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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
heben, ihn niederzusenken, auf eine neue Stelle zu führen
und hier wieder aufzurichten.

Man schritt dazu, mit dem Gefühle, daß man ein
Werk unternehme, welches alle Jahrhunderte hindurch be-
rühmt seyn werde. Die Arbeiter, ihrer 900 an der Zahl,
begannen damit, daß sie die Messe hörten, beichteten und
die Communion empfingen. Dann traten sie in den Raum,
der für die Arbeit durch einen Zaun abgesondert worden.
Der Meister nahm einen höheren Sitz ein. Der Obelisk
war mit Strohmatten und Bohlen umkleidet, die von fe-
sten eisernen Ringen umfaßt waren: 35 Winden sollten
die ungeheure Maschine in Bewegung setzen, die ihn mit
gewaltigen hänfenen Tauen emporzuheben bestimmt war:
an jeder arbeiteten 2 Pferde und 10 Menschen. Endlich
gab eine Trompete das Zeichen. Gleich der erste Ruck griff
vortrefflich: der Obelisk erhob sich von der Basis, auf der
er seit 1500 Jahren ruhete: bei dem zwölften war er 23/4
Palm erhoben und festgehalten: der Baumeister sah die un-
geheure Masse, mit ihrer Bekleidung über eine Million
römischer Pfund schwer, in seiner Gewalt. Man hat sorg-
fältig angemerkt, daß es am 30. April 1586 war, Nach-
mittag gegen drei, um die zwanzigste Stunde. Vom Ca-
stell S. Angelo gab man Freudensignale: alle Glocken der
Stadt wurden geläutet: die Arbeiter trugen ihren Meister
mit unaufhörlichem Lebehoch triumphirend um die Um-
zäunung.

Sieben Tage darnach senkte man den Obelisk mit
nicht minderer Geschicklichkeit; hierauf führte man ihn auf
Walzen an seine neue Stelle. Erst nach Ablauf der hei-

Buch IV. Staat und Hof.
heben, ihn niederzuſenken, auf eine neue Stelle zu fuͤhren
und hier wieder aufzurichten.

Man ſchritt dazu, mit dem Gefuͤhle, daß man ein
Werk unternehme, welches alle Jahrhunderte hindurch be-
ruͤhmt ſeyn werde. Die Arbeiter, ihrer 900 an der Zahl,
begannen damit, daß ſie die Meſſe hoͤrten, beichteten und
die Communion empfingen. Dann traten ſie in den Raum,
der fuͤr die Arbeit durch einen Zaun abgeſondert worden.
Der Meiſter nahm einen hoͤheren Sitz ein. Der Obelisk
war mit Strohmatten und Bohlen umkleidet, die von fe-
ſten eiſernen Ringen umfaßt waren: 35 Winden ſollten
die ungeheure Maſchine in Bewegung ſetzen, die ihn mit
gewaltigen haͤnfenen Tauen emporzuheben beſtimmt war:
an jeder arbeiteten 2 Pferde und 10 Menſchen. Endlich
gab eine Trompete das Zeichen. Gleich der erſte Ruck griff
vortrefflich: der Obelisk erhob ſich von der Baſis, auf der
er ſeit 1500 Jahren ruhete: bei dem zwoͤlften war er 2¾
Palm erhoben und feſtgehalten: der Baumeiſter ſah die un-
geheure Maſſe, mit ihrer Bekleidung uͤber eine Million
roͤmiſcher Pfund ſchwer, in ſeiner Gewalt. Man hat ſorg-
faͤltig angemerkt, daß es am 30. April 1586 war, Nach-
mittag gegen drei, um die zwanzigſte Stunde. Vom Ca-
ſtell S. Angelo gab man Freudenſignale: alle Glocken der
Stadt wurden gelaͤutet: die Arbeiter trugen ihren Meiſter
mit unaufhoͤrlichem Lebehoch triumphirend um die Um-
zaͤunung.

Sieben Tage darnach ſenkte man den Obelisk mit
nicht minderer Geſchicklichkeit; hierauf fuͤhrte man ihn auf
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[478/0504] Buch IV. Staat und Hof. heben, ihn niederzuſenken, auf eine neue Stelle zu fuͤhren und hier wieder aufzurichten. Man ſchritt dazu, mit dem Gefuͤhle, daß man ein Werk unternehme, welches alle Jahrhunderte hindurch be- ruͤhmt ſeyn werde. Die Arbeiter, ihrer 900 an der Zahl, begannen damit, daß ſie die Meſſe hoͤrten, beichteten und die Communion empfingen. Dann traten ſie in den Raum, der fuͤr die Arbeit durch einen Zaun abgeſondert worden. Der Meiſter nahm einen hoͤheren Sitz ein. Der Obelisk war mit Strohmatten und Bohlen umkleidet, die von fe- ſten eiſernen Ringen umfaßt waren: 35 Winden ſollten die ungeheure Maſchine in Bewegung ſetzen, die ihn mit gewaltigen haͤnfenen Tauen emporzuheben beſtimmt war: an jeder arbeiteten 2 Pferde und 10 Menſchen. Endlich gab eine Trompete das Zeichen. Gleich der erſte Ruck griff vortrefflich: der Obelisk erhob ſich von der Baſis, auf der er ſeit 1500 Jahren ruhete: bei dem zwoͤlften war er 2¾ Palm erhoben und feſtgehalten: der Baumeiſter ſah die un- geheure Maſſe, mit ihrer Bekleidung uͤber eine Million roͤmiſcher Pfund ſchwer, in ſeiner Gewalt. Man hat ſorg- faͤltig angemerkt, daß es am 30. April 1586 war, Nach- mittag gegen drei, um die zwanzigſte Stunde. Vom Ca- ſtell S. Angelo gab man Freudenſignale: alle Glocken der Stadt wurden gelaͤutet: die Arbeiter trugen ihren Meiſter mit unaufhoͤrlichem Lebehoch triumphirend um die Um- zaͤunung. Sieben Tage darnach ſenkte man den Obelisk mit nicht minderer Geſchicklichkeit; hierauf fuͤhrte man ihn auf Walzen an ſeine neue Stelle. Erſt nach Ablauf der hei-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/504>, abgerufen am 05.05.2024.