Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Ludwig XIV. und Innocenz XI. Papst feierlich aufgehoben, nicht wohl hätte streitig gemachtwerden können. Mit bewaffneter Mannschaft trotzte er dem Papst in seiner Hauptstadt. "Sie kommen mit Roß und Wagen," sagte Innocenz, "wir aber wollen wandeln im Namen des Herrn." Er sprach die kirchlichen Censuren über den Botschafter aus: die Kirche S. Luigi, in welcher derselbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, ward mit dem Interdict belegt 1). Da ging auch der König zu den äußersten Schritten So weit kam es: der französische Gesandte in Rom Fragen wir, worauf er sich dabei stützte, so war es 1) Legatio marchionis Lavardini Romam ejusque cum Ro-
mano pontifice dissidium 1697. Eine Widerlegung von Lavardin, welche diese Ereignisse mit vieler Ruhe und Einsicht erörtert; sie ge- hört mit zu der Reihe trefflicher publicistischer Schriften die durch die Anmaßungen Ludwigs XIV. in Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Italien hervorgerufen wurden. Ludwig XIV. und Innocenz XI. Papſt feierlich aufgehoben, nicht wohl haͤtte ſtreitig gemachtwerden koͤnnen. Mit bewaffneter Mannſchaft trotzte er dem Papſt in ſeiner Hauptſtadt. „Sie kommen mit Roß und Wagen,“ ſagte Innocenz, „wir aber wollen wandeln im Namen des Herrn.“ Er ſprach die kirchlichen Cenſuren uͤber den Botſchafter aus: die Kirche S. Luigi, in welcher derſelbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, ward mit dem Interdict belegt 1). Da ging auch der Koͤnig zu den aͤußerſten Schritten So weit kam es: der franzoͤſiſche Geſandte in Rom Fragen wir, worauf er ſich dabei ſtuͤtzte, ſo war es 1) Legatio marchionis Lavardini Romam ejusque cum Ro-
mano pontifice dissidium 1697. Eine Widerlegung von Lavardin, welche dieſe Ereigniſſe mit vieler Ruhe und Einſicht eroͤrtert; ſie ge- hoͤrt mit zu der Reihe trefflicher publiciſtiſcher Schriften die durch die Anmaßungen Ludwigs XIV. in Deutſchland, den Niederlanden, Spanien und Italien hervorgerufen wurden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0179" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ludwig</hi><hi rendition="#aq">XIV.</hi><hi rendition="#g">und Innocenz</hi><hi rendition="#aq">XI.</hi></fw><lb/> Papſt feierlich aufgehoben, nicht wohl haͤtte ſtreitig gemacht<lb/> werden koͤnnen. Mit bewaffneter Mannſchaft trotzte er dem<lb/> Papſt in ſeiner Hauptſtadt. „Sie kommen mit Roß und<lb/> Wagen,“ ſagte Innocenz, „wir aber wollen wandeln im<lb/> Namen des Herrn.“ Er ſprach die kirchlichen Cenſuren<lb/> uͤber den Botſchafter aus: die Kirche S. Luigi, in welcher<lb/> derſelbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, ward<lb/> mit dem Interdict belegt <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Legatio marchionis Lavardini Romam ejusque cum Ro-<lb/> mano pontifice dissidium</hi> 1697. Eine Widerlegung von Lavardin,<lb/> welche dieſe Ereigniſſe mit vieler Ruhe und Einſicht eroͤrtert; ſie ge-<lb/> hoͤrt mit zu der Reihe trefflicher publiciſtiſcher Schriften die durch<lb/> die Anmaßungen Ludwigs <hi rendition="#aq">XIV.</hi> in Deutſchland, den Niederlanden,<lb/> Spanien und Italien hervorgerufen wurden.</note>.</p><lb/> <p>Da ging auch der Koͤnig zu den aͤußerſten Schritten<lb/> fort. Er appellirte an ein allgemeines Concilium, ließ<lb/> Avignon beſetzen, den Nuntius in S. Olon einſchließen;<lb/> man glaubte, er habe die Abſicht, den Erzbiſchof Harlai<lb/> von Paris, der alle dieſe Schritte wo nicht veranlaßt doch<lb/> gebilligt hatte, zum Patriarchen von Frankreich zu creiren.</p><lb/> <p>So weit kam es: der franzoͤſiſche Geſandte in Rom<lb/> excommunicirt, der paͤpſtliche in Frankreich feſtgehalten, —<lb/> 35 franzoͤſiſche Biſchoͤfe ohne die canoniſche Inſtitution, —<lb/> eine paͤpſtliche Landſchaft vom Koͤnige eingenommen; das<lb/> Schisma war hiemit in der That ſchon ausgebrochen. Nichts<lb/> deſto minder wich Innocenz <hi rendition="#aq">XI.</hi> keinen Schritt breit.</p><lb/> <p>Fragen wir, worauf er ſich dabei ſtuͤtzte, ſo war es<lb/> nicht eine Ruͤckwirkung ſeiner Cenſuren in Frankreich, nicht<lb/> die Macht ſeines apoſtoliſchen Anſehens; ſondern es war<lb/> vor allem jener allgemeine Widerſtand, welchen die Europa<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0179]
Ludwig XIV. und Innocenz XI.
Papſt feierlich aufgehoben, nicht wohl haͤtte ſtreitig gemacht
werden koͤnnen. Mit bewaffneter Mannſchaft trotzte er dem
Papſt in ſeiner Hauptſtadt. „Sie kommen mit Roß und
Wagen,“ ſagte Innocenz, „wir aber wollen wandeln im
Namen des Herrn.“ Er ſprach die kirchlichen Cenſuren
uͤber den Botſchafter aus: die Kirche S. Luigi, in welcher
derſelbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, ward
mit dem Interdict belegt 1).
Da ging auch der Koͤnig zu den aͤußerſten Schritten
fort. Er appellirte an ein allgemeines Concilium, ließ
Avignon beſetzen, den Nuntius in S. Olon einſchließen;
man glaubte, er habe die Abſicht, den Erzbiſchof Harlai
von Paris, der alle dieſe Schritte wo nicht veranlaßt doch
gebilligt hatte, zum Patriarchen von Frankreich zu creiren.
So weit kam es: der franzoͤſiſche Geſandte in Rom
excommunicirt, der paͤpſtliche in Frankreich feſtgehalten, —
35 franzoͤſiſche Biſchoͤfe ohne die canoniſche Inſtitution, —
eine paͤpſtliche Landſchaft vom Koͤnige eingenommen; das
Schisma war hiemit in der That ſchon ausgebrochen. Nichts
deſto minder wich Innocenz XI. keinen Schritt breit.
Fragen wir, worauf er ſich dabei ſtuͤtzte, ſo war es
nicht eine Ruͤckwirkung ſeiner Cenſuren in Frankreich, nicht
die Macht ſeines apoſtoliſchen Anſehens; ſondern es war
vor allem jener allgemeine Widerſtand, welchen die Europa
1) Legatio marchionis Lavardini Romam ejusque cum Ro-
mano pontifice dissidium 1697. Eine Widerlegung von Lavardin,
welche dieſe Ereigniſſe mit vieler Ruhe und Einſicht eroͤrtert; ſie ge-
hoͤrt mit zu der Reihe trefflicher publiciſtiſcher Schriften die durch
die Anmaßungen Ludwigs XIV. in Deutſchland, den Niederlanden,
Spanien und Italien hervorgerufen wurden.
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