liche Haus durch, die Existenz desselben ward gefährdet 1). Allenthalben bekamen die Bischöfe Recht wider die Städte: der Bischof von Eichstädt wider Nürnberg, das Capitel von Straßburg wider die Stadt Straßburg: Schwäbisch- Hall, Memmingen, Ulm, Lindau, viele andere Städte wur- den genöthigt den Katholischen die ihnen entrissenen Kir- chen zurückzugeben.
Begann man nun hier allenthalben auf den Buchsta- ben des Religionsfriedens zu dringen, wie nahe lag dann eine allgemeinere Anwendung der Grundsätze desselben wie man sie jetzt verstand 2).
"Nach der Schlacht bei Lutter", sagt Caraffa, "schien der Kaiser wie von einem langen Schlafe zu erwachen: von einer großen Furcht befreit, die seine Vorfahren und ihn selbst bisher gefesselt, faßte er den Gedanken ganz Deutsch- land zu der Norm des Religionsfriedens zurückzuführen."
Außer Magdeburg und Halberstadt wären dann auch Bremen, Verden, Minden, Camin, Havelberg, Schwerin, fast alle norddeutschen Stifter dem Katholicismus zurückge- geben worden. Es war immer das entfernte Ziel gewesen, das der Papst und die Jesuiten in den glänzendsten Au- genblicken ihres Glückes ins Auge gefaßt hatten. Eben darum war doch selbst der Kaiser bedenklich. Er zweifelte, sagt Caraffa, nicht an dem Rechte, sondern an der Mög- lichkeit der Ausführung. Allein der Eifer der Jesuiten,
1) Sattler: Geschichte von Würtenberg unter den Herzogen, Th VI, p. 226.
2) Senkenberg: Fortsetzung der Häberlinschen Reichsgeschichte B. 25, p. 633.
BuchVII.Kap. 3. Neue Siege
liche Haus durch, die Exiſtenz deſſelben ward gefaͤhrdet 1). Allenthalben bekamen die Biſchoͤfe Recht wider die Staͤdte: der Biſchof von Eichſtaͤdt wider Nuͤrnberg, das Capitel von Straßburg wider die Stadt Straßburg: Schwaͤbiſch- Hall, Memmingen, Ulm, Lindau, viele andere Staͤdte wur- den genoͤthigt den Katholiſchen die ihnen entriſſenen Kir- chen zuruͤckzugeben.
Begann man nun hier allenthalben auf den Buchſta- ben des Religionsfriedens zu dringen, wie nahe lag dann eine allgemeinere Anwendung der Grundſaͤtze deſſelben wie man ſie jetzt verſtand 2).
„Nach der Schlacht bei Lutter“, ſagt Caraffa, „ſchien der Kaiſer wie von einem langen Schlafe zu erwachen: von einer großen Furcht befreit, die ſeine Vorfahren und ihn ſelbſt bisher gefeſſelt, faßte er den Gedanken ganz Deutſch- land zu der Norm des Religionsfriedens zuruͤckzufuͤhren.“
Außer Magdeburg und Halberſtadt waͤren dann auch Bremen, Verden, Minden, Camin, Havelberg, Schwerin, faſt alle norddeutſchen Stifter dem Katholicismus zuruͤckge- geben worden. Es war immer das entfernte Ziel geweſen, das der Papſt und die Jeſuiten in den glaͤnzendſten Au- genblicken ihres Gluͤckes ins Auge gefaßt hatten. Eben darum war doch ſelbſt der Kaiſer bedenklich. Er zweifelte, ſagt Caraffa, nicht an dem Rechte, ſondern an der Moͤg- lichkeit der Ausfuͤhrung. Allein der Eifer der Jeſuiten,
1) Sattler: Geſchichte von Wuͤrtenberg unter den Herzogen, Th VI, p. 226.
2) Senkenberg: Fortſetzung der Haͤberlinſchen Reichsgeſchichte B. 25, p. 633.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0528"n="516"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Buch</hi><hirendition="#aq">VII.</hi><hirendition="#g">Kap. 3. Neue Siege</hi></fw><lb/>
liche Haus durch, die Exiſtenz deſſelben ward gefaͤhrdet <noteplace="foot"n="1)">Sattler: Geſchichte von Wuͤrtenberg unter den Herzogen,<lb/>
Th <hirendition="#aq">VI, p.</hi> 226.</note>.<lb/>
Allenthalben bekamen die Biſchoͤfe Recht wider die Staͤdte:<lb/>
der Biſchof von Eichſtaͤdt wider Nuͤrnberg, das Capitel<lb/>
von Straßburg wider die Stadt Straßburg: Schwaͤbiſch-<lb/>
Hall, Memmingen, Ulm, Lindau, viele andere Staͤdte wur-<lb/>
den genoͤthigt den Katholiſchen die ihnen entriſſenen Kir-<lb/>
chen zuruͤckzugeben.</p><lb/><p>Begann man nun hier allenthalben auf den Buchſta-<lb/>
ben des Religionsfriedens zu dringen, wie nahe lag dann<lb/>
eine allgemeinere Anwendung der Grundſaͤtze deſſelben wie<lb/>
man ſie jetzt verſtand <noteplace="foot"n="2)">Senkenberg: Fortſetzung der Haͤberlinſchen Reichsgeſchichte<lb/>
B. 25, <hirendition="#aq">p.</hi> 633.</note>.</p><lb/><p>„Nach der Schlacht bei Lutter“, ſagt Caraffa, „ſchien<lb/>
der Kaiſer wie von einem langen Schlafe zu erwachen:<lb/>
von einer großen Furcht befreit, die ſeine Vorfahren und<lb/>
ihn ſelbſt bisher gefeſſelt, faßte er den Gedanken ganz Deutſch-<lb/>
land zu der Norm des Religionsfriedens zuruͤckzufuͤhren.“</p><lb/><p>Außer Magdeburg und Halberſtadt waͤren dann auch<lb/>
Bremen, Verden, Minden, Camin, Havelberg, Schwerin,<lb/>
faſt alle norddeutſchen Stifter dem Katholicismus zuruͤckge-<lb/>
geben worden. Es war immer das entfernte Ziel geweſen,<lb/>
das der Papſt und die Jeſuiten in den glaͤnzendſten Au-<lb/>
genblicken ihres Gluͤckes ins Auge gefaßt hatten. Eben<lb/>
darum war doch ſelbſt der Kaiſer bedenklich. Er zweifelte,<lb/>ſagt Caraffa, nicht an dem Rechte, ſondern an der Moͤg-<lb/>
lichkeit der Ausfuͤhrung. Allein der Eifer der Jeſuiten,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[516/0528]
Buch VII. Kap. 3. Neue Siege
liche Haus durch, die Exiſtenz deſſelben ward gefaͤhrdet 1).
Allenthalben bekamen die Biſchoͤfe Recht wider die Staͤdte:
der Biſchof von Eichſtaͤdt wider Nuͤrnberg, das Capitel
von Straßburg wider die Stadt Straßburg: Schwaͤbiſch-
Hall, Memmingen, Ulm, Lindau, viele andere Staͤdte wur-
den genoͤthigt den Katholiſchen die ihnen entriſſenen Kir-
chen zuruͤckzugeben.
Begann man nun hier allenthalben auf den Buchſta-
ben des Religionsfriedens zu dringen, wie nahe lag dann
eine allgemeinere Anwendung der Grundſaͤtze deſſelben wie
man ſie jetzt verſtand 2).
„Nach der Schlacht bei Lutter“, ſagt Caraffa, „ſchien
der Kaiſer wie von einem langen Schlafe zu erwachen:
von einer großen Furcht befreit, die ſeine Vorfahren und
ihn ſelbſt bisher gefeſſelt, faßte er den Gedanken ganz Deutſch-
land zu der Norm des Religionsfriedens zuruͤckzufuͤhren.“
Außer Magdeburg und Halberſtadt waͤren dann auch
Bremen, Verden, Minden, Camin, Havelberg, Schwerin,
faſt alle norddeutſchen Stifter dem Katholicismus zuruͤckge-
geben worden. Es war immer das entfernte Ziel geweſen,
das der Papſt und die Jeſuiten in den glaͤnzendſten Au-
genblicken ihres Gluͤckes ins Auge gefaßt hatten. Eben
darum war doch ſelbſt der Kaiſer bedenklich. Er zweifelte,
ſagt Caraffa, nicht an dem Rechte, ſondern an der Moͤg-
lichkeit der Ausfuͤhrung. Allein der Eifer der Jeſuiten,
1) Sattler: Geſchichte von Wuͤrtenberg unter den Herzogen,
Th VI, p. 226.
2) Senkenberg: Fortſetzung der Haͤberlinſchen Reichsgeſchichte
B. 25, p. 633.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/528>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.