Krieg geführt. Alle Schlösser und Städte der Kirche ga- ben sie zurück: selbst für Palliano, das die Caraffas ver- loren, ward denselben eine Entschädigung versprochen 1). Alba kam nach Rom: in tiefer Ehrfurcht küßte er seinem Ueber- wundenen, dem geschworenen Feinde seiner Nation und sei- nes Königs, den Fuß. Er hat gesagt, nie habe er eines Menschen Angesicht, wie das des Papstes, gefürchtet.
So vortheilhaft aber auch für die päpstliche Gewalt dieser Friede erscheint, so war er doch wider ihre bisheri- gen Bestrebungen entscheidend. Mit ihren Versuchen, sich des spanischen Uebergewichtes zu entledigen, hatte es ein Ende: in dem alten Sinne ist es nie wieder zu einem sol- chen gekommen. In Mailand und Neapel hatte sich die Herrschaft der Spanier unerschütterlich gezeigt. Ihre Ver- bündeten waren stärker als je. Herzog Cosimo, den man aus Florenz verjagen wollen, hatte Siena dazu erworben, und besaß nunmehr eine bedeutende selbstständige Macht; durch die Rückgabe von Piacenza waren die Farnesen für Philipp II. gewonnen; Marc Antonio Colonna hatte sich einen großen Namen gemacht und die alte Stellung seines Geschlechts erneuert. Es blieb dem Papste nichts übrig, als sich in diese Lage der Dinge zu finden. Auch Paul IV. mußte daran: man kann denken, wie schwer es ihm wurde. Phi- lipp II. ward einmal sein Freund genannt: "ja mein Freund," fuhr er auf, "der mich belagert hielt, der meine Seele suchte!" Anderen gegenüber verglich er ihn wohl
1) Ueber Palliano ward eine geheime Convention zwischen Alba und Cardinal Caraffa geschlossen: geheim nicht allein für das Publi- kum, sondern für den Papst selbst. (Bromato II, 385.)
BuchIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Krieg gefuͤhrt. Alle Schloͤſſer und Staͤdte der Kirche ga- ben ſie zuruͤck: ſelbſt fuͤr Palliano, das die Caraffas ver- loren, ward denſelben eine Entſchaͤdigung verſprochen 1). Alba kam nach Rom: in tiefer Ehrfurcht kuͤßte er ſeinem Ueber- wundenen, dem geſchworenen Feinde ſeiner Nation und ſei- nes Koͤnigs, den Fuß. Er hat geſagt, nie habe er eines Menſchen Angeſicht, wie das des Papſtes, gefuͤrchtet.
So vortheilhaft aber auch fuͤr die paͤpſtliche Gewalt dieſer Friede erſcheint, ſo war er doch wider ihre bisheri- gen Beſtrebungen entſcheidend. Mit ihren Verſuchen, ſich des ſpaniſchen Uebergewichtes zu entledigen, hatte es ein Ende: in dem alten Sinne iſt es nie wieder zu einem ſol- chen gekommen. In Mailand und Neapel hatte ſich die Herrſchaft der Spanier unerſchuͤtterlich gezeigt. Ihre Ver- buͤndeten waren ſtaͤrker als je. Herzog Coſimo, den man aus Florenz verjagen wollen, hatte Siena dazu erworben, und beſaß nunmehr eine bedeutende ſelbſtſtaͤndige Macht; durch die Ruͤckgabe von Piacenza waren die Farneſen fuͤr Philipp II. gewonnen; Marc Antonio Colonna hatte ſich einen großen Namen gemacht und die alte Stellung ſeines Geſchlechts erneuert. Es blieb dem Papſte nichts uͤbrig, als ſich in dieſe Lage der Dinge zu finden. Auch Paul IV. mußte daran: man kann denken, wie ſchwer es ihm wurde. Phi- lipp II. ward einmal ſein Freund genannt: „ja mein Freund,“ fuhr er auf, „der mich belagert hielt, der meine Seele ſuchte!“ Anderen gegenuͤber verglich er ihn wohl
1) Ueber Palliano ward eine geheime Convention zwiſchen Alba und Cardinal Caraffa geſchloſſen: geheim nicht allein fuͤr das Publi- kum, ſondern fuͤr den Papſt ſelbſt. (Bromato II, 385.)
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Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Krieg gefuͤhrt. Alle Schloͤſſer und Staͤdte der Kirche ga-
ben ſie zuruͤck: ſelbſt fuͤr Palliano, das die Caraffas ver-
loren, ward denſelben eine Entſchaͤdigung verſprochen 1). Alba
kam nach Rom: in tiefer Ehrfurcht kuͤßte er ſeinem Ueber-
wundenen, dem geſchworenen Feinde ſeiner Nation und ſei-
nes Koͤnigs, den Fuß. Er hat geſagt, nie habe er eines
Menſchen Angeſicht, wie das des Papſtes, gefuͤrchtet.
So vortheilhaft aber auch fuͤr die paͤpſtliche Gewalt
dieſer Friede erſcheint, ſo war er doch wider ihre bisheri-
gen Beſtrebungen entſcheidend. Mit ihren Verſuchen, ſich
des ſpaniſchen Uebergewichtes zu entledigen, hatte es ein
Ende: in dem alten Sinne iſt es nie wieder zu einem ſol-
chen gekommen. In Mailand und Neapel hatte ſich die
Herrſchaft der Spanier unerſchuͤtterlich gezeigt. Ihre Ver-
buͤndeten waren ſtaͤrker als je. Herzog Coſimo, den man
aus Florenz verjagen wollen, hatte Siena dazu erworben, und
beſaß nunmehr eine bedeutende ſelbſtſtaͤndige Macht; durch
die Ruͤckgabe von Piacenza waren die Farneſen fuͤr Philipp II.
gewonnen; Marc Antonio Colonna hatte ſich einen großen
Namen gemacht und die alte Stellung ſeines Geſchlechts
erneuert. Es blieb dem Papſte nichts uͤbrig, als ſich in
dieſe Lage der Dinge zu finden. Auch Paul IV. mußte
daran: man kann denken, wie ſchwer es ihm wurde. Phi-
lipp II. ward einmal ſein Freund genannt: „ja mein
Freund,“ fuhr er auf, „der mich belagert hielt, der meine
Seele ſuchte!“ Anderen gegenuͤber verglich er ihn wohl
1) Ueber Palliano ward eine geheime Convention zwiſchen Alba
und Cardinal Caraffa geſchloſſen: geheim nicht allein fuͤr das Publi-
kum, ſondern fuͤr den Papſt ſelbſt. (Bromato II, 385.)
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/322>, abgerufen am 30.06.2024.
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