Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh. Aber sie besaß auch, besonders für die Sprachen, ein außer-ordentliches Talent; sie erzählt, daß sie die meisten eigentlich ohne Lehrer gelernt habe 1); was um so mehr sagen will, da sie es wirklich in einigen bis zur Fertigkeit eines Einge- bornen gebracht hat. Wie sie aufwuchs, ward sie immer mehr von dem Reize ergriffen der in der Literatur liegt. Es war die Epoche in welcher sich die Gelehrsamkeit all- mählig von den Fesseln der theologischen Streitigkeiten ab- löste, in welcher sich über beide Parteien hin allgemein an- erkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeiz be- rühmte Leute an sich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu genießen. Zuerst kamen einige deutsche Philologen und Historiker, z. B. Freinsheim, auf dessen Bitten sie seiner Vaterstadt Ulm den größten Theil der ihr auferlegten Kriegs- contribution erließ 2); dann folgten Niederländer: Isaak Vossius brachte das Studium des Griechischen in Schwung; sie bemächtigte sich in kurzem der wichtigsten alten Auto- ren, und selbst die Kirchenväter blieben ihr nicht fremd. Im Jahre 1650 erschien Salmasius: die Königin hatte ihm sagen lassen: komme er nicht zu ihr, so werde sie ge- genöthigt seyn zu ihm zu kommen: ein Jahr lang wohnte er in ihrem Pallaste. Endlich ward auch Cartesius bewo- 1) La vie de Christine ecr. p. e. m. p. 53. "Je savois a l'age de quatorze ans toutes les langues, toutes les sciences et tous les exercices dont ont vouloit m'instruire. Mais depuis j'en ai appris bien d'autres sans le secours d'aucun maeitre: et il est certain que je n'en eus jamais ni pour apprendre la lan- gue Allemande, la Francoise, l'Italienne, ni l'Espagnole." 2) Harangue panegyrique de Freinshemius a Christine 1647,
bei Arckenholtz II, zweiter Anhang, p. 104. Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. Aber ſie beſaß auch, beſonders fuͤr die Sprachen, ein außer-ordentliches Talent; ſie erzaͤhlt, daß ſie die meiſten eigentlich ohne Lehrer gelernt habe 1); was um ſo mehr ſagen will, da ſie es wirklich in einigen bis zur Fertigkeit eines Einge- bornen gebracht hat. Wie ſie aufwuchs, ward ſie immer mehr von dem Reize ergriffen der in der Literatur liegt. Es war die Epoche in welcher ſich die Gelehrſamkeit all- maͤhlig von den Feſſeln der theologiſchen Streitigkeiten ab- loͤſte, in welcher ſich uͤber beide Parteien hin allgemein an- erkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeiz be- ruͤhmte Leute an ſich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu genießen. Zuerſt kamen einige deutſche Philologen und Hiſtoriker, z. B. Freinsheim, auf deſſen Bitten ſie ſeiner Vaterſtadt Ulm den groͤßten Theil der ihr auferlegten Kriegs- contribution erließ 2); dann folgten Niederlaͤnder: Iſaak Voſſius brachte das Studium des Griechiſchen in Schwung; ſie bemaͤchtigte ſich in kurzem der wichtigſten alten Auto- ren, und ſelbſt die Kirchenvaͤter blieben ihr nicht fremd. Im Jahre 1650 erſchien Salmaſius: die Koͤnigin hatte ihm ſagen laſſen: komme er nicht zu ihr, ſo werde ſie ge- genoͤthigt ſeyn zu ihm zu kommen: ein Jahr lang wohnte er in ihrem Pallaſte. Endlich ward auch Carteſius bewo- 1) La vie de Christine écr. p. e. m. p. 53. „Je savois à l’âge de quatorze ans toutes les langues, toutes les sciences et tous les exercices dont ont vouloit m’instruire. Mais depuis j’en ai appris bien d’autres sans le secours d’aucun maître: et il est certain que je n’en eus jamais ni pour apprendre la lan- gue Allemande, la Françoise, l’Italienne, ni l’Espagnole.“ 2) Harangue panégyrique de Freinshemius à Christine 1647,
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Aber ſie beſaß auch, beſonders fuͤr die Sprachen, ein außer-
ordentliches Talent; ſie erzaͤhlt, daß ſie die meiſten eigentlich
ohne Lehrer gelernt habe 1); was um ſo mehr ſagen will,
da ſie es wirklich in einigen bis zur Fertigkeit eines Einge-
bornen gebracht hat. Wie ſie aufwuchs, ward ſie immer
mehr von dem Reize ergriffen der in der Literatur liegt.
Es war die Epoche in welcher ſich die Gelehrſamkeit all-
maͤhlig von den Feſſeln der theologiſchen Streitigkeiten ab-
loͤſte, in welcher ſich uͤber beide Parteien hin allgemein an-
erkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeiz be-
ruͤhmte Leute an ſich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu
genießen. Zuerſt kamen einige deutſche Philologen und
Hiſtoriker, z. B. Freinsheim, auf deſſen Bitten ſie ſeiner
Vaterſtadt Ulm den groͤßten Theil der ihr auferlegten Kriegs-
contribution erließ 2); dann folgten Niederlaͤnder: Iſaak
Voſſius brachte das Studium des Griechiſchen in Schwung;
ſie bemaͤchtigte ſich in kurzem der wichtigſten alten Auto-
ren, und ſelbſt die Kirchenvaͤter blieben ihr nicht fremd.
Im Jahre 1650 erſchien Salmaſius: die Koͤnigin hatte
ihm ſagen laſſen: komme er nicht zu ihr, ſo werde ſie ge-
genoͤthigt ſeyn zu ihm zu kommen: ein Jahr lang wohnte
er in ihrem Pallaſte. Endlich ward auch Carteſius bewo-
1) La vie de Christine écr. p. e. m. p. 53. „Je savois à
l’âge de quatorze ans toutes les langues, toutes les sciences et
tous les exercices dont ont vouloit m’instruire. Mais depuis
j’en ai appris bien d’autres sans le secours d’aucun maître: et
il est certain que je n’en eus jamais ni pour apprendre la lan-
gue Allemande, la Françoise, l’Italienne, ni l’Espagnole.“
2) Harangue panégyrique de Freinshemius à Christine 1647,
bei Arckenholtz II, zweiter Anhang, p. 104.
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