Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Einleitung. Weib, vollbürtige, erbberechtigte Nachkommenschaft zu ha-ben: alles was er ausführte und erwarb kam seinem Nef- fen Philipp zu Gute. Dagegen kündigte der erste Anblick des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, den man Achil- les nannte, sein hoher und gewaltiger Körperbau eine gi- gantische Kraft an: in unzähligen Turnieren hatte er den Sieg davon getragen: von seinem Muth und seiner Kampf- fertigkeit waren die wunderbarsten Erzählungen in Umlauf: wie er bei einer Belagerung zuerst die Mauer erstiegen, und unter die erschrockenen Vertheidiger hinabgesprungen; wie er, fortgerissen von dem Vortheil über einen kleinen Vor- trab seiner Feinde, sich unter ihren Gewalthaufen, 800 Reiter stark, fast allein gestürzt, bis zur Fahne vorgedrungen, diese er- griffen und, einen Augenblick doch selber verzweifelnd, so lange vertheidigt habe bis seine Leute herbeigekommen, durch welche der Sieg dann vollendet worden sey. Äneas Sylvius ver- sichert, der Markgraf habe ihm diese Thatsache einst selbst bestätigt. 1 Und eine gleiche Streitbegier athmen seine Briefe. Selbst nach einer erlittenen Niederlage meldet er seinen Freun- den mit Vergnügen, wie lange er selbfünft noch auf der Wahlstatt ausgehalten, wie er dann nur mit großer Ar- beit und strengem Fechten durchgekommen und nun ent- schlossen sey, so bald wie möglich wieder im Felde zu er- scheinen. War dann einmal Friede, so beschäftigten ihn die Reichsangelegenheiten, an denen er lebendigern und er- folgreichern Antheil nahm als der Kaiser selbst; bei allen 1 Historia Friderici III, in dem erst von Kollar publicirten
Theile (Anal. II, p. 166). Einleitung. Weib, vollbürtige, erbberechtigte Nachkommenſchaft zu ha-ben: alles was er ausführte und erwarb kam ſeinem Nef- fen Philipp zu Gute. Dagegen kündigte der erſte Anblick des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, den man Achil- les nannte, ſein hoher und gewaltiger Körperbau eine gi- gantiſche Kraft an: in unzähligen Turnieren hatte er den Sieg davon getragen: von ſeinem Muth und ſeiner Kampf- fertigkeit waren die wunderbarſten Erzählungen in Umlauf: wie er bei einer Belagerung zuerſt die Mauer erſtiegen, und unter die erſchrockenen Vertheidiger hinabgeſprungen; wie er, fortgeriſſen von dem Vortheil über einen kleinen Vor- trab ſeiner Feinde, ſich unter ihren Gewalthaufen, 800 Reiter ſtark, faſt allein geſtürzt, bis zur Fahne vorgedrungen, dieſe er- griffen und, einen Augenblick doch ſelber verzweifelnd, ſo lange vertheidigt habe bis ſeine Leute herbeigekommen, durch welche der Sieg dann vollendet worden ſey. Äneas Sylvius ver- ſichert, der Markgraf habe ihm dieſe Thatſache einſt ſelbſt beſtätigt. 1 Und eine gleiche Streitbegier athmen ſeine Briefe. Selbſt nach einer erlittenen Niederlage meldet er ſeinen Freun- den mit Vergnügen, wie lange er ſelbfünft noch auf der Wahlſtatt ausgehalten, wie er dann nur mit großer Ar- beit und ſtrengem Fechten durchgekommen und nun ent- ſchloſſen ſey, ſo bald wie möglich wieder im Felde zu er- ſcheinen. War dann einmal Friede, ſo beſchäftigten ihn die Reichsangelegenheiten, an denen er lebendigern und er- folgreichern Antheil nahm als der Kaiſer ſelbſt; bei allen 1 Historia Friderici III, in dem erſt von Kollar publicirten
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Einleitung.
Weib, vollbürtige, erbberechtigte Nachkommenſchaft zu ha-
ben: alles was er ausführte und erwarb kam ſeinem Nef-
fen Philipp zu Gute. Dagegen kündigte der erſte Anblick
des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, den man Achil-
les nannte, ſein hoher und gewaltiger Körperbau eine gi-
gantiſche Kraft an: in unzähligen Turnieren hatte er den
Sieg davon getragen: von ſeinem Muth und ſeiner Kampf-
fertigkeit waren die wunderbarſten Erzählungen in Umlauf:
wie er bei einer Belagerung zuerſt die Mauer erſtiegen,
und unter die erſchrockenen Vertheidiger hinabgeſprungen;
wie er, fortgeriſſen von dem Vortheil über einen kleinen Vor-
trab ſeiner Feinde, ſich unter ihren Gewalthaufen, 800 Reiter
ſtark, faſt allein geſtürzt, bis zur Fahne vorgedrungen, dieſe er-
griffen und, einen Augenblick doch ſelber verzweifelnd, ſo lange
vertheidigt habe bis ſeine Leute herbeigekommen, durch welche
der Sieg dann vollendet worden ſey. Äneas Sylvius ver-
ſichert, der Markgraf habe ihm dieſe Thatſache einſt ſelbſt
beſtätigt. 1 Und eine gleiche Streitbegier athmen ſeine Briefe.
Selbſt nach einer erlittenen Niederlage meldet er ſeinen Freun-
den mit Vergnügen, wie lange er ſelbfünft noch auf der
Wahlſtatt ausgehalten, wie er dann nur mit großer Ar-
beit und ſtrengem Fechten durchgekommen und nun ent-
ſchloſſen ſey, ſo bald wie möglich wieder im Felde zu er-
ſcheinen. War dann einmal Friede, ſo beſchäftigten ihn
die Reichsangelegenheiten, an denen er lebendigern und er-
folgreichern Antheil nahm als der Kaiſer ſelbſt; bei allen
1 Historia Friderici III, in dem erſt von Kollar publicirten
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