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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Verwaltung des Kirchenstaates.

Noch viel mehr aber, als Regsamkeit und Handels-
thätigkeit, rühmt man uns die Tapferkeit der Einwohner
des Kirchenstaates: zuweilen wird sie uns sogar nach ihrer
mannichfaltigen Abstufung vorgestellt. Man findet die Peru-
giner wacker im Dienst: die Romagnolen tapfer, aber un-
vorsichtig; die Spoletiner voll von Kriegslisten; die Bo-
lognesen muthig, und nur schwer in Mannszucht zu hal-
ten; die Marchianen zur Plünderung geneigt: die Faenti-
ner vor allem geeignet, einen Angriff auszuhalten und den
Feind auf seinem Rückzug zu verfolgen; in der Ausfüh-
rung schwieriger Manöver schienen die Forlivesen, im Ge-
brauch der Lanze die Einwohner von Fermo den Vorzug
zu verdienen 1). "Das ganze Volk", sagt einer unserer Vene-
zianer, "ist zum Kriege geschickt und wild von Natur. So-
bald diese Menschen nur einmal ihre Heimath verlassen
haben, sind sie zu jeder Kriegsthat, zu Belagerungen wie
zu offener Schlacht zu brauchen; leicht ertragen sie die
Mühseligkeiten des Feldzugs 2)." Noch immer bekam Vene-
dig seine besten Truppen aus der Mark und aus Romagna;
darum war die Freundschaft eines Herzogs von Urbino
für die Republik so wichtig; immer finden wir Hauptleute
aus diesen Gegenden in ihren Diensten. Man sagte aber,
es gebe hier Capitäne für alle Fürsten der Welt; man er-
innerte daran, daß von hier die Compagnie des heiligen

1) Landi: Quaestiones Forcianae, Neapoli 1536 ein Buch
voll guter und besonderer Notizen über den damaligen Zustand von
Italien.
2) Soriano 1570: "Quanto a Soldati, e commune opinione,
che nello stato della chiese siano i migliori di tutto il resto
d'Italia, anzi d'Europa."
Verwaltung des Kirchenſtaates.

Noch viel mehr aber, als Regſamkeit und Handels-
thaͤtigkeit, ruͤhmt man uns die Tapferkeit der Einwohner
des Kirchenſtaates: zuweilen wird ſie uns ſogar nach ihrer
mannichfaltigen Abſtufung vorgeſtellt. Man findet die Peru-
giner wacker im Dienſt: die Romagnolen tapfer, aber un-
vorſichtig; die Spoletiner voll von Kriegsliſten; die Bo-
logneſen muthig, und nur ſchwer in Mannszucht zu hal-
ten; die Marchianen zur Pluͤnderung geneigt: die Faenti-
ner vor allem geeignet, einen Angriff auszuhalten und den
Feind auf ſeinem Ruͤckzug zu verfolgen; in der Ausfuͤh-
rung ſchwieriger Manoͤver ſchienen die Forliveſen, im Ge-
brauch der Lanze die Einwohner von Fermo den Vorzug
zu verdienen 1). „Das ganze Volk“, ſagt einer unſerer Vene-
zianer, „iſt zum Kriege geſchickt und wild von Natur. So-
bald dieſe Menſchen nur einmal ihre Heimath verlaſſen
haben, ſind ſie zu jeder Kriegsthat, zu Belagerungen wie
zu offener Schlacht zu brauchen; leicht ertragen ſie die
Muͤhſeligkeiten des Feldzugs 2).“ Noch immer bekam Vene-
dig ſeine beſten Truppen aus der Mark und aus Romagna;
darum war die Freundſchaft eines Herzogs von Urbino
fuͤr die Republik ſo wichtig; immer finden wir Hauptleute
aus dieſen Gegenden in ihren Dienſten. Man ſagte aber,
es gebe hier Capitaͤne fuͤr alle Fuͤrſten der Welt; man er-
innerte daran, daß von hier die Compagnie des heiligen

1) Landi: Quaestiones Forcianae, Neapoli 1536 ein Buch
voll guter und beſonderer Notizen uͤber den damaligen Zuſtand von
Italien.
2) Soriano 1570: „Quanto a Soldati, è commune opinione,
che nello stato della chiese siano i migliori di tutto il resto
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[381/0407] Verwaltung des Kirchenſtaates. Noch viel mehr aber, als Regſamkeit und Handels- thaͤtigkeit, ruͤhmt man uns die Tapferkeit der Einwohner des Kirchenſtaates: zuweilen wird ſie uns ſogar nach ihrer mannichfaltigen Abſtufung vorgeſtellt. Man findet die Peru- giner wacker im Dienſt: die Romagnolen tapfer, aber un- vorſichtig; die Spoletiner voll von Kriegsliſten; die Bo- logneſen muthig, und nur ſchwer in Mannszucht zu hal- ten; die Marchianen zur Pluͤnderung geneigt: die Faenti- ner vor allem geeignet, einen Angriff auszuhalten und den Feind auf ſeinem Ruͤckzug zu verfolgen; in der Ausfuͤh- rung ſchwieriger Manoͤver ſchienen die Forliveſen, im Ge- brauch der Lanze die Einwohner von Fermo den Vorzug zu verdienen 1). „Das ganze Volk“, ſagt einer unſerer Vene- zianer, „iſt zum Kriege geſchickt und wild von Natur. So- bald dieſe Menſchen nur einmal ihre Heimath verlaſſen haben, ſind ſie zu jeder Kriegsthat, zu Belagerungen wie zu offener Schlacht zu brauchen; leicht ertragen ſie die Muͤhſeligkeiten des Feldzugs 2).“ Noch immer bekam Vene- dig ſeine beſten Truppen aus der Mark und aus Romagna; darum war die Freundſchaft eines Herzogs von Urbino fuͤr die Republik ſo wichtig; immer finden wir Hauptleute aus dieſen Gegenden in ihren Dienſten. Man ſagte aber, es gebe hier Capitaͤne fuͤr alle Fuͤrſten der Welt; man er- innerte daran, daß von hier die Compagnie des heiligen 1) Landi: Quaestiones Forcianae, Neapoli 1536 ein Buch voll guter und beſonderer Notizen uͤber den damaligen Zuſtand von Italien. 2) Soriano 1570: „Quanto a Soldati, è commune opinione, che nello stato della chiese siano i migliori di tutto il resto d’Italia, anzi d’Europa.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/407>, abgerufen am 24.11.2024.