 Weß der Ausſchuß zu pepſtlicher Heiligkeit Antwurdt den
lutheriſchen Handell betreffen verordnet derhalb gerathſchlagt hat. Frankf. RAA. Tom 38, f. 99. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0068" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> wenn der Papſt die Vorſchläge genehmige, bei Churfürſt<lb/> Friedrich und bei Luther auszuwirken, daß weder von die-<lb/> ſem noch von ſeinen Anhängern etwas geſchrieben oder ge-<lb/> lehrt werde was zu Ärgerniß und Aufruhr Anlaß geben<lb/> könne: nur das heilige Evangelium und bewährte Schrift<lb/> nach rechtem chriſtlichen Verſtand ſolle man lehren. Auf<lb/> dieſe letzten Beſtimmungen kam es beſonders an. Alles an-<lb/> dre lag in der Ferne, dieſe aber enthielten eine Norm für<lb/> den Augenblick. Sie waren, wie man leicht wahrnimmt,<lb/> durchaus in dem Sinne der zu Wittenberg und an dem<lb/> ſächſiſchen Hofe die Oberhand behalten, mit den Intentio-<lb/> nen einer freien Entwickelung der Lehre, die dort gefaßt<lb/> worden, übereinſtimmend. Der 13te Januar 1523 iſt der<lb/> Tag, an welchem dieß auf ewig denkwürdige Gutachten<lb/> den Ständen zu weiterer Berathung übergeben ward. Voll<lb/> Freuden ſchickte es Hans von der Planitz noch an demſel-<lb/> ben Tage ſeinem Herrn zu. <note place="foot" n="1">Weß der Ausſchuß zu pepſtlicher Heiligkeit Antwurdt den<lb/> lutheriſchen Handell betreffen verordnet derhalb gerathſchlagt hat.<lb/> Frankf. RAA. <hi rendition="#aq">Tom 38, f.</hi> 99.</note></p><lb/> <p>In den Ständen war ohnehin eine ſtarke Gährung,<lb/> eine lebhafte Reibung zwiſchen geiſtlichen und weltlichen<lb/> Mitgliedern zu bemerken. Früher ſchien es wohl, als wür-<lb/> den beide Theile gemeinſchaftliche Sache gegen Rom ma-<lb/> chen, und noch in Worms hatten die Biſchöfe den allge-<lb/> meinen Beſchwerden der deutſchen Nation ihre beſondern<lb/> hinzugeſellt; allein eben dort entſprang auch die Entzweiung:<lb/> die Geiſtlichen ſahen ſich durch die Beſchwerden welche die<lb/> Weltlichen aufgeſetzt ſelbſt angegriffen, und waren entſchloſ-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0068]
Drittes Buch. Zweites Capitel.
wenn der Papſt die Vorſchläge genehmige, bei Churfürſt
Friedrich und bei Luther auszuwirken, daß weder von die-
ſem noch von ſeinen Anhängern etwas geſchrieben oder ge-
lehrt werde was zu Ärgerniß und Aufruhr Anlaß geben
könne: nur das heilige Evangelium und bewährte Schrift
nach rechtem chriſtlichen Verſtand ſolle man lehren. Auf
dieſe letzten Beſtimmungen kam es beſonders an. Alles an-
dre lag in der Ferne, dieſe aber enthielten eine Norm für
den Augenblick. Sie waren, wie man leicht wahrnimmt,
durchaus in dem Sinne der zu Wittenberg und an dem
ſächſiſchen Hofe die Oberhand behalten, mit den Intentio-
nen einer freien Entwickelung der Lehre, die dort gefaßt
worden, übereinſtimmend. Der 13te Januar 1523 iſt der
Tag, an welchem dieß auf ewig denkwürdige Gutachten
den Ständen zu weiterer Berathung übergeben ward. Voll
Freuden ſchickte es Hans von der Planitz noch an demſel-
ben Tage ſeinem Herrn zu. 1
In den Ständen war ohnehin eine ſtarke Gährung,
eine lebhafte Reibung zwiſchen geiſtlichen und weltlichen
Mitgliedern zu bemerken. Früher ſchien es wohl, als wür-
den beide Theile gemeinſchaftliche Sache gegen Rom ma-
chen, und noch in Worms hatten die Biſchöfe den allge-
meinen Beſchwerden der deutſchen Nation ihre beſondern
hinzugeſellt; allein eben dort entſprang auch die Entzweiung:
die Geiſtlichen ſahen ſich durch die Beſchwerden welche die
Weltlichen aufgeſetzt ſelbſt angegriffen, und waren entſchloſ-
1 Weß der Ausſchuß zu pepſtlicher Heiligkeit Antwurdt den
lutheriſchen Handell betreffen verordnet derhalb gerathſchlagt hat.
Frankf. RAA. Tom 38, f. 99.
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