Einung in das Regiment gewilligt zu haben, griff durch jene Ladungen offenbar in das Gebiet der Reichsgerichte über, und auf eine Erinnerung, Niemand über den Land- frieden zu beschweren, hielt er es nicht für der Mühe werth, auch nur eine Antwort zu geben.
Denn mit der Macht ist auch natürlich der Anspruch verbunden. Wie die Unternehmungen Sickingens, die Gäh- rungen des fränkischen Adels nicht durch das Regiment unterdrückt worden waren, sondern durch die Übermacht und Kriegsgewalt der Nachbarn, so setzten diese auch den Kampf nach ihren eignen Interessen fort, ohne viel Rück- sicht auf die höchste Gewalt im Reiche. 1
Daher kam es, daß das Regiment gar bald Diejenigen in Schutz nahm, die es noch eben als seine Feinde betrach- tet hatte. Frowen von Hutten brachte ohne viel Mühe, nachdem die Meinungen der angesehensten Mitglieder des Kammergerichts vernommen worden, ein Mandat aus, durch welches die Fürsten aufgefordert wurden, ihm seine Häuser zurückzugeben; kurz darauf erfolgte ein förmliches Urtel zu seinen Gunsten. Zugleich drang das Regiment in die Fürsten, Churmainz der ihm so gewaltsam auferlegten Verpflichtungen zu entlassen. 2 Diese Fürsten hätten ge- wünscht, gegen den geächteten Sickingen mit der Hülfe des Reiches unterstützt zu werden: aber weder bei dem Regiment noch bei den Ständen in den ersten Monaten
1 Vgl. Schreiben des Chf. von Trier 2 Nov. 1522 bei Münch III, 33.
2 Planitz vom 4ten Februar 1523: sie sollen ihm seine Ver- schreibung zurückgeben und Sickingen zu gütlichem Verhör kommen lassen.
Drittes Buch. Viertes Capitel.
Einung in das Regiment gewilligt zu haben, griff durch jene Ladungen offenbar in das Gebiet der Reichsgerichte über, und auf eine Erinnerung, Niemand über den Land- frieden zu beſchweren, hielt er es nicht für der Mühe werth, auch nur eine Antwort zu geben.
Denn mit der Macht iſt auch natürlich der Anſpruch verbunden. Wie die Unternehmungen Sickingens, die Gäh- rungen des fränkiſchen Adels nicht durch das Regiment unterdrückt worden waren, ſondern durch die Übermacht und Kriegsgewalt der Nachbarn, ſo ſetzten dieſe auch den Kampf nach ihren eignen Intereſſen fort, ohne viel Rück- ſicht auf die höchſte Gewalt im Reiche. 1
Daher kam es, daß das Regiment gar bald Diejenigen in Schutz nahm, die es noch eben als ſeine Feinde betrach- tet hatte. Frowen von Hutten brachte ohne viel Mühe, nachdem die Meinungen der angeſehenſten Mitglieder des Kammergerichts vernommen worden, ein Mandat aus, durch welches die Fürſten aufgefordert wurden, ihm ſeine Häuſer zurückzugeben; kurz darauf erfolgte ein förmliches Urtel zu ſeinen Gunſten. Zugleich drang das Regiment in die Fürſten, Churmainz der ihm ſo gewaltſam auferlegten Verpflichtungen zu entlaſſen. 2 Dieſe Fürſten hätten ge- wünſcht, gegen den geächteten Sickingen mit der Hülfe des Reiches unterſtützt zu werden: aber weder bei dem Regiment noch bei den Ständen in den erſten Monaten
1 Vgl. Schreiben des Chf. von Trier 2 Nov. 1522 bei Muͤnch III, 33.
2 Planitz vom 4ten Februar 1523: ſie ſollen ihm ſeine Ver- ſchreibung zuruͤckgeben und Sickingen zu guͤtlichem Verhoͤr kommen laſſen.
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Drittes Buch. Viertes Capitel.
Einung in das Regiment gewilligt zu haben, griff durch
jene Ladungen offenbar in das Gebiet der Reichsgerichte
über, und auf eine Erinnerung, Niemand über den Land-
frieden zu beſchweren, hielt er es nicht für der Mühe
werth, auch nur eine Antwort zu geben.
Denn mit der Macht iſt auch natürlich der Anſpruch
verbunden. Wie die Unternehmungen Sickingens, die Gäh-
rungen des fränkiſchen Adels nicht durch das Regiment
unterdrückt worden waren, ſondern durch die Übermacht
und Kriegsgewalt der Nachbarn, ſo ſetzten dieſe auch den
Kampf nach ihren eignen Intereſſen fort, ohne viel Rück-
ſicht auf die höchſte Gewalt im Reiche. 1
Daher kam es, daß das Regiment gar bald Diejenigen
in Schutz nahm, die es noch eben als ſeine Feinde betrach-
tet hatte. Frowen von Hutten brachte ohne viel Mühe,
nachdem die Meinungen der angeſehenſten Mitglieder des
Kammergerichts vernommen worden, ein Mandat aus,
durch welches die Fürſten aufgefordert wurden, ihm ſeine
Häuſer zurückzugeben; kurz darauf erfolgte ein förmliches
Urtel zu ſeinen Gunſten. Zugleich drang das Regiment in
die Fürſten, Churmainz der ihm ſo gewaltſam auferlegten
Verpflichtungen zu entlaſſen. 2 Dieſe Fürſten hätten ge-
wünſcht, gegen den geächteten Sickingen mit der Hülfe
des Reiches unterſtützt zu werden: aber weder bei dem
Regiment noch bei den Ständen in den erſten Monaten
1 Vgl. Schreiben des Chf. von Trier 2 Nov. 1522 bei Muͤnch
III, 33.
2 Planitz vom 4ten Februar 1523: ſie ſollen ihm ſeine Ver-
ſchreibung zuruͤckgeben und Sickingen zu guͤtlichem Verhoͤr kommen
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/124>, abgerufen am 18.07.2024.
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