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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.

Seitdem begannen nun die Gegenreformationen auch
in dem gesammten erzherzoglichen Gebiete. Die Pfarren, die
Stadträthe wurden mit Katholiken besetzt: kein Bürger
durfte eine andere als die katholische Kirche besuchen, oder
seine Kinder in eine andere als die katholische Schule
schicken.

Es ging nicht immer ganz ruhig ab. Die katholi-
schen Pfarrer, die fürstlichen Commissarien wurden zuwei-
len verunglimpft und weggejagt. Der Erzherzog selbst ge-
rieth einmal auf der Jagd in Gefahr: es hatte sich in der
Gegend das Gerücht verbreitet, ein benachbarter Prädicant
sey gefangen: das Volk lief mit den Waffen zusammen,
und der arme geplagte Prediger mußte selbst ins Mittel
treten, um den ungnädigen Herrn vor den Bauern zu be-
schützen 1). Trotz alle dem aber hatte die Sache ihren
Fortgang. Die strengsten Mittel wurden angewendet: der
päpstliche Geschichtschreiber faßt sie in wenig Worten zu-
sammen: Confiscation, sagt er, Exil, schwere Züchtigung
jedes Widerspenstigen. Die geistlichen Fürsten, die in jenen
Gegenden etwas besaßen, kamen den weltlichen Behörden zu
Hülfe. Der Erzbischof von Cöln, Bischof von Freisingen,
änderte den Rath seiner Stadt Lack, und belegte die prote-
stantischen Bürger mit Gefängniß oder mit Geldstrafe; der
Bischof von Brixen wollte in seiner Herrschaft Veldes gera-
dezu eine neue Ackervertheilung vornehmen. Diese Tenden-
zen erstreckten sich über alle östreichischen Gebiete. Obwohl
Tyrol katholisch geblieben, so versäumte doch der Erzher-
zog Ferdinand in Inspruck nicht, seine Geistlichkeit in strenge

1) Khevenhiller: Annales Ferdinandei II, p. 523.
Buch V. Gegenreformationen.

Seitdem begannen nun die Gegenreformationen auch
in dem geſammten erzherzoglichen Gebiete. Die Pfarren, die
Stadtraͤthe wurden mit Katholiken beſetzt: kein Buͤrger
durfte eine andere als die katholiſche Kirche beſuchen, oder
ſeine Kinder in eine andere als die katholiſche Schule
ſchicken.

Es ging nicht immer ganz ruhig ab. Die katholi-
ſchen Pfarrer, die fuͤrſtlichen Commiſſarien wurden zuwei-
len verunglimpft und weggejagt. Der Erzherzog ſelbſt ge-
rieth einmal auf der Jagd in Gefahr: es hatte ſich in der
Gegend das Geruͤcht verbreitet, ein benachbarter Praͤdicant
ſey gefangen: das Volk lief mit den Waffen zuſammen,
und der arme geplagte Prediger mußte ſelbſt ins Mittel
treten, um den ungnaͤdigen Herrn vor den Bauern zu be-
ſchuͤtzen 1). Trotz alle dem aber hatte die Sache ihren
Fortgang. Die ſtrengſten Mittel wurden angewendet: der
paͤpſtliche Geſchichtſchreiber faßt ſie in wenig Worten zu-
ſammen: Confiscation, ſagt er, Exil, ſchwere Zuͤchtigung
jedes Widerſpenſtigen. Die geiſtlichen Fuͤrſten, die in jenen
Gegenden etwas beſaßen, kamen den weltlichen Behoͤrden zu
Huͤlfe. Der Erzbiſchof von Coͤln, Biſchof von Freiſingen,
aͤnderte den Rath ſeiner Stadt Lack, und belegte die prote-
ſtantiſchen Buͤrger mit Gefaͤngniß oder mit Geldſtrafe; der
Biſchof von Brixen wollte in ſeiner Herrſchaft Veldes gera-
dezu eine neue Ackervertheilung vornehmen. Dieſe Tenden-
zen erſtreckten ſich uͤber alle oͤſtreichiſchen Gebiete. Obwohl
Tyrol katholiſch geblieben, ſo verſaͤumte doch der Erzher-
zog Ferdinand in Inſpruck nicht, ſeine Geiſtlichkeit in ſtrenge

1) Khevenhiller: Annales Ferdinandei II, p. 523.
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[130/0142] Buch V. Gegenreformationen. Seitdem begannen nun die Gegenreformationen auch in dem geſammten erzherzoglichen Gebiete. Die Pfarren, die Stadtraͤthe wurden mit Katholiken beſetzt: kein Buͤrger durfte eine andere als die katholiſche Kirche beſuchen, oder ſeine Kinder in eine andere als die katholiſche Schule ſchicken. Es ging nicht immer ganz ruhig ab. Die katholi- ſchen Pfarrer, die fuͤrſtlichen Commiſſarien wurden zuwei- len verunglimpft und weggejagt. Der Erzherzog ſelbſt ge- rieth einmal auf der Jagd in Gefahr: es hatte ſich in der Gegend das Geruͤcht verbreitet, ein benachbarter Praͤdicant ſey gefangen: das Volk lief mit den Waffen zuſammen, und der arme geplagte Prediger mußte ſelbſt ins Mittel treten, um den ungnaͤdigen Herrn vor den Bauern zu be- ſchuͤtzen 1). Trotz alle dem aber hatte die Sache ihren Fortgang. Die ſtrengſten Mittel wurden angewendet: der paͤpſtliche Geſchichtſchreiber faßt ſie in wenig Worten zu- ſammen: Confiscation, ſagt er, Exil, ſchwere Zuͤchtigung jedes Widerſpenſtigen. Die geiſtlichen Fuͤrſten, die in jenen Gegenden etwas beſaßen, kamen den weltlichen Behoͤrden zu Huͤlfe. Der Erzbiſchof von Coͤln, Biſchof von Freiſingen, aͤnderte den Rath ſeiner Stadt Lack, und belegte die prote- ſtantiſchen Buͤrger mit Gefaͤngniß oder mit Geldſtrafe; der Biſchof von Brixen wollte in ſeiner Herrſchaft Veldes gera- dezu eine neue Ackervertheilung vornehmen. Dieſe Tenden- zen erſtreckten ſich uͤber alle oͤſtreichiſchen Gebiete. Obwohl Tyrol katholiſch geblieben, ſo verſaͤumte doch der Erzher- zog Ferdinand in Inſpruck nicht, ſeine Geiſtlichkeit in ſtrenge 1) Khevenhiller: Annales Ferdinandei II, p. 523.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/142>, abgerufen am 24.11.2024.