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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.

Es ist immer eine Maxime des französischen Hofes
gewesen, durch die päpstliche Macht seinen Clerus, durch
den Clerus die Einwirkungen der päpstlichen Macht zu be-
schränken. Niemals aber beherrschte ein Fürst seine Geist-
lichkeit vollkommener als Ludwig XIV. Eine Ergebenheit
ohne Gleichen athmen die Reden, mit denen man ihn bei
feierlichen Gelegenheiten begrüßte. "Wir wagen kaum,"
heißt es in einer derselben 1), "Forderungen zu machen,
aus Furcht, dem kirchlichen Eifer Ew. Maj. ein Ziel zu
setzen. Die traurige Freiheit Beschwerde zu führen ver-
wandelt sich jetzt in eine süße Nothwendigkeit unsern Wohl-
thäter zu loben." Prinz Conde meinte, sollte es dem Kö-
nige einfallen zur protestantischen Kirche überzugehn, so
würde ihm der Clerus zuerst nachfolgen.

Und wenigstens gegen den Papst stand die Geistlich-
keit ohne Scrupel ihrem Könige bei: von Jahr zu Jahr
erließ sie entschiedenere Erklärungen zu Gunsten der königli-
chen Gewalt. Endlich folgte die Versammlung von 1682.
"Sie ward," sagt ein venezianischer Gesandter, "nach der
Convenienz des Staatsministeriums berufen und aufgelöst,
nach dessen Eingebungen geleitet" 2). Die vier Artikel, die

1) Remontrance du clerge de France (assemblee a St. Ger-
main en Laye en l'annee 1680) faite au roi le 10 juillet par
l'illme et revme J. Bapt. Adheimar de Monteil de Grignan. Mem.
du clerge tom. XIV, p.
787.
2) Foscarini: Relatione di Francia 1684. Con non dissi-
mile dipendenza segue l'ordine ecclco le massime e l'interesse
della corte, come l'ha fatto conoscere l'assemblea sopra le ver-
tenze della regalia, unita, diretta e disciolta secondo le conve-
nienze ed ispirationi del ministero politico. Provenendo della
Buch VIII. Spaͤtere Epochen.

Es iſt immer eine Maxime des franzoͤſiſchen Hofes
geweſen, durch die paͤpſtliche Macht ſeinen Clerus, durch
den Clerus die Einwirkungen der paͤpſtlichen Macht zu be-
ſchraͤnken. Niemals aber beherrſchte ein Fuͤrſt ſeine Geiſt-
lichkeit vollkommener als Ludwig XIV. Eine Ergebenheit
ohne Gleichen athmen die Reden, mit denen man ihn bei
feierlichen Gelegenheiten begruͤßte. „Wir wagen kaum,“
heißt es in einer derſelben 1), „Forderungen zu machen,
aus Furcht, dem kirchlichen Eifer Ew. Maj. ein Ziel zu
ſetzen. Die traurige Freiheit Beſchwerde zu fuͤhren ver-
wandelt ſich jetzt in eine ſuͤße Nothwendigkeit unſern Wohl-
thaͤter zu loben.“ Prinz Condé meinte, ſollte es dem Koͤ-
nige einfallen zur proteſtantiſchen Kirche uͤberzugehn, ſo
wuͤrde ihm der Clerus zuerſt nachfolgen.

Und wenigſtens gegen den Papſt ſtand die Geiſtlich-
keit ohne Scrupel ihrem Koͤnige bei: von Jahr zu Jahr
erließ ſie entſchiedenere Erklaͤrungen zu Gunſten der koͤnigli-
chen Gewalt. Endlich folgte die Verſammlung von 1682.
„Sie ward,“ ſagt ein venezianiſcher Geſandter, „nach der
Convenienz des Staatsminiſteriums berufen und aufgeloͤſt,
nach deſſen Eingebungen geleitet“ 2). Die vier Artikel, die

1) Remontrance du clergé de France (assemblée à St. Ger-
main en Laye en l’année 1680) faite au roi le 10 juillet par
l’illme et révme J. Bapt. Adheimar de Monteil de Grignan. Mém.
du clergé tom. XIV, p.
787.
2) Foscarini: Relatione di Francia 1684. Con non dissi-
mile dipendenza segue l’ordine ecclco le massime e l’interesse
della corte, come l’ha fatto conoscere l’assemblea sopra le ver-
tenze della regalia, unita, diretta e disciolta secondo le conve-
nienze ed ispirationi del ministero politico. Provenendo della
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[164/0176] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. Es iſt immer eine Maxime des franzoͤſiſchen Hofes geweſen, durch die paͤpſtliche Macht ſeinen Clerus, durch den Clerus die Einwirkungen der paͤpſtlichen Macht zu be- ſchraͤnken. Niemals aber beherrſchte ein Fuͤrſt ſeine Geiſt- lichkeit vollkommener als Ludwig XIV. Eine Ergebenheit ohne Gleichen athmen die Reden, mit denen man ihn bei feierlichen Gelegenheiten begruͤßte. „Wir wagen kaum,“ heißt es in einer derſelben 1), „Forderungen zu machen, aus Furcht, dem kirchlichen Eifer Ew. Maj. ein Ziel zu ſetzen. Die traurige Freiheit Beſchwerde zu fuͤhren ver- wandelt ſich jetzt in eine ſuͤße Nothwendigkeit unſern Wohl- thaͤter zu loben.“ Prinz Condé meinte, ſollte es dem Koͤ- nige einfallen zur proteſtantiſchen Kirche uͤberzugehn, ſo wuͤrde ihm der Clerus zuerſt nachfolgen. Und wenigſtens gegen den Papſt ſtand die Geiſtlich- keit ohne Scrupel ihrem Koͤnige bei: von Jahr zu Jahr erließ ſie entſchiedenere Erklaͤrungen zu Gunſten der koͤnigli- chen Gewalt. Endlich folgte die Verſammlung von 1682. „Sie ward,“ ſagt ein venezianiſcher Geſandter, „nach der Convenienz des Staatsminiſteriums berufen und aufgeloͤſt, nach deſſen Eingebungen geleitet“ 2). Die vier Artikel, die 1) Remontrance du clergé de France (assemblée à St. Ger- main en Laye en l’année 1680) faite au roi le 10 juillet par l’illme et révme J. Bapt. Adheimar de Monteil de Grignan. Mém. du clergé tom. XIV, p. 787. 2) Foscarini: Relatione di Francia 1684. Con non dissi- mile dipendenza segue l’ordine ecclco le massime e l’interesse della corte, come l’ha fatto conoscere l’assemblea sopra le ver- tenze della regalia, unita, diretta e disciolta secondo le conve- nienze ed ispirationi del ministero politico. Provenendo della

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/176>, abgerufen am 26.11.2024.