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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Einleitung.
den Reichslanden gewesen. So weit aber wie Friedrich III
hat es doch kein Andrer kommen lassen. Sieben und zwanzig
Jahre lang von 1444 bis 1471 ist er nie in dem Reiche
gesehen worden.

Daher kam es, daß die centrale Action, die Darstel-
lung der höchsten Gewalt, in wie fern eine solche überhaupt
in dem Reiche Statt fand, den Fürsten, hauptsächlich den
Churfürsten anheimfiel. Unter Siegmund schreiben sie die
Reichstage aus, bringen die Heere gegen die Hussiten ins
Feld: ihnen gradezu werden die Unternehmungen gegen die
Böhmen beigemessen. 1

Auch das Kaiserthum wurde auf diese Weise, wie das
Papstthum, eine von ferneher wirkende, hauptsächlich in der
Idee beruhende Macht. Die auf Siege und Kriegsge-
walt gegründete Krone hatte nur noch eine friedliche, er-
haltende Bedeutung. Am leichtesten verfliegen in der Welt
die Vorstellungen, die man in jedem Moment mit einem
Namen der sich forterbt, mit einem Titel verknüpft. Und
doch beruht, besonders in Zeiten wo das ungeschriebene
Gesetz so viel bedeutet, die ganze Wirksamkeit einer Würde
auf dieser Vorstellung. Wenden wir den Ideen die das
funfzehnte Jahrhundert von Kaiserthum und Papstthum
hegte, einen Augenblick eine nähere Aufmerksamkeit zu.

Vor allem betrachtete man den Kaiser als den ober-
sten Lehnsherrn, der dem Besitzthum die Weihe der höchsten
Bestätigung verleihe: als den obersten Gerichtsherrn, von

1 Matthias Döring bei Mencken III, p. 4. Eodem anno prin-
cipes electores exercitum grandem habentes contra Bohemos se
transtulerunt ad Bohemiam.

Einleitung.
den Reichslanden geweſen. So weit aber wie Friedrich III
hat es doch kein Andrer kommen laſſen. Sieben und zwanzig
Jahre lang von 1444 bis 1471 iſt er nie in dem Reiche
geſehen worden.

Daher kam es, daß die centrale Action, die Darſtel-
lung der höchſten Gewalt, in wie fern eine ſolche überhaupt
in dem Reiche Statt fand, den Fürſten, hauptſächlich den
Churfürſten anheimfiel. Unter Siegmund ſchreiben ſie die
Reichstage aus, bringen die Heere gegen die Huſſiten ins
Feld: ihnen gradezu werden die Unternehmungen gegen die
Böhmen beigemeſſen. 1

Auch das Kaiſerthum wurde auf dieſe Weiſe, wie das
Papſtthum, eine von ferneher wirkende, hauptſächlich in der
Idee beruhende Macht. Die auf Siege und Kriegsge-
walt gegründete Krone hatte nur noch eine friedliche, er-
haltende Bedeutung. Am leichteſten verfliegen in der Welt
die Vorſtellungen, die man in jedem Moment mit einem
Namen der ſich forterbt, mit einem Titel verknüpft. Und
doch beruht, beſonders in Zeiten wo das ungeſchriebene
Geſetz ſo viel bedeutet, die ganze Wirkſamkeit einer Würde
auf dieſer Vorſtellung. Wenden wir den Ideen die das
funfzehnte Jahrhundert von Kaiſerthum und Papſtthum
hegte, einen Augenblick eine nähere Aufmerkſamkeit zu.

Vor allem betrachtete man den Kaiſer als den ober-
ſten Lehnsherrn, der dem Beſitzthum die Weihe der höchſten
Beſtätigung verleihe: als den oberſten Gerichtsherrn, von

1 Matthias Doͤring bei Mencken III, p. 4. Eodem anno prin-
cipes electores exercitum grandem habentes contra Bohemos se
transtulerunt ad Bohemiam.
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[52/0070] Einleitung. den Reichslanden geweſen. So weit aber wie Friedrich III hat es doch kein Andrer kommen laſſen. Sieben und zwanzig Jahre lang von 1444 bis 1471 iſt er nie in dem Reiche geſehen worden. Daher kam es, daß die centrale Action, die Darſtel- lung der höchſten Gewalt, in wie fern eine ſolche überhaupt in dem Reiche Statt fand, den Fürſten, hauptſächlich den Churfürſten anheimfiel. Unter Siegmund ſchreiben ſie die Reichstage aus, bringen die Heere gegen die Huſſiten ins Feld: ihnen gradezu werden die Unternehmungen gegen die Böhmen beigemeſſen. 1 Auch das Kaiſerthum wurde auf dieſe Weiſe, wie das Papſtthum, eine von ferneher wirkende, hauptſächlich in der Idee beruhende Macht. Die auf Siege und Kriegsge- walt gegründete Krone hatte nur noch eine friedliche, er- haltende Bedeutung. Am leichteſten verfliegen in der Welt die Vorſtellungen, die man in jedem Moment mit einem Namen der ſich forterbt, mit einem Titel verknüpft. Und doch beruht, beſonders in Zeiten wo das ungeſchriebene Geſetz ſo viel bedeutet, die ganze Wirkſamkeit einer Würde auf dieſer Vorſtellung. Wenden wir den Ideen die das funfzehnte Jahrhundert von Kaiſerthum und Papſtthum hegte, einen Augenblick eine nähere Aufmerkſamkeit zu. Vor allem betrachtete man den Kaiſer als den ober- ſten Lehnsherrn, der dem Beſitzthum die Weihe der höchſten Beſtätigung verleihe: als den oberſten Gerichtsherrn, von 1 Matthias Doͤring bei Mencken III, p. 4. Eodem anno prin- cipes electores exercitum grandem habentes contra Bohemos se transtulerunt ad Bohemiam.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/70>, abgerufen am 24.11.2024.