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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Reichstag von 1522, 23.
nigen weltlichen Mitgliedern, und die Majorität ließ sich
einen Augenblick zweifelhaft an: aber gar bald war sie ent-
schieden.

Ohne Frage das einflußreichste Mitglied desselben war
Johann von Schwarzenberg, Hofmeister von Bamberg,
schon ein Mann von höhern Jahren, den Sechzigen nahe,
der einst in seiner Jugend mitten in der Völlerei damali-
gen Hoflebens, die auch ihn fortzureißen drohte, auf die
Ermahnung seines Vaters ernste sittliche Entschlüsse gefaßt,
und sich seitdem mit unermüdlichem Eifer dem Staatsdienst
und den Studien gewidmet hatte. Wir haben Übersetzun-
gen ciceronianischer Schriften unter seinem Namen, in de-
nen er sich besonders eines reinen, der gebildetern Redeart
entsprechenden Ausdrucks befleißigte. 1 An der ersten pein-
lichen Halsgerichtsordnung, zu Bamberg, in der man sich
vor allem dem geschriebenen, d. i. dem römischen Rechte
zu nähern suchte, hatte er wenigstens den größten Antheil,
wenn er sie nicht gradezu verfaßt hat. Er war, wie wir
sehen, nach beiden Seiten hin productiv: er wunderte sich
daß Jemand lange Weile haben könne. Der lutherischen
Bewegung, in welcher er die wissenschaftliche und prakti-
sche Richtung seiner eignen Sinnesweise wiederfand, und
zwar durch die religiöse Tendenz so großartig erweitert,
hatte er sich vom ersten Augenblick an mit Freuden ange-
schlossen, mit einem seiner Söhne darüber ernste Schriften
gewechselt, eine seiner Töchter aus dem Kloster genommen:

1 Z. B. de senectute. Die erste Arbeit machte Neuber, Hut-
ten verglich dessen Übersetzung noch einmal mit dem Text, Schwar-
zenberg brachte sie in "Hoffränkisch Deutsch."

Reichstag von 1522, 23.
nigen weltlichen Mitgliedern, und die Majorität ließ ſich
einen Augenblick zweifelhaft an: aber gar bald war ſie ent-
ſchieden.

Ohne Frage das einflußreichſte Mitglied deſſelben war
Johann von Schwarzenberg, Hofmeiſter von Bamberg,
ſchon ein Mann von höhern Jahren, den Sechzigen nahe,
der einſt in ſeiner Jugend mitten in der Völlerei damali-
gen Hoflebens, die auch ihn fortzureißen drohte, auf die
Ermahnung ſeines Vaters ernſte ſittliche Entſchlüſſe gefaßt,
und ſich ſeitdem mit unermüdlichem Eifer dem Staatsdienſt
und den Studien gewidmet hatte. Wir haben Überſetzun-
gen ciceronianiſcher Schriften unter ſeinem Namen, in de-
nen er ſich beſonders eines reinen, der gebildetern Redeart
entſprechenden Ausdrucks befleißigte. 1 An der erſten pein-
lichen Halsgerichtsordnung, zu Bamberg, in der man ſich
vor allem dem geſchriebenen, d. i. dem römiſchen Rechte
zu nähern ſuchte, hatte er wenigſtens den größten Antheil,
wenn er ſie nicht gradezu verfaßt hat. Er war, wie wir
ſehen, nach beiden Seiten hin productiv: er wunderte ſich
daß Jemand lange Weile haben könne. Der lutheriſchen
Bewegung, in welcher er die wiſſenſchaftliche und prakti-
ſche Richtung ſeiner eignen Sinnesweiſe wiederfand, und
zwar durch die religiöſe Tendenz ſo großartig erweitert,
hatte er ſich vom erſten Augenblick an mit Freuden ange-
ſchloſſen, mit einem ſeiner Söhne darüber ernſte Schriften
gewechſelt, eine ſeiner Töchter aus dem Kloſter genommen:

1 Z. B. de senectute. Die erſte Arbeit machte Neuber, Hut-
ten verglich deſſen Uͤberſetzung noch einmal mit dem Text, Schwar-
zenberg brachte ſie in „Hoffraͤnkiſch Deutſch.“
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[55/0065] Reichstag von 1522, 23. nigen weltlichen Mitgliedern, und die Majorität ließ ſich einen Augenblick zweifelhaft an: aber gar bald war ſie ent- ſchieden. Ohne Frage das einflußreichſte Mitglied deſſelben war Johann von Schwarzenberg, Hofmeiſter von Bamberg, ſchon ein Mann von höhern Jahren, den Sechzigen nahe, der einſt in ſeiner Jugend mitten in der Völlerei damali- gen Hoflebens, die auch ihn fortzureißen drohte, auf die Ermahnung ſeines Vaters ernſte ſittliche Entſchlüſſe gefaßt, und ſich ſeitdem mit unermüdlichem Eifer dem Staatsdienſt und den Studien gewidmet hatte. Wir haben Überſetzun- gen ciceronianiſcher Schriften unter ſeinem Namen, in de- nen er ſich beſonders eines reinen, der gebildetern Redeart entſprechenden Ausdrucks befleißigte. 1 An der erſten pein- lichen Halsgerichtsordnung, zu Bamberg, in der man ſich vor allem dem geſchriebenen, d. i. dem römiſchen Rechte zu nähern ſuchte, hatte er wenigſtens den größten Antheil, wenn er ſie nicht gradezu verfaßt hat. Er war, wie wir ſehen, nach beiden Seiten hin productiv: er wunderte ſich daß Jemand lange Weile haben könne. Der lutheriſchen Bewegung, in welcher er die wiſſenſchaftliche und prakti- ſche Richtung ſeiner eignen Sinnesweiſe wiederfand, und zwar durch die religiöſe Tendenz ſo großartig erweitert, hatte er ſich vom erſten Augenblick an mit Freuden ange- ſchloſſen, mit einem ſeiner Söhne darüber ernſte Schriften gewechſelt, eine ſeiner Töchter aus dem Kloſter genommen: 1 Z. B. de senectute. Die erſte Arbeit machte Neuber, Hut- ten verglich deſſen Uͤberſetzung noch einmal mit dem Text, Schwar- zenberg brachte ſie in „Hoffraͤnkiſch Deutſch.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/65>, abgerufen am 22.11.2024.