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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.
in dem Wesen seiner Freiheit bedrohenden Unternehmungen
Ludwigs XIV. erweckt hatten, an diese schloß auch der Papst
sich an.

Er unterstützte Oestreich in seinem türkischen Kriege
nach besten Kräften 1): der glückliche Erfolg dieser Feld-
züge gab der ganzen Partei und auch dem Papst eine neue
Haltung.

Das wird sich zwar schwerlich beweisen lassen, daß
Innocenz, wie man gesagt hat, mit Wilhelm III. in un-
mittelbarer Verbindung gestanden und um den Plan desselben
gegen England gewußt habe 2). Aber so viel liegt am Tage,
daß die Opposition wider Frankreich hauptsächlich auf pro-
testantischen Kräften und Antrieben beruhte, und daß der
Papst das enge Verhältniß Jacobs II. zu Ludwig XIV, wel-
ches jene Unternehmung hervorrief, unaufhörlich mißbilligte 3).
Der Widerstand den er dem von Frankreich begünstigten
Candidaten für das Erzbisthum Cöln leistete, war im In-

1) Relatione di Roma di Giov. Lando 1689. Die Subsi-
dien werden hier auf 2 Millionen Sc. angeschlagen.
2) Auch in den Memoires sur le regne de Frederic I, roi
de Prusse, par le comte de Dohna p.
78 findet sich diese Be-
hauptung. Durch Königin Christine seyen die Briefe an seinen Vater
gekommen, "qui les fesoit passer par le comte de Lippe, d'ou
un certain Paget les portoit a la Haye."
Trotz des Details dieser
Angabe muß man sie bezweifeln, wenn man bemerkt, daß die Köni-
gin Christine in dieser ganzen Zeit mit dem Papst gespannt war.
Bei dem Verhältniß, das sich aus ihrer Correspondenz ergibt, halte
ich es für unmöglich, daß ihr der Papst, der einst die Achsel zuckend
gesagt hatte "e una donna", ihr ein solches Geheimniß anvertraut
haben sollte.
3) Estratti delle lettere di monsr d'Adda nunzio apostolico
in Mackintosh: History of the revolution in 1688. II. Append.

Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
in dem Weſen ſeiner Freiheit bedrohenden Unternehmungen
Ludwigs XIV. erweckt hatten, an dieſe ſchloß auch der Papſt
ſich an.

Er unterſtuͤtzte Oeſtreich in ſeinem tuͤrkiſchen Kriege
nach beſten Kraͤften 1): der gluͤckliche Erfolg dieſer Feld-
zuͤge gab der ganzen Partei und auch dem Papſt eine neue
Haltung.

Das wird ſich zwar ſchwerlich beweiſen laſſen, daß
Innocenz, wie man geſagt hat, mit Wilhelm III. in un-
mittelbarer Verbindung geſtanden und um den Plan deſſelben
gegen England gewußt habe 2). Aber ſo viel liegt am Tage,
daß die Oppoſition wider Frankreich hauptſaͤchlich auf pro-
teſtantiſchen Kraͤften und Antrieben beruhte, und daß der
Papſt das enge Verhaͤltniß Jacobs II. zu Ludwig XIV, wel-
ches jene Unternehmung hervorrief, unaufhoͤrlich mißbilligte 3).
Der Widerſtand den er dem von Frankreich beguͤnſtigten
Candidaten fuͤr das Erzbisthum Coͤln leiſtete, war im In-

1) Relatione di Roma di Giov. Lando 1689. Die Subſi-
dien werden hier auf 2 Millionen Sc. angeſchlagen.
2) Auch in den Mémoires sur le regne de Fréderic I, roi
de Prusse, par le comte de Dohna p.
78 findet ſich dieſe Be-
hauptung. Durch Koͤnigin Chriſtine ſeyen die Briefe an ſeinen Vater
gekommen, „qui les fesoit passer par le comté de Lippe, d’où
un certain Paget les portoit à la Haye.“
Trotz des Details dieſer
Angabe muß man ſie bezweifeln, wenn man bemerkt, daß die Koͤni-
gin Chriſtine in dieſer ganzen Zeit mit dem Papſt geſpannt war.
Bei dem Verhaͤltniß, das ſich aus ihrer Correſpondenz ergibt, halte
ich es fuͤr unmoͤglich, daß ihr der Papſt, der einſt die Achſel zuckend
geſagt hatte „è una donna“, ihr ein ſolches Geheimniß anvertraut
haben ſollte.
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in Mackintosh: History of the revolution in 1688. II. Append.
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[168/0180] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. in dem Weſen ſeiner Freiheit bedrohenden Unternehmungen Ludwigs XIV. erweckt hatten, an dieſe ſchloß auch der Papſt ſich an. Er unterſtuͤtzte Oeſtreich in ſeinem tuͤrkiſchen Kriege nach beſten Kraͤften 1): der gluͤckliche Erfolg dieſer Feld- zuͤge gab der ganzen Partei und auch dem Papſt eine neue Haltung. Das wird ſich zwar ſchwerlich beweiſen laſſen, daß Innocenz, wie man geſagt hat, mit Wilhelm III. in un- mittelbarer Verbindung geſtanden und um den Plan deſſelben gegen England gewußt habe 2). Aber ſo viel liegt am Tage, daß die Oppoſition wider Frankreich hauptſaͤchlich auf pro- teſtantiſchen Kraͤften und Antrieben beruhte, und daß der Papſt das enge Verhaͤltniß Jacobs II. zu Ludwig XIV, wel- ches jene Unternehmung hervorrief, unaufhoͤrlich mißbilligte 3). Der Widerſtand den er dem von Frankreich beguͤnſtigten Candidaten fuͤr das Erzbisthum Coͤln leiſtete, war im In- 1) Relatione di Roma di Giov. Lando 1689. Die Subſi- dien werden hier auf 2 Millionen Sc. angeſchlagen. 2) Auch in den Mémoires sur le regne de Fréderic I, roi de Prusse, par le comte de Dohna p. 78 findet ſich dieſe Be- hauptung. Durch Koͤnigin Chriſtine ſeyen die Briefe an ſeinen Vater gekommen, „qui les fesoit passer par le comté de Lippe, d’où un certain Paget les portoit à la Haye.“ Trotz des Details dieſer Angabe muß man ſie bezweifeln, wenn man bemerkt, daß die Koͤni- gin Chriſtine in dieſer ganzen Zeit mit dem Papſt geſpannt war. Bei dem Verhaͤltniß, das ſich aus ihrer Correſpondenz ergibt, halte ich es fuͤr unmoͤglich, daß ihr der Papſt, der einſt die Achſel zuckend geſagt hatte „è una donna“, ihr ein ſolches Geheimniß anvertraut haben ſollte. 3) Estratti delle lettere di monsr d’Adda nunzio apostolico in Mackintosh: History of the revolution in 1688. II. Append.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/180>, abgerufen am 26.11.2024.