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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh.
sich sonst nur die oberherrlichen, unabhängigen Mächte vor-
behalten, zu den Waffen zu greifen, wenn es kein Mittel
des Vergleiches mehr giebt, war in Deutschland auch in
die untern Kreise vorgedrungen, und ward hier von Herrn
und Städten gegen einander, von Unterthanen gegen ihre
Herrschaften, ja von einzelnen Privatleuten, so weit ihre
Verbindungen und Kräfte reichten, in Anspruch genommen.

In dieß allgemeine Wogen griffen in der Mitte des
funfzehnten Jahrhunderts doch einmal auch großartigere
Verhältnisse ein, die Gegensätze der Fürsten gegen Kaiser
und Papst; und es kam zu einer Entscheidung, von welcher
sich eine Herstellung der Ordnung hoffen ließ.

Zwei Fürsten traten einander gegenüber, die beiden
Helden der Nation, jeder an der Spitze einer zahlrei-
chen Partei, deren Persönlichkeit auch schon an sich für
ihre Epoche sehr bezeichnend ist, Friedrich von der Pfalz
und Albrecht von Brandenburg, und ergriffen die entgegen-
gesetzten Richtungen. Friedrich der Siegreiche: von Per-
son mehr geschickt und gewandt als groß und kräftig, ver-
dankte seinen Ruhm und sein Glück der Umsicht, mit der
er seine Schlachten und Belagerungen vorbereitete; in den
Tagen des Friedens beschäftigte er sich mit den Studien
des Alterthums oder den Geheimnissen der Alchemie; bei
ihm fanden, wie in den Zeiten der blühenden Poesie, Dich-
ter und Sänger noch immer Zutritt; er hielt Haus mit
seiner Sängerin und Freundin, Clara Dettin von Augs-
burg, deren Sanftmuth und Verstand wie sie den Fürsten
selbst hingerissen, so auch seine ganze Umgebung erheiterte;
ausdrücklich hatte er auf den Trost verzichtet, ein eheliches

Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh.
ſich ſonſt nur die oberherrlichen, unabhängigen Mächte vor-
behalten, zu den Waffen zu greifen, wenn es kein Mittel
des Vergleiches mehr giebt, war in Deutſchland auch in
die untern Kreiſe vorgedrungen, und ward hier von Herrn
und Städten gegen einander, von Unterthanen gegen ihre
Herrſchaften, ja von einzelnen Privatleuten, ſo weit ihre
Verbindungen und Kräfte reichten, in Anſpruch genommen.

In dieß allgemeine Wogen griffen in der Mitte des
funfzehnten Jahrhunderts doch einmal auch großartigere
Verhältniſſe ein, die Gegenſätze der Fürſten gegen Kaiſer
und Papſt; und es kam zu einer Entſcheidung, von welcher
ſich eine Herſtellung der Ordnung hoffen ließ.

Zwei Fürſten traten einander gegenüber, die beiden
Helden der Nation, jeder an der Spitze einer zahlrei-
chen Partei, deren Perſönlichkeit auch ſchon an ſich für
ihre Epoche ſehr bezeichnend iſt, Friedrich von der Pfalz
und Albrecht von Brandenburg, und ergriffen die entgegen-
geſetzten Richtungen. Friedrich der Siegreiche: von Per-
ſon mehr geſchickt und gewandt als groß und kräftig, ver-
dankte ſeinen Ruhm und ſein Glück der Umſicht, mit der
er ſeine Schlachten und Belagerungen vorbereitete; in den
Tagen des Friedens beſchäftigte er ſich mit den Studien
des Alterthums oder den Geheimniſſen der Alchemie; bei
ihm fanden, wie in den Zeiten der blühenden Poeſie, Dich-
ter und Sänger noch immer Zutritt; er hielt Haus mit
ſeiner Sängerin und Freundin, Clara Dettin von Augs-
burg, deren Sanftmuth und Verſtand wie ſie den Fürſten
ſelbſt hingeriſſen, ſo auch ſeine ganze Umgebung erheiterte;
ausdrücklich hatte er auf den Troſt verzichtet, ein eheliches

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[69/0087] Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh. ſich ſonſt nur die oberherrlichen, unabhängigen Mächte vor- behalten, zu den Waffen zu greifen, wenn es kein Mittel des Vergleiches mehr giebt, war in Deutſchland auch in die untern Kreiſe vorgedrungen, und ward hier von Herrn und Städten gegen einander, von Unterthanen gegen ihre Herrſchaften, ja von einzelnen Privatleuten, ſo weit ihre Verbindungen und Kräfte reichten, in Anſpruch genommen. In dieß allgemeine Wogen griffen in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts doch einmal auch großartigere Verhältniſſe ein, die Gegenſätze der Fürſten gegen Kaiſer und Papſt; und es kam zu einer Entſcheidung, von welcher ſich eine Herſtellung der Ordnung hoffen ließ. Zwei Fürſten traten einander gegenüber, die beiden Helden der Nation, jeder an der Spitze einer zahlrei- chen Partei, deren Perſönlichkeit auch ſchon an ſich für ihre Epoche ſehr bezeichnend iſt, Friedrich von der Pfalz und Albrecht von Brandenburg, und ergriffen die entgegen- geſetzten Richtungen. Friedrich der Siegreiche: von Per- ſon mehr geſchickt und gewandt als groß und kräftig, ver- dankte ſeinen Ruhm und ſein Glück der Umſicht, mit der er ſeine Schlachten und Belagerungen vorbereitete; in den Tagen des Friedens beſchäftigte er ſich mit den Studien des Alterthums oder den Geheimniſſen der Alchemie; bei ihm fanden, wie in den Zeiten der blühenden Poeſie, Dich- ter und Sänger noch immer Zutritt; er hielt Haus mit ſeiner Sängerin und Freundin, Clara Dettin von Augs- burg, deren Sanftmuth und Verſtand wie ſie den Fürſten ſelbſt hingeriſſen, ſo auch ſeine ganze Umgebung erheiterte; ausdrücklich hatte er auf den Troſt verzichtet, ein eheliches

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/87>, abgerufen am 24.11.2024.