Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Vita di papa Urbano VIII. es ihm vielleicht an den echten Nachrichten: die officielle Farbe ließsich bei dem Ursprung und der ersten Conception eines solchen Wer- kes nicht verleugnen. Ich will nur Ein Beispiel anführen. Im drit- ten Bande seines Werkes, p. 673, behauptet Nicoletti, Urban VIII. habe den Abschluß eines Friedens zwischen England und Frankreich im Jahre 1629 mit bitterm Herzeleid erfahren (il rammarico fu acerbissimo); jedoch aus Aluise Contarini, der an allen Verhand- lungen persönlich Antheil nahm, sehen wir, daß der Papst jene Un- terhandlung, jenen Abschluß sogar angerathen hatte. Der Irr- thum Nicolettis rührt daher, daß ihm in dem unabsehlichen Ueber- schwang seiner Correspondenzen diese Notiz entgangen war, und daß er den Papst nach der Idee seiner kirchlichen Stellung beurtheilt. So kommt noch manches andere vor. Jedoch das hindert nicht, dem Autor zu glauben, wo er nur excerpirt. Sein Verfahren ist, daß er die Papiere geradezu herübernimmt, Obwohl ich alle diese Bände fleißig durchgegangen, und die Ge- Es folge jedoch die Schilderung der letzten Augenblicke Urbans Tomo ottavo am Schluß. Erano in quei giorni nel fine di 28*
Vita di papa Urbano VIII. es ihm vielleicht an den echten Nachrichten: die officielle Farbe ließſich bei dem Urſprung und der erſten Conception eines ſolchen Wer- kes nicht verleugnen. Ich will nur Ein Beiſpiel anfuͤhren. Im drit- ten Bande ſeines Werkes, p. 673, behauptet Nicoletti, Urban VIII. habe den Abſchluß eines Friedens zwiſchen England und Frankreich im Jahre 1629 mit bitterm Herzeleid erfahren (il rammarico fu acerbissimo); jedoch aus Aluiſe Contarini, der an allen Verhand- lungen perſoͤnlich Antheil nahm, ſehen wir, daß der Papſt jene Un- terhandlung, jenen Abſchluß ſogar angerathen hatte. Der Irr- thum Nicolettis ruͤhrt daher, daß ihm in dem unabſehlichen Ueber- ſchwang ſeiner Correſpondenzen dieſe Notiz entgangen war, und daß er den Papſt nach der Idee ſeiner kirchlichen Stellung beurtheilt. So kommt noch manches andere vor. Jedoch das hindert nicht, dem Autor zu glauben, wo er nur excerpirt. Sein Verfahren iſt, daß er die Papiere geradezu heruͤbernimmt, Obwohl ich alle dieſe Baͤnde fleißig durchgegangen, und die Ge- Es folge jedoch die Schilderung der letzten Augenblicke Urbans Tomo ottavo am Schluß. Erano in quei giorni nel fine di 28*
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Vita di papa Urbano VIII.
es ihm vielleicht an den echten Nachrichten: die officielle Farbe ließ
ſich bei dem Urſprung und der erſten Conception eines ſolchen Wer-
kes nicht verleugnen. Ich will nur Ein Beiſpiel anfuͤhren. Im drit-
ten Bande ſeines Werkes, p. 673, behauptet Nicoletti, Urban VIII.
habe den Abſchluß eines Friedens zwiſchen England und Frankreich
im Jahre 1629 mit bitterm Herzeleid erfahren (il rammarico fu
acerbissimo); jedoch aus Aluiſe Contarini, der an allen Verhand-
lungen perſoͤnlich Antheil nahm, ſehen wir, daß der Papſt jene Un-
terhandlung, jenen Abſchluß ſogar angerathen hatte. Der Irr-
thum Nicolettis ruͤhrt daher, daß ihm in dem unabſehlichen Ueber-
ſchwang ſeiner Correſpondenzen dieſe Notiz entgangen war, und daß
er den Papſt nach der Idee ſeiner kirchlichen Stellung beurtheilt.
So kommt noch manches andere vor. Jedoch das hindert nicht, dem
Autor zu glauben, wo er nur excerpirt.
Sein Verfahren iſt, daß er die Papiere geradezu heruͤbernimmt,
in aller Ausfuͤhrlichkeit, nur mit ſolchen Abaͤnderungen, wie ſie eine
Erzaͤhlung nothwendig macht. Es koͤnnte hoͤchſtens der Fall ſeyn,
daß er einiges weggelaſſen oder umgeſtellt haͤtte. Bei der Natur
ſeiner Aufgabe, die nur darin beſtand das Gegebene zuſammenzu-
ſtellen, und der Beſchaffenheit des Werkes uͤberhaupt, das ja nicht
fuͤr das Publicum beſtimmt war, iſt dieß indeß von vorn herein nicht
vorauszuſetzen, und ich habe davon keine Spur gefunden.
Obwohl ich alle dieſe Baͤnde fleißig durchgegangen, und die Ge-
legenheit nicht verſaͤumt habe mich eines ſo bedeutenden Stoffes fuͤr
die Welthiſtorie zu bemaͤchtigen, ſo waͤre doch unmoͤglich, an dieſer
Stelle davon weitern Bericht zu erſtatten. Wer ſich mit Correſpon-
denzen beſchaͤftigt hat, weiß, wie viel man leſen muß um uͤber ir-
gend ein Factum ins Klare zu kommen. Ein ſo weitſchichtiges Ma-
terial kann ich nicht in dieſes Buch aufnehmen.
Es folge jedoch die Schilderung der letzten Augenblicke Urbans
VIII, die recht merkwuͤrdig iſt, und ſeiner Perſoͤnlichkeit, wie ſie der
Autor auffaßte.
Tomo ottavo am Schluß. Erano in quei giorni nel fine di
Giugno caldi eccessivi in Roma e molto più del solito perico-
losi: nondimeno, parendo al papa di essersi alquanto rihavuto,
e sapendo che diciasette chiese erano senza i loro vescovi e non
havere il cardinale Grimaldi, tornato dalla nuntiatura di Francia,
ricevuto il cappello cardinalizio, si dichiarò di volere tenere il
concistoro nel prossimo lunedì. Il cardinale Barberino credette
di poterlo indurre anche alla promotione de’ cardinali: perciò
non gli oppose la pericolosa sua debolezza e la febbre lenta che
se gli poteva raddoppiare, anzi lodò il pensiero e confortollo,
che fosse quasi in sicuro della sanità. Divulgatasi la voce del
futuro concistoro, mentre si teneva il papa da alcuni moribondo
e da altri indubitatamente morto ma che per alcuni giorni si
fosse la morte di lui occultata, si vide la maggiore parte di
Roma impaurita, benche ciascuno fingesse nel viso allegrezza e
contento per la ricuperata salute. Accortosi dapoi il cardinale
Barberino che il papa non voleva venire alla promotione di al-
cun cardinale, giacche ne mancavano otto nel sacro collegio,
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