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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Fortgang derselben in Deutschland. Oestreich.
Unterordnung zu nehmen, und darauf zu sehen, daß Je-
dermann das Abendmahl empfing: für die gemeinen Leute
wurden Sonntagsschulen eingerichtet: Cardinal Andreas, der
Sohn Ferdinands, ließ Katechismen drucken und vertheilte
sie der Schuljugend und den ununterrichteten Leuten 1).
In Gegenden aber wo der Protestantismus einigermaaßen
eingedrungen war, blieben sie nicht bei so milden Maaßre-
geln stehn. In der Markgrafschaft Burgau, obwohl sie
erst vor kurzem erworben, in der Landvogtei Schwaben,
obwohl die Jurisdiction daselbst streitig war, verfuhren sie
ganz wie Erzherzog Carl in Steiermark.

Ueber alle diese Dinge konnte Papst Sixtus des Lo-
bes kein Ende finden. Er rühmte die östreichischen Prin-
zen als die festesten Säulen des Christenthums. Besonders
an Erzherzog Carl erließ er die verbindlichsten Breven 2).
Die Erwerbung einer Grafschaft, welche damals heimfiel,
betrachtete man am Hofe zu Grätz als eine Belohnung für
so viel gute dem Christenthum geleistete Dienste.



Wenn die katholische Richtung in den Niederlanden
sich vornehmlich dadurch wieder festsetzte, daß sie sich den
Privilegien anbequemte, so geschah das nicht auch in Deutsch-
land. Es blieb hier dabei, daß die Landesherrschaften ihre
Hoheit und Macht um so viel erweiterten, als es ihnen
gelang, die kirchliche Restauration zu begünstigen. Wie

1) Puteo bei Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, 375.
2) Auszug aus den Breven: bei Tempesti I, 203.
9*

Fortgang derſelben in Deutſchland. Oeſtreich.
Unterordnung zu nehmen, und darauf zu ſehen, daß Je-
dermann das Abendmahl empfing: fuͤr die gemeinen Leute
wurden Sonntagsſchulen eingerichtet: Cardinal Andreas, der
Sohn Ferdinands, ließ Katechismen drucken und vertheilte
ſie der Schuljugend und den ununterrichteten Leuten 1).
In Gegenden aber wo der Proteſtantismus einigermaaßen
eingedrungen war, blieben ſie nicht bei ſo milden Maaßre-
geln ſtehn. In der Markgrafſchaft Burgau, obwohl ſie
erſt vor kurzem erworben, in der Landvogtei Schwaben,
obwohl die Jurisdiction daſelbſt ſtreitig war, verfuhren ſie
ganz wie Erzherzog Carl in Steiermark.

Ueber alle dieſe Dinge konnte Papſt Sixtus des Lo-
bes kein Ende finden. Er ruͤhmte die oͤſtreichiſchen Prin-
zen als die feſteſten Saͤulen des Chriſtenthums. Beſonders
an Erzherzog Carl erließ er die verbindlichſten Breven 2).
Die Erwerbung einer Grafſchaft, welche damals heimfiel,
betrachtete man am Hofe zu Graͤtz als eine Belohnung fuͤr
ſo viel gute dem Chriſtenthum geleiſtete Dienſte.



Wenn die katholiſche Richtung in den Niederlanden
ſich vornehmlich dadurch wieder feſtſetzte, daß ſie ſich den
Privilegien anbequemte, ſo geſchah das nicht auch in Deutſch-
land. Es blieb hier dabei, daß die Landesherrſchaften ihre
Hoheit und Macht um ſo viel erweiterten, als es ihnen
gelang, die kirchliche Reſtauration zu beguͤnſtigen. Wie

1) Puteo bei Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, 375.
2) Auszug aus den Breven: bei Tempesti I, 203.
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[131/0143] Fortgang derſelben in Deutſchland. Oeſtreich. Unterordnung zu nehmen, und darauf zu ſehen, daß Je- dermann das Abendmahl empfing: fuͤr die gemeinen Leute wurden Sonntagsſchulen eingerichtet: Cardinal Andreas, der Sohn Ferdinands, ließ Katechismen drucken und vertheilte ſie der Schuljugend und den ununterrichteten Leuten 1). In Gegenden aber wo der Proteſtantismus einigermaaßen eingedrungen war, blieben ſie nicht bei ſo milden Maaßre- geln ſtehn. In der Markgrafſchaft Burgau, obwohl ſie erſt vor kurzem erworben, in der Landvogtei Schwaben, obwohl die Jurisdiction daſelbſt ſtreitig war, verfuhren ſie ganz wie Erzherzog Carl in Steiermark. Ueber alle dieſe Dinge konnte Papſt Sixtus des Lo- bes kein Ende finden. Er ruͤhmte die oͤſtreichiſchen Prin- zen als die feſteſten Saͤulen des Chriſtenthums. Beſonders an Erzherzog Carl erließ er die verbindlichſten Breven 2). Die Erwerbung einer Grafſchaft, welche damals heimfiel, betrachtete man am Hofe zu Graͤtz als eine Belohnung fuͤr ſo viel gute dem Chriſtenthum geleiſtete Dienſte. Wenn die katholiſche Richtung in den Niederlanden ſich vornehmlich dadurch wieder feſtſetzte, daß ſie ſich den Privilegien anbequemte, ſo geſchah das nicht auch in Deutſch- land. Es blieb hier dabei, daß die Landesherrſchaften ihre Hoheit und Macht um ſo viel erweiterten, als es ihnen gelang, die kirchliche Reſtauration zu beguͤnſtigen. Wie 1) Puteo bei Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, 375. 2) Auszug aus den Breven: bei Tempesti I, 203. 9*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/143>, abgerufen am 24.11.2024.