len, so wählt man ihn jetzt, nach den Bedürfnissen seines Herzens; indem man das Eine Ziel vor Augen hat, zu Gottes Lobe selig zu werden; indem man glaubt vor Gott und allen Heiligen zu stehen. Hat man nicht mehr zu wählen, so überlegt man seine Lebensweise: die Art seines Umgangs, seinen Haushalt, den nothwendigen Aufwand, was man den Armen zu geben habe -- alles in demsel- ben Sinne, wie man im Augenblick des Todes sich bera- then zu haben wünschen wird: ohne etwas andres vor Augen zu haben, außer was zu Gottes Ehre und der ei- genen Seligkeit gereicht.
Dreißig Tage werden diesen Uebungen gewidmet. Be- trachtung der heiligen Geschichte, der eigenen Zustände, Gebete, Entschlüsse wechseln mit einander ab. Immer ist die Seele gespannt und selber thätig. Zuletzt, indem man sich die Fürsorge Gottes vorstellt, "der in seinen Geschö- pfen wirksam gleichsam für die Menschen arbeitet," glaubt man nochmals im Angesicht des Herrn und seiner Heili- gen zu stehen: man fleht ihn an, sich seiner Liebe und Ver- ehrung widmen zu dürfen: die Freiheit bringt man ihm dar; Gedächtniß, Einsicht, Willen widmet man ihm: so schließt man mit ihm den Bund der Liebe. "Die Liebe besteht in der Gemeinschaft aller Fähigkeiten und Güter." Ihrer Hingebung zum Lohne theilt Gott der Seele seine Gnaden mit.
Es genügt hier, eine flüchtige Idee von diesem Buche gegeben zu haben. In dem Gange, den es nimmt, den einzelnen Sätzen und ihrem Zusammenhange liegt etwas Dringendes, was den Gedanken zwar eine innere Thätig-
BuchII.Regeneration des Katholicismus.
len, ſo waͤhlt man ihn jetzt, nach den Beduͤrfniſſen ſeines Herzens; indem man das Eine Ziel vor Augen hat, zu Gottes Lobe ſelig zu werden; indem man glaubt vor Gott und allen Heiligen zu ſtehen. Hat man nicht mehr zu waͤhlen, ſo uͤberlegt man ſeine Lebensweiſe: die Art ſeines Umgangs, ſeinen Haushalt, den nothwendigen Aufwand, was man den Armen zu geben habe — alles in demſel- ben Sinne, wie man im Augenblick des Todes ſich bera- then zu haben wuͤnſchen wird: ohne etwas andres vor Augen zu haben, außer was zu Gottes Ehre und der ei- genen Seligkeit gereicht.
Dreißig Tage werden dieſen Uebungen gewidmet. Be- trachtung der heiligen Geſchichte, der eigenen Zuſtaͤnde, Gebete, Entſchluͤſſe wechſeln mit einander ab. Immer iſt die Seele geſpannt und ſelber thaͤtig. Zuletzt, indem man ſich die Fuͤrſorge Gottes vorſtellt, „der in ſeinen Geſchoͤ- pfen wirkſam gleichſam fuͤr die Menſchen arbeitet,“ glaubt man nochmals im Angeſicht des Herrn und ſeiner Heili- gen zu ſtehen: man fleht ihn an, ſich ſeiner Liebe und Ver- ehrung widmen zu duͤrfen: die Freiheit bringt man ihm dar; Gedaͤchtniß, Einſicht, Willen widmet man ihm: ſo ſchließt man mit ihm den Bund der Liebe. „Die Liebe beſteht in der Gemeinſchaft aller Faͤhigkeiten und Guͤter.“ Ihrer Hingebung zum Lohne theilt Gott der Seele ſeine Gnaden mit.
Es genuͤgt hier, eine fluͤchtige Idee von dieſem Buche gegeben zu haben. In dem Gange, den es nimmt, den einzelnen Saͤtzen und ihrem Zuſammenhange liegt etwas Dringendes, was den Gedanken zwar eine innere Thaͤtig-
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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
len, ſo waͤhlt man ihn jetzt, nach den Beduͤrfniſſen ſeines
Herzens; indem man das Eine Ziel vor Augen hat, zu
Gottes Lobe ſelig zu werden; indem man glaubt vor Gott
und allen Heiligen zu ſtehen. Hat man nicht mehr zu
waͤhlen, ſo uͤberlegt man ſeine Lebensweiſe: die Art ſeines
Umgangs, ſeinen Haushalt, den nothwendigen Aufwand,
was man den Armen zu geben habe — alles in demſel-
ben Sinne, wie man im Augenblick des Todes ſich bera-
then zu haben wuͤnſchen wird: ohne etwas andres vor
Augen zu haben, außer was zu Gottes Ehre und der ei-
genen Seligkeit gereicht.
Dreißig Tage werden dieſen Uebungen gewidmet. Be-
trachtung der heiligen Geſchichte, der eigenen Zuſtaͤnde,
Gebete, Entſchluͤſſe wechſeln mit einander ab. Immer iſt
die Seele geſpannt und ſelber thaͤtig. Zuletzt, indem man
ſich die Fuͤrſorge Gottes vorſtellt, „der in ſeinen Geſchoͤ-
pfen wirkſam gleichſam fuͤr die Menſchen arbeitet,“ glaubt
man nochmals im Angeſicht des Herrn und ſeiner Heili-
gen zu ſtehen: man fleht ihn an, ſich ſeiner Liebe und Ver-
ehrung widmen zu duͤrfen: die Freiheit bringt man ihm
dar; Gedaͤchtniß, Einſicht, Willen widmet man ihm: ſo
ſchließt man mit ihm den Bund der Liebe. „Die Liebe
beſteht in der Gemeinſchaft aller Faͤhigkeiten und Guͤter.“
Ihrer Hingebung zum Lohne theilt Gott der Seele ſeine
Gnaden mit.
Es genuͤgt hier, eine fluͤchtige Idee von dieſem Buche
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/254>, abgerufen am 25.11.2024.
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