Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Erstes Buch. Tirol geneigt sich zu Franzosen und Venezianern zu schla-gen, aus Unwillen über das Reich, von dem es nicht ge- schützt werde: einen Reichstag könne er auf keinen Fall er- warten, da werde er zu viel versäumen; höchstens möge man die nächstgesessenen Fürsten eilig zusammenrufen. 1 Die Churfürsten blieben dabei, einen Reichstag zu fordern. Sie wollten nicht glauben, daß sich der schwäbische Bund von andern Ständen sondern zu lassen denke; von sich selbst, sag- ten sie, hinter dem Rücken der übrigen etwas zu bewilligen, werde ihnen Unfreundschaft bringen und dem König uner- sprießlich seyn. 2 Nur so weit brachte sie das augen- scheinliche dringende Bedürfniß, daß sie eine Anleihe des Kaisers durch Verwendung und Bürgschaft beförderten. Einen unermeßlichen Einfluß haben doch immer nicht 1 Schreiben Maximilians von Linz 7 Mai und von Sieg- burg 10 Mai. (Weim. A.) 2 Antwort Samstag nach Misericordia 13 Mai. (Weim. A.)
Gegen ihre Bürgschaft verlangten sie Versicherung vom Kaiser. Die- ser erwiederte, "er könne sich zu nichts weiter verpflichten, als sie in Jahresfrist ihrer Bürgschaft zu entheben, auf seinen guten Glauben." Erſtes Buch. Tirol geneigt ſich zu Franzoſen und Venezianern zu ſchla-gen, aus Unwillen über das Reich, von dem es nicht ge- ſchützt werde: einen Reichstag könne er auf keinen Fall er- warten, da werde er zu viel verſäumen; höchſtens möge man die nächſtgeſeſſenen Fürſten eilig zuſammenrufen. 1 Die Churfürſten blieben dabei, einen Reichstag zu fordern. Sie wollten nicht glauben, daß ſich der ſchwäbiſche Bund von andern Ständen ſondern zu laſſen denke; von ſich ſelbſt, ſag- ten ſie, hinter dem Rücken der übrigen etwas zu bewilligen, werde ihnen Unfreundſchaft bringen und dem König uner- ſprießlich ſeyn. 2 Nur ſo weit brachte ſie das augen- ſcheinliche dringende Bedürfniß, daß ſie eine Anleihe des Kaiſers durch Verwendung und Bürgſchaft beförderten. Einen unermeßlichen Einfluß haben doch immer nicht 1 Schreiben Maximilians von Linz 7 Mai und von Sieg- burg 10 Mai. (Weim. A.) 2 Antwort Samſtag nach Miſericordia 13 Mai. (Weim. A.)
Gegen ihre Buͤrgſchaft verlangten ſie Verſicherung vom Kaiſer. Die- ſer erwiederte, „er koͤnne ſich zu nichts weiter verpflichten, als ſie in Jahresfriſt ihrer Buͤrgſchaft zu entheben, auf ſeinen guten Glauben.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0200" n="182"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>.</fw><lb/> Tirol geneigt ſich zu Franzoſen und Venezianern zu ſchla-<lb/> gen, aus Unwillen über das Reich, von dem es nicht ge-<lb/> ſchützt werde: einen Reichstag könne er auf keinen Fall er-<lb/> warten, da werde er zu viel verſäumen; höchſtens möge<lb/> man die nächſtgeſeſſenen Fürſten eilig zuſammenrufen. <note place="foot" n="1">Schreiben Maximilians von Linz 7 Mai und von Sieg-<lb/> burg 10 Mai. (Weim. A.)</note> Die<lb/> Churfürſten blieben dabei, einen Reichstag zu fordern. Sie<lb/> wollten nicht glauben, daß ſich der ſchwäbiſche Bund von<lb/> andern Ständen ſondern zu laſſen denke; von ſich ſelbſt, ſag-<lb/> ten ſie, hinter dem Rücken der übrigen etwas zu bewilligen,<lb/> werde ihnen Unfreundſchaft bringen und dem König uner-<lb/> ſprießlich ſeyn. <note place="foot" n="2">Antwort Samſtag nach Miſericordia 13 Mai. (Weim. A.)<lb/> Gegen ihre Buͤrgſchaft verlangten ſie Verſicherung vom Kaiſer. Die-<lb/> ſer erwiederte, „er koͤnne ſich zu nichts weiter verpflichten, als ſie in<lb/> Jahresfriſt ihrer Buͤrgſchaft zu entheben, auf ſeinen guten Glauben.“</note> Nur ſo weit brachte ſie das augen-<lb/> ſcheinliche dringende Bedürfniß, daß ſie eine Anleihe des<lb/> Kaiſers durch Verwendung und Bürgſchaft beförderten.</p><lb/> <p>Einen unermeßlichen Einfluß haben doch immer nicht<lb/> minder bei uns als bei andern die Erfolge des Krieges<lb/> auf den Gang der innern Angelegenheiten. Wir ſahen<lb/> wie alle jene Verſuche das Reich im Sinne der Stände<lb/> zu conſtituiren mit dem Bunde zuſammenhiengen, durch<lb/> welchen Maximilian zum römiſchen König gewählt, Öſtreich<lb/> und Niederland behauptet, Baiern zur Unterwerfung ge-<lb/> nöthigt wurde. Bei dem erſten größern Unfall dagegen,<lb/> jenem unglücklichen Zuſammentreffen mit der Schweiz, be-<lb/> kam dieſe Verfaſſung einen Stoß, von dem ſie ſich nie<lb/> wieder erholen konnte. Auch die Stellung, welche der Kö-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0200]
Erſtes Buch.
Tirol geneigt ſich zu Franzoſen und Venezianern zu ſchla-
gen, aus Unwillen über das Reich, von dem es nicht ge-
ſchützt werde: einen Reichstag könne er auf keinen Fall er-
warten, da werde er zu viel verſäumen; höchſtens möge
man die nächſtgeſeſſenen Fürſten eilig zuſammenrufen. 1 Die
Churfürſten blieben dabei, einen Reichstag zu fordern. Sie
wollten nicht glauben, daß ſich der ſchwäbiſche Bund von
andern Ständen ſondern zu laſſen denke; von ſich ſelbſt, ſag-
ten ſie, hinter dem Rücken der übrigen etwas zu bewilligen,
werde ihnen Unfreundſchaft bringen und dem König uner-
ſprießlich ſeyn. 2 Nur ſo weit brachte ſie das augen-
ſcheinliche dringende Bedürfniß, daß ſie eine Anleihe des
Kaiſers durch Verwendung und Bürgſchaft beförderten.
Einen unermeßlichen Einfluß haben doch immer nicht
minder bei uns als bei andern die Erfolge des Krieges
auf den Gang der innern Angelegenheiten. Wir ſahen
wie alle jene Verſuche das Reich im Sinne der Stände
zu conſtituiren mit dem Bunde zuſammenhiengen, durch
welchen Maximilian zum römiſchen König gewählt, Öſtreich
und Niederland behauptet, Baiern zur Unterwerfung ge-
nöthigt wurde. Bei dem erſten größern Unfall dagegen,
jenem unglücklichen Zuſammentreffen mit der Schweiz, be-
kam dieſe Verfaſſung einen Stoß, von dem ſie ſich nie
wieder erholen konnte. Auch die Stellung, welche der Kö-
1 Schreiben Maximilians von Linz 7 Mai und von Sieg-
burg 10 Mai. (Weim. A.)
2 Antwort Samſtag nach Miſericordia 13 Mai. (Weim. A.)
Gegen ihre Buͤrgſchaft verlangten ſie Verſicherung vom Kaiſer. Die-
ſer erwiederte, „er koͤnne ſich zu nichts weiter verpflichten, als ſie in
Jahresfriſt ihrer Buͤrgſchaft zu entheben, auf ſeinen guten Glauben.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |