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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Finanzen.
für welche der Datar Regresse, Reservationen und andere
canonische Unregelmäßigkeiten bei dem Uebergang von einer
Pfründe zu der andern gestattete; Paul IV. hatte sie durch
die Strenge, mit der er verfuhr, sehr verringert, doch nah-
men sie allmählig wieder zu. Die anderen waren mehr
von weltlicher Beschaffenheit. Sie liefen bei der Vacanz
und neuen Uebertragung der Cavalierate, verkäuflichen Aem-
ter und Stellen in den Monti vacabili ein; sie nahmen
in dem Grade zu, in welchem diese an Zahl stiegen 1).
Nicht höher aber beliefen sich um das Jahr 1570 beide
zusammen, als um das tägliche Bedürfniß des Haushal-
tes gerade zu decken.

Durch diese Entwickelung der Dinge war nun aber der
Kirchenstaat in eine ganz andere Lage gerathen. Hatte er
sich früher gerühmt, von den italienischen Staaten der min-
destbelastete zu seyn, so trug er jetzt so schwer, ja schwe-
rer als die anderen 2); und laut beklagten sich die Ein-
wohner. Von der alten municipalen Unabhängigkeit war
nur wenig übrig. Immer regelmäßiger ward die Verwal-
tung. Die Regierungsrechte waren früher häufig begün-
stigten Cardinälen und Prälaten überlassen, die einen nicht
unbedeutenden Vortheil davon machten. Die Landsleute

1) Nach Mocenigo 1560 ertrug die Dataria früher monatlich
zwischen 10000 und 14000 Duc. Unter Paul IV. kam sie bis auf
3000 bis 4000 Duc. herab.
2) Paolo Tiepolo: Relatione di Roma in tempo di Pio IV.
e Pio V.
sagt schon: L'impositione allo stato ecclesiastico e gra-
vezza quasi insopportabile per essere per diversi altri conti
molto aggravato; -- -- d'alienare piu entrate della chiesa, non
vi e piu ordine: perche quasi tutte l'entrate certe si trovano gia
alienate, e sopra l'incerto non si trovaria chi desse danari.
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Finanzen.
fuͤr welche der Datar Regreſſe, Reſervationen und andere
canoniſche Unregelmaͤßigkeiten bei dem Uebergang von einer
Pfruͤnde zu der andern geſtattete; Paul IV. hatte ſie durch
die Strenge, mit der er verfuhr, ſehr verringert, doch nah-
men ſie allmaͤhlig wieder zu. Die anderen waren mehr
von weltlicher Beſchaffenheit. Sie liefen bei der Vacanz
und neuen Uebertragung der Cavalierate, verkaͤuflichen Aem-
ter und Stellen in den Monti vacabili ein; ſie nahmen
in dem Grade zu, in welchem dieſe an Zahl ſtiegen 1).
Nicht hoͤher aber beliefen ſich um das Jahr 1570 beide
zuſammen, als um das taͤgliche Beduͤrfniß des Haushal-
tes gerade zu decken.

Durch dieſe Entwickelung der Dinge war nun aber der
Kirchenſtaat in eine ganz andere Lage gerathen. Hatte er
ſich fruͤher geruͤhmt, von den italieniſchen Staaten der min-
deſtbelaſtete zu ſeyn, ſo trug er jetzt ſo ſchwer, ja ſchwe-
rer als die anderen 2); und laut beklagten ſich die Ein-
wohner. Von der alten municipalen Unabhaͤngigkeit war
nur wenig uͤbrig. Immer regelmaͤßiger ward die Verwal-
tung. Die Regierungsrechte waren fruͤher haͤufig beguͤn-
ſtigten Cardinaͤlen und Praͤlaten uͤberlaſſen, die einen nicht
unbedeutenden Vortheil davon machten. Die Landsleute

1) Nach Mocenigo 1560 ertrug die Dataria fruͤher monatlich
zwiſchen 10000 und 14000 Duc. Unter Paul IV. kam ſie bis auf
3000 bis 4000 Duc. herab.
2) Paolo Tiepolo: Relatione di Roma in tempo di Pio IV.
e Pio V.
ſagt ſchon: L’impositione allo stato ecclesiastico è gra-
vezza quasi insopportabile per essere per diversi altri conti
molto aggravato; — — d’alienare più entrate della chiesa, non
vi è piu ordine: perche quasi tutte l’entrate certe si trovano gia
alienate, e sopra l’incerto non si trovaria chi desse danari.
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[417/0443] Finanzen. fuͤr welche der Datar Regreſſe, Reſervationen und andere canoniſche Unregelmaͤßigkeiten bei dem Uebergang von einer Pfruͤnde zu der andern geſtattete; Paul IV. hatte ſie durch die Strenge, mit der er verfuhr, ſehr verringert, doch nah- men ſie allmaͤhlig wieder zu. Die anderen waren mehr von weltlicher Beſchaffenheit. Sie liefen bei der Vacanz und neuen Uebertragung der Cavalierate, verkaͤuflichen Aem- ter und Stellen in den Monti vacabili ein; ſie nahmen in dem Grade zu, in welchem dieſe an Zahl ſtiegen 1). Nicht hoͤher aber beliefen ſich um das Jahr 1570 beide zuſammen, als um das taͤgliche Beduͤrfniß des Haushal- tes gerade zu decken. Durch dieſe Entwickelung der Dinge war nun aber der Kirchenſtaat in eine ganz andere Lage gerathen. Hatte er ſich fruͤher geruͤhmt, von den italieniſchen Staaten der min- deſtbelaſtete zu ſeyn, ſo trug er jetzt ſo ſchwer, ja ſchwe- rer als die anderen 2); und laut beklagten ſich die Ein- wohner. Von der alten municipalen Unabhaͤngigkeit war nur wenig uͤbrig. Immer regelmaͤßiger ward die Verwal- tung. Die Regierungsrechte waren fruͤher haͤufig beguͤn- ſtigten Cardinaͤlen und Praͤlaten uͤberlaſſen, die einen nicht unbedeutenden Vortheil davon machten. Die Landsleute 1) Nach Mocenigo 1560 ertrug die Dataria fruͤher monatlich zwiſchen 10000 und 14000 Duc. Unter Paul IV. kam ſie bis auf 3000 bis 4000 Duc. herab. 2) Paolo Tiepolo: Relatione di Roma in tempo di Pio IV. e Pio V. ſagt ſchon: L’impositione allo stato ecclesiastico è gra- vezza quasi insopportabile per essere per diversi altri conti molto aggravato; — — d’alienare più entrate della chiesa, non vi è piu ordine: perche quasi tutte l’entrate certe si trovano gia alienate, e sopra l’incerto non si trovaria chi desse danari. 27

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/443>, abgerufen am 23.11.2024.