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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Innere Gährung.
leichterung des gemeinen Mannes. 1 Auf den Reichsta-
gen war es immer das entscheidende Argument gegen Auf-
lagen, wie der gemeine Pfennig, daß man fürchten müsse
eine Empörung der Unterthanen zu veranlassen. Im Jahr
1513 trug man Bedenken, einige ausgetretene Landsknechte
zu bestrafen, weil man besorgte sie möchten sich mit den
Bauern vereinigen, deren fortdauernde Verbindung gegen
Adel und Geistlichkeit man so eben aus den Geständnissen
einiger Eingezogenen im Breisgau wahrgenommen hatte.
Im Jahr 1514 erhob sich in Wirtenberg die volle Em-
pörung unter dem Namen des armen Kunzen: der Tübin-
ger Vertrag genügte den Bauern nicht, sie mußten mit
den Waffen unterdrückt werden. 2 Unaufhörlich vernimmt
man dieses dumpfe Brausen eines unbändigen Elementes
in dem Innern des Bodens auf welchem man steht.

Während alle dem war der Kaiser mit seinem vene-
zianischen Krieg beschäftigt. Bald kämpft er mit den Fran-
zosen gegen den Papst und die Venezianer, bald mit dem
Papst und den Engländern gegen die Franzosen; die Schwei-
zer jetzt mit ihm verbündet erobern Mailand und verlie-
ren es wieder; er selbst macht einmal mit Schweizern und
Landsknechten einen Versuch es in seine Hände zu brin-
gen, doch vergeblich. Wiederholt sehen wir ihn von Ti-
rol nach den Niederlanden, von den Seeküsten zurück nach
den italienischen Alpen reisen: einem Befehlshaber in einer
belagerten Festung nicht ungleich, der immer von Bastion

1 "der mit Fron Diensten Atzung Steure geistlichen Gerich-
ten und andern also merklich beschwert ist, daß es in die Harre
nicht zu leiden seyn wird."
2 Wahrhaftig Unterrichtung der Ufrur bei Sattler Herzoge
I, Beil. nr 70.

Innere Gaͤhrung.
leichterung des gemeinen Mannes. 1 Auf den Reichsta-
gen war es immer das entſcheidende Argument gegen Auf-
lagen, wie der gemeine Pfennig, daß man fürchten müſſe
eine Empörung der Unterthanen zu veranlaſſen. Im Jahr
1513 trug man Bedenken, einige ausgetretene Landsknechte
zu beſtrafen, weil man beſorgte ſie möchten ſich mit den
Bauern vereinigen, deren fortdauernde Verbindung gegen
Adel und Geiſtlichkeit man ſo eben aus den Geſtändniſſen
einiger Eingezogenen im Breisgau wahrgenommen hatte.
Im Jahr 1514 erhob ſich in Wirtenberg die volle Em-
pörung unter dem Namen des armen Kunzen: der Tübin-
ger Vertrag genügte den Bauern nicht, ſie mußten mit
den Waffen unterdrückt werden. 2 Unaufhörlich vernimmt
man dieſes dumpfe Brauſen eines unbändigen Elementes
in dem Innern des Bodens auf welchem man ſteht.

Während alle dem war der Kaiſer mit ſeinem vene-
zianiſchen Krieg beſchäftigt. Bald kämpft er mit den Fran-
zoſen gegen den Papſt und die Venezianer, bald mit dem
Papſt und den Engländern gegen die Franzoſen; die Schwei-
zer jetzt mit ihm verbündet erobern Mailand und verlie-
ren es wieder; er ſelbſt macht einmal mit Schweizern und
Landsknechten einen Verſuch es in ſeine Hände zu brin-
gen, doch vergeblich. Wiederholt ſehen wir ihn von Ti-
rol nach den Niederlanden, von den Seeküſten zurück nach
den italieniſchen Alpen reiſen: einem Befehlshaber in einer
belagerten Feſtung nicht ungleich, der immer von Baſtion

1 „der mit Fron Dienſten Atzung Steure geiſtlichen Gerich-
ten und andern alſo merklich beſchwert iſt, daß es in die Harre
nicht zu leiden ſeyn wird.“
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I, Beil. nr 70.
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[217/0235] Innere Gaͤhrung. leichterung des gemeinen Mannes. 1 Auf den Reichsta- gen war es immer das entſcheidende Argument gegen Auf- lagen, wie der gemeine Pfennig, daß man fürchten müſſe eine Empörung der Unterthanen zu veranlaſſen. Im Jahr 1513 trug man Bedenken, einige ausgetretene Landsknechte zu beſtrafen, weil man beſorgte ſie möchten ſich mit den Bauern vereinigen, deren fortdauernde Verbindung gegen Adel und Geiſtlichkeit man ſo eben aus den Geſtändniſſen einiger Eingezogenen im Breisgau wahrgenommen hatte. Im Jahr 1514 erhob ſich in Wirtenberg die volle Em- pörung unter dem Namen des armen Kunzen: der Tübin- ger Vertrag genügte den Bauern nicht, ſie mußten mit den Waffen unterdrückt werden. 2 Unaufhörlich vernimmt man dieſes dumpfe Brauſen eines unbändigen Elementes in dem Innern des Bodens auf welchem man ſteht. Während alle dem war der Kaiſer mit ſeinem vene- zianiſchen Krieg beſchäftigt. Bald kämpft er mit den Fran- zoſen gegen den Papſt und die Venezianer, bald mit dem Papſt und den Engländern gegen die Franzoſen; die Schwei- zer jetzt mit ihm verbündet erobern Mailand und verlie- ren es wieder; er ſelbſt macht einmal mit Schweizern und Landsknechten einen Verſuch es in ſeine Hände zu brin- gen, doch vergeblich. Wiederholt ſehen wir ihn von Ti- rol nach den Niederlanden, von den Seeküſten zurück nach den italieniſchen Alpen reiſen: einem Befehlshaber in einer belagerten Feſtung nicht ungleich, der immer von Baſtion 1 „der mit Fron Dienſten Atzung Steure geiſtlichen Gerich- ten und andern alſo merklich beſchwert iſt, daß es in die Harre nicht zu leiden ſeyn wird.“ 2 Wahrhaftig Unterrichtung der Ufrur bei Sattler Herzoge I, Beil. nr 70.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/235>, abgerufen am 22.11.2024.