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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
sen meinten, im Gebiete von Mailand wenigstens auf Cre-
mona und Pavia zählen zu können; die Neapolitanischen
Ausgewanderten versprachen 15000 Mann ins Feld zu
stellen, Aversa und Neapel sofort zu überliefern. Auf
alle diese Dinge ging der Papst sehr lebhaft ein. Einen
Anschlag auf Genua läßt er zuerst dem französischen Ge-
sandten wissen. Er hätte nichts dawider, wenn man, um
sich Neapels zu bemächtigen, einen Bund mit dem Groß-
herrn oder mit Algier schlösse. Eben war Eduard VI. auf
den Thron von England gestiegen und eine unzweifelhaft
protestantische Regierung daselbst an dem Ruder: der Papst
räth nichts desto minder Heinrich II. mit England Friede
zu machen: "um andere Absichten," sagt er, "zum Be-
sten der Christenheit in Ausführung bringen zu können" 1).

So heftig war der Papst mit dem Kaiser verfeindet:
so enge stand er mit den Franzosen: so großen Aussichten
gab er sich hin; und dennoch, niemals vollzog er seinen
Bund, niemals that er den letzten Schritt.

Die Venezianer sind ganz erstaunt. "Der Papst,"
sagen sie, "ist in seiner Würde angegriffen, in seinem Blute
beleidigt, der vornehmsten Besitzung seines Hauses beraubt;
zu jedem Bündniß sollte er greifen, auf jede Bedingung;
dennoch nach so vielen Beleidigungen sieht man ihn zau-
dern und schwanken."


1) Francois de Rohan au roi 24 Fevrier 1548. Ribier II,
117. S. S. m'a commande de vous faire entendre et conseiller
de sa part, de regarder les moyens que vous pouvez tenir, pour
vous mettre en paix pour quelque tems avec les Anglais, afin
que n'estant en tant d'endroits empesche vous puissiez plus fa-
cilement executer vos desseins et entreprises pour le bien public
de la Chrestiente.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
ſen meinten, im Gebiete von Mailand wenigſtens auf Cre-
mona und Pavia zaͤhlen zu koͤnnen; die Neapolitaniſchen
Ausgewanderten verſprachen 15000 Mann ins Feld zu
ſtellen, Averſa und Neapel ſofort zu uͤberliefern. Auf
alle dieſe Dinge ging der Papſt ſehr lebhaft ein. Einen
Anſchlag auf Genua laͤßt er zuerſt dem franzoͤſiſchen Ge-
ſandten wiſſen. Er haͤtte nichts dawider, wenn man, um
ſich Neapels zu bemaͤchtigen, einen Bund mit dem Groß-
herrn oder mit Algier ſchloͤſſe. Eben war Eduard VI. auf
den Thron von England geſtiegen und eine unzweifelhaft
proteſtantiſche Regierung daſelbſt an dem Ruder: der Papſt
raͤth nichts deſto minder Heinrich II. mit England Friede
zu machen: „um andere Abſichten,“ ſagt er, „zum Be-
ſten der Chriſtenheit in Ausfuͤhrung bringen zu koͤnnen“ 1).

So heftig war der Papſt mit dem Kaiſer verfeindet:
ſo enge ſtand er mit den Franzoſen: ſo großen Ausſichten
gab er ſich hin; und dennoch, niemals vollzog er ſeinen
Bund, niemals that er den letzten Schritt.

Die Venezianer ſind ganz erſtaunt. „Der Papſt,“
ſagen ſie, „iſt in ſeiner Wuͤrde angegriffen, in ſeinem Blute
beleidigt, der vornehmſten Beſitzung ſeines Hauſes beraubt;
zu jedem Buͤndniß ſollte er greifen, auf jede Bedingung;
dennoch nach ſo vielen Beleidigungen ſieht man ihn zau-
dern und ſchwanken.“


1) François de Rohan au roi 24 Février 1548. Ribier II,
117. S. S. m’a commandé de vous faire entendre et conseiller
de sa part, de regarder les moyens que vous pouvez tenir, pour
vous mettre en paix pour quelque tems avec les Anglais, afin
que n’estant en tant d’endroits empesché vous puissiez plus fa-
cilement exécuter vos desseins et entreprises pour le bien public
de la Chrestienté.
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[262/0288] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. ſen meinten, im Gebiete von Mailand wenigſtens auf Cre- mona und Pavia zaͤhlen zu koͤnnen; die Neapolitaniſchen Ausgewanderten verſprachen 15000 Mann ins Feld zu ſtellen, Averſa und Neapel ſofort zu uͤberliefern. Auf alle dieſe Dinge ging der Papſt ſehr lebhaft ein. Einen Anſchlag auf Genua laͤßt er zuerſt dem franzoͤſiſchen Ge- ſandten wiſſen. Er haͤtte nichts dawider, wenn man, um ſich Neapels zu bemaͤchtigen, einen Bund mit dem Groß- herrn oder mit Algier ſchloͤſſe. Eben war Eduard VI. auf den Thron von England geſtiegen und eine unzweifelhaft proteſtantiſche Regierung daſelbſt an dem Ruder: der Papſt raͤth nichts deſto minder Heinrich II. mit England Friede zu machen: „um andere Abſichten,“ ſagt er, „zum Be- ſten der Chriſtenheit in Ausfuͤhrung bringen zu koͤnnen“ 1). So heftig war der Papſt mit dem Kaiſer verfeindet: ſo enge ſtand er mit den Franzoſen: ſo großen Ausſichten gab er ſich hin; und dennoch, niemals vollzog er ſeinen Bund, niemals that er den letzten Schritt. Die Venezianer ſind ganz erſtaunt. „Der Papſt,“ ſagen ſie, „iſt in ſeiner Wuͤrde angegriffen, in ſeinem Blute beleidigt, der vornehmſten Beſitzung ſeines Hauſes beraubt; zu jedem Buͤndniß ſollte er greifen, auf jede Bedingung; dennoch nach ſo vielen Beleidigungen ſieht man ihn zau- dern und ſchwanken.“ 1) François de Rohan au roi 24 Février 1548. Ribier II, 117. S. S. m’a commandé de vous faire entendre et conseiller de sa part, de regarder les moyens que vous pouvez tenir, pour vous mettre en paix pour quelque tems avec les Anglais, afin que n’estant en tant d’endroits empesché vous puissiez plus fa- cilement exécuter vos desseins et entreprises pour le bien public de la Chrestienté.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/288>, abgerufen am 25.11.2024.