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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Fortgang der theologischen Opposition.
dieser letzten Autorität los: es blieb ihm nichts übrig als
die Schrift.

Fortgang der theologischen Opposition.

Und hier gieng ihm ein anderer Begriff von der Kirche
auf, als der bisherige: zugleich umfassender und tiefer.
Auch in den orientalischen und griechischen Christen er-
kannte er ächte Mitglieder der allgemeinen Kirche: die
Nothwendigkeit eines sichtbaren Oberhauptes verschwand
ihm: nur das unsichtbare erkannte er noch an, den ewig
lebendigen Stifter, den er in mystischem Bezug zu seinen
Gläubigen in allem Volk dachte. Es ist das nicht allein
eine dogmatische Abweichung, sondern zugleich die Aner-
kennung eines ohnehin unleugbaren Factums, der Gültig-
keit des Christenthums auch außerhalb der Schranken
welche die lateinische Kirche um sich gezogen. Hiedurch
erst fand Luther eine Stellung, in der er die Weltelemente
der Opposition gegen das Papstthum in sich aufnehmen
konnte. Er machte sich näher mit den Lehren der grie-
chischen Kirche bekannt, und da er z. B. sah, daß sie vom
Fegefeuer nichts wisse, wovon er auch nichts in der Schrift
fand, hörte er auf es festzuhalten, was er noch in Leipzig
gethan. 1 Einen noch viel größern Eindruck machten die
Schriften von Johann Huß auf ihn, die ihm jetzt von
Böhmen aus zugestellt wurden: er war ganz erstannt, daß
er darin die paulinisch-augustinischen Lehren fand, die er
sich unter so gewaltigen Kämpfen angeeignet: Hussens

1 Brief an Spalatin 7 Nov.

Fortgang der theologiſchen Oppoſition.
dieſer letzten Autorität los: es blieb ihm nichts übrig als
die Schrift.

Fortgang der theologiſchen Oppoſition.

Und hier gieng ihm ein anderer Begriff von der Kirche
auf, als der bisherige: zugleich umfaſſender und tiefer.
Auch in den orientaliſchen und griechiſchen Chriſten er-
kannte er ächte Mitglieder der allgemeinen Kirche: die
Nothwendigkeit eines ſichtbaren Oberhauptes verſchwand
ihm: nur das unſichtbare erkannte er noch an, den ewig
lebendigen Stifter, den er in myſtiſchem Bezug zu ſeinen
Gläubigen in allem Volk dachte. Es iſt das nicht allein
eine dogmatiſche Abweichung, ſondern zugleich die Aner-
kennung eines ohnehin unleugbaren Factums, der Gültig-
keit des Chriſtenthums auch außerhalb der Schranken
welche die lateiniſche Kirche um ſich gezogen. Hiedurch
erſt fand Luther eine Stellung, in der er die Weltelemente
der Oppoſition gegen das Papſtthum in ſich aufnehmen
konnte. Er machte ſich näher mit den Lehren der grie-
chiſchen Kirche bekannt, und da er z. B. ſah, daß ſie vom
Fegefeuer nichts wiſſe, wovon er auch nichts in der Schrift
fand, hörte er auf es feſtzuhalten, was er noch in Leipzig
gethan. 1 Einen noch viel größern Eindruck machten die
Schriften von Johann Huß auf ihn, die ihm jetzt von
Böhmen aus zugeſtellt wurden: er war ganz erſtannt, daß
er darin die pauliniſch-auguſtiniſchen Lehren fand, die er
ſich unter ſo gewaltigen Kämpfen angeeignet: Huſſens

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[409/0427] Fortgang der theologiſchen Oppoſition. dieſer letzten Autorität los: es blieb ihm nichts übrig als die Schrift. Fortgang der theologiſchen Oppoſition. Und hier gieng ihm ein anderer Begriff von der Kirche auf, als der bisherige: zugleich umfaſſender und tiefer. Auch in den orientaliſchen und griechiſchen Chriſten er- kannte er ächte Mitglieder der allgemeinen Kirche: die Nothwendigkeit eines ſichtbaren Oberhauptes verſchwand ihm: nur das unſichtbare erkannte er noch an, den ewig lebendigen Stifter, den er in myſtiſchem Bezug zu ſeinen Gläubigen in allem Volk dachte. Es iſt das nicht allein eine dogmatiſche Abweichung, ſondern zugleich die Aner- kennung eines ohnehin unleugbaren Factums, der Gültig- keit des Chriſtenthums auch außerhalb der Schranken welche die lateiniſche Kirche um ſich gezogen. Hiedurch erſt fand Luther eine Stellung, in der er die Weltelemente der Oppoſition gegen das Papſtthum in ſich aufnehmen konnte. Er machte ſich näher mit den Lehren der grie- chiſchen Kirche bekannt, und da er z. B. ſah, daß ſie vom Fegefeuer nichts wiſſe, wovon er auch nichts in der Schrift fand, hörte er auf es feſtzuhalten, was er noch in Leipzig gethan. 1 Einen noch viel größern Eindruck machten die Schriften von Johann Huß auf ihn, die ihm jetzt von Böhmen aus zugeſtellt wurden: er war ganz erſtannt, daß er darin die pauliniſch-auguſtiniſchen Lehren fand, die er ſich unter ſo gewaltigen Kämpfen angeeignet: Huſſens 1 Brief an Spalatin 7 Nov.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/427>, abgerufen am 25.11.2024.