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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Viertes Capitel.
sich: immer neue Feindesbriefe trafen in Nürnberg ein:
zuweilen fand man sie in den nächsten Dörfern in die Mar-
tersäule gesteckt: alle Straßen des Reiches nach Osten und
Westen wurden unsicher. Bei Krügelstein im Bambergi-
schen war eine einsame Capelle, wo alle Woche dreimal
Messe gehalten wurde. Unter dem Schein sie zu hören
fanden sich hier die raublustigen Genossen und die Kund-
schafter zusammen: wehe dem Kaufmannszug der in ihr
Bereich gerieth. Sie führten nicht allein die Waaren da-
von: sie hatten jetzt den furchtbaren Gebrauch, den Ge-
fangenen die rechte Hand abzuhauen; vergebens baten wohl
die armen Leute, ihnen wenigstens nur die linke zu nehmen
und die rechte zu lassen; Hans Thomas von Absberg hat
einem Krämerknecht die abgehauene Rechte in den Busen
gesteckt, mit den Worten: komme er nach Nürnberg, so
möge er sie in seinem Namen dem Bürgermeister bringen. 1

Ein sehr bezeichnendes Beispiel der allgemeinen Un-
sicherheit bieten die Frankfurter Acten vom Jahr 1522
dar. Philipp Fürstenberg, den die Stadt Frankfurt an
das Regiment schickte, um an der Regierung des Reiches
Theil zu nehmen, fand die Straße von Miltenberg nach
Wertheim, die er kam, so unsicher, daß er seinen Wagen

1 Müllner's Nürnberger Annales bei den Jahren 1522 und
23 enthalten dieß und noch mancherlei anders Detail. Z. B. Rü-
digkheim und Reuschlein "haben im Junio 2 Wägen mit Kupfer be-
laden zwo Meil von Frankfurt angenommen und die Fuhrleut un-
gescheut benöthiget, daß sie das Kupfer in das Schloß Rücking dem
von Rüdigkheim zugehörig führen müssen." Dem Nürnberger Bür-
ger dem es gehört schreibt Rüdigkheim: wolle er das Kupfer wieder
haben, so möge er kommen und es ihm abkaufen. Sie waren da-
durch gereizt, daß Nürnberg bei dem Kaiser wider sie geklagt hatte.

Drittes Buch. Viertes Capitel.
ſich: immer neue Feindesbriefe trafen in Nürnberg ein:
zuweilen fand man ſie in den nächſten Dörfern in die Mar-
terſäule geſteckt: alle Straßen des Reiches nach Oſten und
Weſten wurden unſicher. Bei Krügelſtein im Bambergi-
ſchen war eine einſame Capelle, wo alle Woche dreimal
Meſſe gehalten wurde. Unter dem Schein ſie zu hören
fanden ſich hier die raubluſtigen Genoſſen und die Kund-
ſchafter zuſammen: wehe dem Kaufmannszug der in ihr
Bereich gerieth. Sie führten nicht allein die Waaren da-
von: ſie hatten jetzt den furchtbaren Gebrauch, den Ge-
fangenen die rechte Hand abzuhauen; vergebens baten wohl
die armen Leute, ihnen wenigſtens nur die linke zu nehmen
und die rechte zu laſſen; Hans Thomas von Absberg hat
einem Krämerknecht die abgehauene Rechte in den Buſen
geſteckt, mit den Worten: komme er nach Nürnberg, ſo
möge er ſie in ſeinem Namen dem Bürgermeiſter bringen. 1

Ein ſehr bezeichnendes Beiſpiel der allgemeinen Un-
ſicherheit bieten die Frankfurter Acten vom Jahr 1522
dar. Philipp Fürſtenberg, den die Stadt Frankfurt an
das Regiment ſchickte, um an der Regierung des Reiches
Theil zu nehmen, fand die Straße von Miltenberg nach
Wertheim, die er kam, ſo unſicher, daß er ſeinen Wagen

1 Muͤllner’s Nuͤrnberger Annales bei den Jahren 1522 und
23 enthalten dieß und noch mancherlei anders Detail. Z. B. Ruͤ-
digkheim und Reuſchlein „haben im Junio 2 Waͤgen mit Kupfer be-
laden zwo Meil von Frankfurt angenommen und die Fuhrleut un-
geſcheut benoͤthiget, daß ſie das Kupfer in das Schloß Ruͤcking dem
von Ruͤdigkheim zugehoͤrig fuͤhren muͤſſen.“ Dem Nuͤrnberger Buͤr-
ger dem es gehoͤrt ſchreibt Ruͤdigkheim: wolle er das Kupfer wieder
haben, ſo moͤge er kommen und es ihm abkaufen. Sie waren da-
durch gereizt, daß Nuͤrnberg bei dem Kaiſer wider ſie geklagt hatte.
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[102/0112] Drittes Buch. Viertes Capitel. ſich: immer neue Feindesbriefe trafen in Nürnberg ein: zuweilen fand man ſie in den nächſten Dörfern in die Mar- terſäule geſteckt: alle Straßen des Reiches nach Oſten und Weſten wurden unſicher. Bei Krügelſtein im Bambergi- ſchen war eine einſame Capelle, wo alle Woche dreimal Meſſe gehalten wurde. Unter dem Schein ſie zu hören fanden ſich hier die raubluſtigen Genoſſen und die Kund- ſchafter zuſammen: wehe dem Kaufmannszug der in ihr Bereich gerieth. Sie führten nicht allein die Waaren da- von: ſie hatten jetzt den furchtbaren Gebrauch, den Ge- fangenen die rechte Hand abzuhauen; vergebens baten wohl die armen Leute, ihnen wenigſtens nur die linke zu nehmen und die rechte zu laſſen; Hans Thomas von Absberg hat einem Krämerknecht die abgehauene Rechte in den Buſen geſteckt, mit den Worten: komme er nach Nürnberg, ſo möge er ſie in ſeinem Namen dem Bürgermeiſter bringen. 1 Ein ſehr bezeichnendes Beiſpiel der allgemeinen Un- ſicherheit bieten die Frankfurter Acten vom Jahr 1522 dar. Philipp Fürſtenberg, den die Stadt Frankfurt an das Regiment ſchickte, um an der Regierung des Reiches Theil zu nehmen, fand die Straße von Miltenberg nach Wertheim, die er kam, ſo unſicher, daß er ſeinen Wagen 1 Muͤllner’s Nuͤrnberger Annales bei den Jahren 1522 und 23 enthalten dieß und noch mancherlei anders Detail. Z. B. Ruͤ- digkheim und Reuſchlein „haben im Junio 2 Waͤgen mit Kupfer be- laden zwo Meil von Frankfurt angenommen und die Fuhrleut un- geſcheut benoͤthiget, daß ſie das Kupfer in das Schloß Ruͤcking dem von Ruͤdigkheim zugehoͤrig fuͤhren muͤſſen.“ Dem Nuͤrnberger Buͤr- ger dem es gehoͤrt ſchreibt Ruͤdigkheim: wolle er das Kupfer wieder haben, ſo moͤge er kommen und es ihm abkaufen. Sie waren da- durch gereizt, daß Nuͤrnberg bei dem Kaiſer wider ſie geklagt hatte.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/112>, abgerufen am 23.11.2024.