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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Zweites Capitel.
des Nuntius über ein paar Prediger hervorgerufen, die zu
ihrem und seinem Verdruß unter den Augen des Regimen-
tes lutherische Meinungen verkündigten. Erzherzog Ferdi-
nand, der jetzt selbst das Statthalteramt versah, der Chur-
fürst von Brandenburg, an den in diesem Quartal die
Reihe war, erklärten sich für die Wünsche des Nuntius.
Allein die Majorität leistete ihnen unter Anführung des
Planitz entschlossenen Widerstand. Es kam hierüber zu
manchem lebhaften Wortwechsel. Ferdinand rief einmal
aus: "ich bin hier an des Kaisers Statt." "Ja wohl," fiel
Planitz ein, "jedoch neben dem Regiment und nach den
Ordnungen des Reiches." Die Sache ward nach den
Vorschlägen dieses Gesandten an die Stände gewiesen, 1 d. i.
ins Weite geschoben; und man kann sich denken, daß die
Prediger nun noch beherzter, ungestümer wurden. "Und
wenn der Papst," rief einer zu St. Lorenz aus, "zu seinen
drei Kronen noch eine vierte auf dem Kopfe hätte, so sollte
er mich nicht von dem Worte Gottes abwendig machen."
Vor den Augen seines Nuntius ward dem Papst auf der
Kanzel Trotz geboten.

Unter diesen Eindrücken wählte das Regiment einen
Ausschuß, um die den Ständen vorzuschlagende Antwort
an den Nuntius zu entwerfen. Er ward ebenfalls aus
beiden Parteien zusammengesetzt, einigen geistlichen und ei-

1 Planitz erzählt dieß selbst 4 Jan. 1523. Die Stände ant-
worteten, es sey eine große Sache die wohl überlegt werden müsse;
sie bitten sich Abschriften des Breves und der Instruction aus und
wollen "etzliche darüber verordnen, die die Sach mit Fleiß bewegen."
"In der Stadt ist groß Murmeln, will nicht rathen, das man einen
gefangen annehme."

Drittes Buch. Zweites Capitel.
des Nuntius über ein paar Prediger hervorgerufen, die zu
ihrem und ſeinem Verdruß unter den Augen des Regimen-
tes lutheriſche Meinungen verkündigten. Erzherzog Ferdi-
nand, der jetzt ſelbſt das Statthalteramt verſah, der Chur-
fürſt von Brandenburg, an den in dieſem Quartal die
Reihe war, erklärten ſich für die Wünſche des Nuntius.
Allein die Majorität leiſtete ihnen unter Anführung des
Planitz entſchloſſenen Widerſtand. Es kam hierüber zu
manchem lebhaften Wortwechſel. Ferdinand rief einmal
aus: „ich bin hier an des Kaiſers Statt.“ „Ja wohl,“ fiel
Planitz ein, „jedoch neben dem Regiment und nach den
Ordnungen des Reiches.“ Die Sache ward nach den
Vorſchlägen dieſes Geſandten an die Stände gewieſen, 1 d. i.
ins Weite geſchoben; und man kann ſich denken, daß die
Prediger nun noch beherzter, ungeſtümer wurden. „Und
wenn der Papſt,“ rief einer zu St. Lorenz aus, „zu ſeinen
drei Kronen noch eine vierte auf dem Kopfe hätte, ſo ſollte
er mich nicht von dem Worte Gottes abwendig machen.“
Vor den Augen ſeines Nuntius ward dem Papſt auf der
Kanzel Trotz geboten.

Unter dieſen Eindrücken wählte das Regiment einen
Ausſchuß, um die den Ständen vorzuſchlagende Antwort
an den Nuntius zu entwerfen. Er ward ebenfalls aus
beiden Parteien zuſammengeſetzt, einigen geiſtlichen und ei-

1 Planitz erzaͤhlt dieß ſelbſt 4 Jan. 1523. Die Staͤnde ant-
worteten, es ſey eine große Sache die wohl uͤberlegt werden muͤſſe;
ſie bitten ſich Abſchriften des Breves und der Inſtruction aus und
wollen „etzliche daruͤber verordnen, die die Sach mit Fleiß bewegen.“
„In der Stadt iſt groß Murmeln, will nicht rathen, das man einen
gefangen annehme.“
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[54/0064] Drittes Buch. Zweites Capitel. des Nuntius über ein paar Prediger hervorgerufen, die zu ihrem und ſeinem Verdruß unter den Augen des Regimen- tes lutheriſche Meinungen verkündigten. Erzherzog Ferdi- nand, der jetzt ſelbſt das Statthalteramt verſah, der Chur- fürſt von Brandenburg, an den in dieſem Quartal die Reihe war, erklärten ſich für die Wünſche des Nuntius. Allein die Majorität leiſtete ihnen unter Anführung des Planitz entſchloſſenen Widerſtand. Es kam hierüber zu manchem lebhaften Wortwechſel. Ferdinand rief einmal aus: „ich bin hier an des Kaiſers Statt.“ „Ja wohl,“ fiel Planitz ein, „jedoch neben dem Regiment und nach den Ordnungen des Reiches.“ Die Sache ward nach den Vorſchlägen dieſes Geſandten an die Stände gewieſen, 1 d. i. ins Weite geſchoben; und man kann ſich denken, daß die Prediger nun noch beherzter, ungeſtümer wurden. „Und wenn der Papſt,“ rief einer zu St. Lorenz aus, „zu ſeinen drei Kronen noch eine vierte auf dem Kopfe hätte, ſo ſollte er mich nicht von dem Worte Gottes abwendig machen.“ Vor den Augen ſeines Nuntius ward dem Papſt auf der Kanzel Trotz geboten. Unter dieſen Eindrücken wählte das Regiment einen Ausſchuß, um die den Ständen vorzuſchlagende Antwort an den Nuntius zu entwerfen. Er ward ebenfalls aus beiden Parteien zuſammengeſetzt, einigen geiſtlichen und ei- 1 Planitz erzaͤhlt dieß ſelbſt 4 Jan. 1523. Die Staͤnde ant- worteten, es ſey eine große Sache die wohl uͤberlegt werden muͤſſe; ſie bitten ſich Abſchriften des Breves und der Inſtruction aus und wollen „etzliche daruͤber verordnen, die die Sach mit Fleiß bewegen.“ „In der Stadt iſt groß Murmeln, will nicht rathen, das man einen gefangen annehme.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/64>, abgerufen am 25.11.2024.