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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Die Städte und der kaiserliche Hof.
wolle, da sich doch weder Regiment noch Gericht ohne
Leistungen der Stände aufrecht erhalten lasse; und forder-
ten die Städte auf, sich noch eine kurze Zeit zu fügen,
sich auch der Reichshülfe zu Gunsten der Ungern, welche
der Reichstag beschlossen, nicht zu entziehen. Wirklich war
bereits auf den Betrieb eines andern kaiserlichen Rathes,
des Doctor Lamparter eine Bestätigung der Reichsschlüsse
vorläufig entworfen worden. Allein die Gesandten ließen
sich so leicht nicht abweisen. Die Städte, erklärten sie,
seyen bereit das Ihre zu leisten, z. B. zwei Beisitzer bei
dem Kammergericht zu besolden, oder auch den Costnitzer
Anschlag zu erlegen, aber nicht gemeint, die Unbilligkeiten
zu dulden, die man gegen sie in Gang bringe. Diese Er-
klärung unterstützten sie dann mit einigen besonders ein-
dringlichen Bemerkungen. "Wer könne voraussagen, wie
es mit den Zolleinkünften gehen werde? Man höre, schon
sey ein Anschlag der Fürsten gemacht, sie unter einan-
der zu theilen. Aber wenn auch nicht -- man gehe
damit um, einen römischen König zu wählen, der vermöge
dieses Einkommens im Stande seyn werde sich zu behaup-
ten." Genug sie hoben hervor, daß der Zoll dem Kaiser
selber gefährlich werde: sie machten ihn überdieß aufmerk-
sam, daß das Regiment nicht zum Besten des Kaisers be-
setzt sey; den Räthen persönlich versprachen sie, "sich we-
gen ihrer Mühe dankbarlich mit ihnen zu vergleichen."

Hiemit hatten die Städte nun eben die Mittel getrof-
fen, durch die man am kaiserlichen Hofe etwas ausrichtete.

Bei der nächsten Zusammenkunft gab ihnen der Propst
von Waldkirchen nicht undeutlich zu verstehen, der Kaiser

Ranke d. Gesch. II. 9

Die Staͤdte und der kaiſerliche Hof.
wolle, da ſich doch weder Regiment noch Gericht ohne
Leiſtungen der Stände aufrecht erhalten laſſe; und forder-
ten die Städte auf, ſich noch eine kurze Zeit zu fügen,
ſich auch der Reichshülfe zu Gunſten der Ungern, welche
der Reichstag beſchloſſen, nicht zu entziehen. Wirklich war
bereits auf den Betrieb eines andern kaiſerlichen Rathes,
des Doctor Lamparter eine Beſtätigung der Reichsſchlüſſe
vorläufig entworfen worden. Allein die Geſandten ließen
ſich ſo leicht nicht abweiſen. Die Städte, erklärten ſie,
ſeyen bereit das Ihre zu leiſten, z. B. zwei Beiſitzer bei
dem Kammergericht zu beſolden, oder auch den Coſtnitzer
Anſchlag zu erlegen, aber nicht gemeint, die Unbilligkeiten
zu dulden, die man gegen ſie in Gang bringe. Dieſe Er-
klärung unterſtützten ſie dann mit einigen beſonders ein-
dringlichen Bemerkungen. „Wer könne vorausſagen, wie
es mit den Zolleinkünften gehen werde? Man höre, ſchon
ſey ein Anſchlag der Fürſten gemacht, ſie unter einan-
der zu theilen. Aber wenn auch nicht — man gehe
damit um, einen römiſchen König zu wählen, der vermöge
dieſes Einkommens im Stande ſeyn werde ſich zu behaup-
ten.“ Genug ſie hoben hervor, daß der Zoll dem Kaiſer
ſelber gefährlich werde: ſie machten ihn überdieß aufmerk-
ſam, daß das Regiment nicht zum Beſten des Kaiſers be-
ſetzt ſey; den Räthen perſönlich verſprachen ſie, „ſich we-
gen ihrer Mühe dankbarlich mit ihnen zu vergleichen.“

Hiemit hatten die Städte nun eben die Mittel getrof-
fen, durch die man am kaiſerlichen Hofe etwas ausrichtete.

Bei der nächſten Zuſammenkunft gab ihnen der Propſt
von Waldkirchen nicht undeutlich zu verſtehen, der Kaiſer

Ranke d. Geſch. II. 9
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[129/0139] Die Staͤdte und der kaiſerliche Hof. wolle, da ſich doch weder Regiment noch Gericht ohne Leiſtungen der Stände aufrecht erhalten laſſe; und forder- ten die Städte auf, ſich noch eine kurze Zeit zu fügen, ſich auch der Reichshülfe zu Gunſten der Ungern, welche der Reichstag beſchloſſen, nicht zu entziehen. Wirklich war bereits auf den Betrieb eines andern kaiſerlichen Rathes, des Doctor Lamparter eine Beſtätigung der Reichsſchlüſſe vorläufig entworfen worden. Allein die Geſandten ließen ſich ſo leicht nicht abweiſen. Die Städte, erklärten ſie, ſeyen bereit das Ihre zu leiſten, z. B. zwei Beiſitzer bei dem Kammergericht zu beſolden, oder auch den Coſtnitzer Anſchlag zu erlegen, aber nicht gemeint, die Unbilligkeiten zu dulden, die man gegen ſie in Gang bringe. Dieſe Er- klärung unterſtützten ſie dann mit einigen beſonders ein- dringlichen Bemerkungen. „Wer könne vorausſagen, wie es mit den Zolleinkünften gehen werde? Man höre, ſchon ſey ein Anſchlag der Fürſten gemacht, ſie unter einan- der zu theilen. Aber wenn auch nicht — man gehe damit um, einen römiſchen König zu wählen, der vermöge dieſes Einkommens im Stande ſeyn werde ſich zu behaup- ten.“ Genug ſie hoben hervor, daß der Zoll dem Kaiſer ſelber gefährlich werde: ſie machten ihn überdieß aufmerk- ſam, daß das Regiment nicht zum Beſten des Kaiſers be- ſetzt ſey; den Räthen perſönlich verſprachen ſie, „ſich we- gen ihrer Mühe dankbarlich mit ihnen zu vergleichen.“ Hiemit hatten die Städte nun eben die Mittel getrof- fen, durch die man am kaiſerlichen Hofe etwas ausrichtete. Bei der nächſten Zuſammenkunft gab ihnen der Propſt von Waldkirchen nicht undeutlich zu verſtehen, der Kaiſer Ranke d. Geſch. II. 9

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/139>, abgerufen am 24.11.2024.