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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Königin Christine von Schweden.
vom Haupte nehmen: erst aus ihrer Hand nahm er sie an.
Der Reichsinsignien entkleidet, in einfachem weißem Kleid,
empfing hierauf die Königin die Abschiedshuldigung ihrer
Stände. Nach den übrigen erschien auch der Sprecher des
Bauernstandes. Er kniete vor der Königin nieder, schüt-
telte ihr die Hand, küßte sie wiederholt: die Thränen bra-
chen ihm hervor: er wischte sie sich mit seinem Tuche ab:
ohne ein Wort gesagt zu haben kehrte er ihr den Rücken
und ging an seinen Platz 1).

Ihr stand indeß all ihr Sinnen und Trachten nach
der Fremde; keinen Augenblick wollte sie länger in einem
Lande verweilen, wo sie die oberste Gewalt an einen an-
dern abgetreten hatte. Schon hatte sie ihre Kostbarkeiten
vorausgeschickt: indem man die Flotte ausrüstete, die sie
nach Wismar bringen sollte, ergriff sie den ersten günsti-
gen Augenblick sich verkleidet mit wenigen Vertrauten von
der lästigen Aufsicht zu befreien die ihre bisherigen Unter-
thanen über sie ausübten, und sich nach Hamburg zu be-
geben.

Und nun begann sie ihren Zug durch Europa.

Bereits in Brüssel trat sie insgeheim, hierauf in Ins-
bruck öffentlich zum Katholicismus über: von dem Segen
des Papstes eingeladen, eilte sie nach Italien: Krone und
Zepter brachte sie der Jungfrau Maria in Loreto dar.
Die venezianischen Gesandten erstaunten, welche Vorbereitun-
gen man in allen Städten des Kirchenstaates traf um sie
prächtig zu empfangen; Papst Alexander, dessen Ehrgeiz es
befriedigte, daß eine so glänzende Bekehrung in sein Pon-

1) Erzählung von Whitelok.
Päpste** 7

Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
vom Haupte nehmen: erſt aus ihrer Hand nahm er ſie an.
Der Reichsinſignien entkleidet, in einfachem weißem Kleid,
empfing hierauf die Koͤnigin die Abſchiedshuldigung ihrer
Staͤnde. Nach den uͤbrigen erſchien auch der Sprecher des
Bauernſtandes. Er kniete vor der Koͤnigin nieder, ſchuͤt-
telte ihr die Hand, kuͤßte ſie wiederholt: die Thraͤnen bra-
chen ihm hervor: er wiſchte ſie ſich mit ſeinem Tuche ab:
ohne ein Wort geſagt zu haben kehrte er ihr den Ruͤcken
und ging an ſeinen Platz 1).

Ihr ſtand indeß all ihr Sinnen und Trachten nach
der Fremde; keinen Augenblick wollte ſie laͤnger in einem
Lande verweilen, wo ſie die oberſte Gewalt an einen an-
dern abgetreten hatte. Schon hatte ſie ihre Koſtbarkeiten
vorausgeſchickt: indem man die Flotte ausruͤſtete, die ſie
nach Wismar bringen ſollte, ergriff ſie den erſten guͤnſti-
gen Augenblick ſich verkleidet mit wenigen Vertrauten von
der laͤſtigen Aufſicht zu befreien die ihre bisherigen Unter-
thanen uͤber ſie ausuͤbten, und ſich nach Hamburg zu be-
geben.

Und nun begann ſie ihren Zug durch Europa.

Bereits in Bruͤſſel trat ſie insgeheim, hierauf in Ins-
bruck oͤffentlich zum Katholicismus uͤber: von dem Segen
des Papſtes eingeladen, eilte ſie nach Italien: Krone und
Zepter brachte ſie der Jungfrau Maria in Loreto dar.
Die venezianiſchen Geſandten erſtaunten, welche Vorbereitun-
gen man in allen Staͤdten des Kirchenſtaates traf um ſie
praͤchtig zu empfangen; Papſt Alexander, deſſen Ehrgeiz es
befriedigte, daß eine ſo glaͤnzende Bekehrung in ſein Pon-

1) Erzaͤhlung von Whitelok.
Päpſte** 7
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[97/0109] Koͤnigin Chriſtine von Schweden. vom Haupte nehmen: erſt aus ihrer Hand nahm er ſie an. Der Reichsinſignien entkleidet, in einfachem weißem Kleid, empfing hierauf die Koͤnigin die Abſchiedshuldigung ihrer Staͤnde. Nach den uͤbrigen erſchien auch der Sprecher des Bauernſtandes. Er kniete vor der Koͤnigin nieder, ſchuͤt- telte ihr die Hand, kuͤßte ſie wiederholt: die Thraͤnen bra- chen ihm hervor: er wiſchte ſie ſich mit ſeinem Tuche ab: ohne ein Wort geſagt zu haben kehrte er ihr den Ruͤcken und ging an ſeinen Platz 1). Ihr ſtand indeß all ihr Sinnen und Trachten nach der Fremde; keinen Augenblick wollte ſie laͤnger in einem Lande verweilen, wo ſie die oberſte Gewalt an einen an- dern abgetreten hatte. Schon hatte ſie ihre Koſtbarkeiten vorausgeſchickt: indem man die Flotte ausruͤſtete, die ſie nach Wismar bringen ſollte, ergriff ſie den erſten guͤnſti- gen Augenblick ſich verkleidet mit wenigen Vertrauten von der laͤſtigen Aufſicht zu befreien die ihre bisherigen Unter- thanen uͤber ſie ausuͤbten, und ſich nach Hamburg zu be- geben. Und nun begann ſie ihren Zug durch Europa. Bereits in Bruͤſſel trat ſie insgeheim, hierauf in Ins- bruck oͤffentlich zum Katholicismus uͤber: von dem Segen des Papſtes eingeladen, eilte ſie nach Italien: Krone und Zepter brachte ſie der Jungfrau Maria in Loreto dar. Die venezianiſchen Geſandten erſtaunten, welche Vorbereitun- gen man in allen Staͤdten des Kirchenſtaates traf um ſie praͤchtig zu empfangen; Papſt Alexander, deſſen Ehrgeiz es befriedigte, daß eine ſo glaͤnzende Bekehrung in ſein Pon- 1) Erzaͤhlung von Whitelok. Päpſte** 7

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/109>, abgerufen am 23.11.2024.