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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Verhältniß zu den deutschen Kaisern.
Mannen ins Feld rücken. Welch ein Vortheil war es da-
gegen, Bischöfe ernennen zu können, die wie der Erzbischof
von Bremen, eine höchste geistliche Gewalt in den scandi-
navischen Reichen und über viele wendische Stämme aus-
übten!

War nun in den Instituten des deutschen Reiches das
geistliche Element so überaus bedeutend, so sieht man von
selbst, wie viel auf das Verhältniß ankam, in welchem die
Kaiser zu dem Oberhaupte aller Geistlichkeit, zu dem Papste
in Rom standen.

Wohl hatten die Päpste, ehe das Kaiserthum entschie-
den an die Deutschen fiel, als es in schwachen und schwan-
kenden Händen war, Acte einer höheren Autorität über
dasselbe ausgeübt. So wie aber die kräftigen deutschen
Fürsten diese Würde erobert hatten, waren sie nicht viel
weniger, als die Carolingen, Oberherren des Papstthums.
Mit gewaltiger Hand beschirmte Otto der Große den Papst,
den er eingesetzt hatte 1); seine Söhne folgten seinem Bei-
spiele; daß sich einmal die römischen Factionen wieder er-
hoben und diese Würde nach ihren Familieninteressen an-
nahmen, wiederabgaben, kauften und veräußerten, machte
die Nothwendigkeit einer höheren Intervention nur um so
einleuchtender. Man weiß, wie gewaltig Heinrich III. die-
selbe ausübte. Seine Synode zu Sutri setzte die einge-
drungenen Päpste ab; nachdem er erst den Patricius-Ring

1) Bei Goldast: Constitutt. Imperiales I, p. 221 findet sich ein
Instrument (mit den Scholien Dietrichs von Niem), durch welches
das Recht Carls des Gr. sich selbst einen Nachfolger und in Zukunft
römische Päpste zu ernennen, auf Otto und die deutschen Kaiser
übertragen wird. Es ist jedoch ohne Zweifel erdichtet.

Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern.
Mannen ins Feld ruͤcken. Welch ein Vortheil war es da-
gegen, Biſchoͤfe ernennen zu koͤnnen, die wie der Erzbiſchof
von Bremen, eine hoͤchſte geiſtliche Gewalt in den ſcandi-
naviſchen Reichen und uͤber viele wendiſche Staͤmme aus-
uͤbten!

War nun in den Inſtituten des deutſchen Reiches das
geiſtliche Element ſo uͤberaus bedeutend, ſo ſieht man von
ſelbſt, wie viel auf das Verhaͤltniß ankam, in welchem die
Kaiſer zu dem Oberhaupte aller Geiſtlichkeit, zu dem Papſte
in Rom ſtanden.

Wohl hatten die Paͤpſte, ehe das Kaiſerthum entſchie-
den an die Deutſchen fiel, als es in ſchwachen und ſchwan-
kenden Haͤnden war, Acte einer hoͤheren Autoritaͤt uͤber
daſſelbe ausgeuͤbt. So wie aber die kraͤftigen deutſchen
Fuͤrſten dieſe Wuͤrde erobert hatten, waren ſie nicht viel
weniger, als die Carolingen, Oberherren des Papſtthums.
Mit gewaltiger Hand beſchirmte Otto der Große den Papſt,
den er eingeſetzt hatte 1); ſeine Soͤhne folgten ſeinem Bei-
ſpiele; daß ſich einmal die roͤmiſchen Factionen wieder er-
hoben und dieſe Wuͤrde nach ihren Familienintereſſen an-
nahmen, wiederabgaben, kauften und veraͤußerten, machte
die Nothwendigkeit einer hoͤheren Intervention nur um ſo
einleuchtender. Man weiß, wie gewaltig Heinrich III. die-
ſelbe ausuͤbte. Seine Synode zu Sutri ſetzte die einge-
drungenen Paͤpſte ab; nachdem er erſt den Patricius-Ring

1) Bei Goldaſt: Constitutt. Imperiales I, p. 221 findet ſich ein
Inſtrument (mit den Scholien Dietrichs von Niem), durch welches
das Recht Carls des Gr. ſich ſelbſt einen Nachfolger und in Zukunft
roͤmiſche Paͤpſte zu ernennen, auf Otto und die deutſchen Kaiſer
uͤbertragen wird. Es iſt jedoch ohne Zweifel erdichtet.
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[25/0051] Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern. Mannen ins Feld ruͤcken. Welch ein Vortheil war es da- gegen, Biſchoͤfe ernennen zu koͤnnen, die wie der Erzbiſchof von Bremen, eine hoͤchſte geiſtliche Gewalt in den ſcandi- naviſchen Reichen und uͤber viele wendiſche Staͤmme aus- uͤbten! War nun in den Inſtituten des deutſchen Reiches das geiſtliche Element ſo uͤberaus bedeutend, ſo ſieht man von ſelbſt, wie viel auf das Verhaͤltniß ankam, in welchem die Kaiſer zu dem Oberhaupte aller Geiſtlichkeit, zu dem Papſte in Rom ſtanden. Wohl hatten die Paͤpſte, ehe das Kaiſerthum entſchie- den an die Deutſchen fiel, als es in ſchwachen und ſchwan- kenden Haͤnden war, Acte einer hoͤheren Autoritaͤt uͤber daſſelbe ausgeuͤbt. So wie aber die kraͤftigen deutſchen Fuͤrſten dieſe Wuͤrde erobert hatten, waren ſie nicht viel weniger, als die Carolingen, Oberherren des Papſtthums. Mit gewaltiger Hand beſchirmte Otto der Große den Papſt, den er eingeſetzt hatte 1); ſeine Soͤhne folgten ſeinem Bei- ſpiele; daß ſich einmal die roͤmiſchen Factionen wieder er- hoben und dieſe Wuͤrde nach ihren Familienintereſſen an- nahmen, wiederabgaben, kauften und veraͤußerten, machte die Nothwendigkeit einer hoͤheren Intervention nur um ſo einleuchtender. Man weiß, wie gewaltig Heinrich III. die- ſelbe ausuͤbte. Seine Synode zu Sutri ſetzte die einge- drungenen Paͤpſte ab; nachdem er erſt den Patricius-Ring 1) Bei Goldaſt: Constitutt. Imperiales I, p. 221 findet ſich ein Inſtrument (mit den Scholien Dietrichs von Niem), durch welches das Recht Carls des Gr. ſich ſelbſt einen Nachfolger und in Zukunft roͤmiſche Paͤpſte zu ernennen, auf Otto und die deutſchen Kaiſer uͤbertragen wird. Es iſt jedoch ohne Zweifel erdichtet.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/51>, abgerufen am 06.05.2024.