keit gestattet, aber sie in einem engen Kreise beschließt und fesselt. Für seinen Zweck, eine durch die Phantasie be- herrschte Meditation, ist es auf das beste eingerichtet. Es verfehlt ihn um so weniger, da es auf eigenen Erfahrun- gen beruht. Die lebendigen Momente seiner Erweckung und seiner geistlichen Fortschritte vom ersten Anfang bis zum Jahre 1548, wo es von dem Papst gebilligt wurde, hatte ihm Ignaz nach und nach einverleibt. Man sagt wohl, der Jesuitismus habe sich die Erfahrungen der Protestan- ten zu Nutze gemacht, und in einem und dem andern Stücke mag das wahr seyn. Im Ganzen aber stehen sie in dem stärksten Gegensatz. Wenigstens setzte Ignatius hier der discursiven, beweisenden, gründlichen, ihrer Na- tur nach polemischen Methode der Protestanten eine ganz andere entgegen: kurz, intuitiv und zur Anschauung anleitend: auf die Phantasie berechnet; zu augenblicklicher Entschließung begeisternd.
Und so war jedes phantastische Element, das ihn von Anfang belebte, doch auch zu einer außerordentlichen Wirk- samkeit und Bedeutung gediehen. Wie er aber zugleich ein Soldat war, so hatte er, eben mit Hülfe der religiösen Phantasie, ein stehendes geistliches Heer zusammengebracht, Mann bei Mann erlesen und zu seinem Zweck indivi- duell ausgebildet, das er im Dienste des Papstes befehligte. Ueber alle Länder der Erde sah er es sich ausbreiten.
Als Ignatius starb, zählte seine Gesellschaft, die rö- mische ungerechnet, dreizehn Provinzen 1). Schon der
1) Im Jahre 1556. Sacchinus Historia societatis Jesu p. II. sive Lainius; von Anfang.
Ausbildung des jeſuitiſchen Inſtitutes.
keit geſtattet, aber ſie in einem engen Kreiſe beſchließt und feſſelt. Fuͤr ſeinen Zweck, eine durch die Phantaſie be- herrſchte Meditation, iſt es auf das beſte eingerichtet. Es verfehlt ihn um ſo weniger, da es auf eigenen Erfahrun- gen beruht. Die lebendigen Momente ſeiner Erweckung und ſeiner geiſtlichen Fortſchritte vom erſten Anfang bis zum Jahre 1548, wo es von dem Papſt gebilligt wurde, hatte ihm Ignaz nach und nach einverleibt. Man ſagt wohl, der Jeſuitismus habe ſich die Erfahrungen der Proteſtan- ten zu Nutze gemacht, und in einem und dem andern Stuͤcke mag das wahr ſeyn. Im Ganzen aber ſtehen ſie in dem ſtaͤrkſten Gegenſatz. Wenigſtens ſetzte Ignatius hier der discurſiven, beweiſenden, gruͤndlichen, ihrer Na- tur nach polemiſchen Methode der Proteſtanten eine ganz andere entgegen: kurz, intuitiv und zur Anſchauung anleitend: auf die Phantaſie berechnet; zu augenblicklicher Entſchließung begeiſternd.
Und ſo war jedes phantaſtiſche Element, das ihn von Anfang belebte, doch auch zu einer außerordentlichen Wirk- ſamkeit und Bedeutung gediehen. Wie er aber zugleich ein Soldat war, ſo hatte er, eben mit Huͤlfe der religioͤſen Phantaſie, ein ſtehendes geiſtliches Heer zuſammengebracht, Mann bei Mann erleſen und zu ſeinem Zweck indivi- duell ausgebildet, das er im Dienſte des Papſtes befehligte. Ueber alle Laͤnder der Erde ſah er es ſich ausbreiten.
Als Ignatius ſtarb, zaͤhlte ſeine Geſellſchaft, die roͤ- miſche ungerechnet, dreizehn Provinzen 1). Schon der
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Ausbildung des jeſuitiſchen Inſtitutes.
keit geſtattet, aber ſie in einem engen Kreiſe beſchließt und
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herrſchte Meditation, iſt es auf das beſte eingerichtet. Es
verfehlt ihn um ſo weniger, da es auf eigenen Erfahrun-
gen beruht. Die lebendigen Momente ſeiner Erweckung und
ſeiner geiſtlichen Fortſchritte vom erſten Anfang bis zum
Jahre 1548, wo es von dem Papſt gebilligt wurde, hatte
ihm Ignaz nach und nach einverleibt. Man ſagt wohl,
der Jeſuitismus habe ſich die Erfahrungen der Proteſtan-
ten zu Nutze gemacht, und in einem und dem andern
Stuͤcke mag das wahr ſeyn. Im Ganzen aber ſtehen ſie
in dem ſtaͤrkſten Gegenſatz. Wenigſtens ſetzte Ignatius
hier der discurſiven, beweiſenden, gruͤndlichen, ihrer Na-
tur nach polemiſchen Methode der Proteſtanten eine
ganz andere entgegen: kurz, intuitiv und zur Anſchauung
anleitend: auf die Phantaſie berechnet; zu augenblicklicher
Entſchließung begeiſternd.
Und ſo war jedes phantaſtiſche Element, das ihn von
Anfang belebte, doch auch zu einer außerordentlichen Wirk-
ſamkeit und Bedeutung gediehen. Wie er aber zugleich ein
Soldat war, ſo hatte er, eben mit Huͤlfe der religioͤſen
Phantaſie, ein ſtehendes geiſtliches Heer zuſammengebracht,
Mann bei Mann erleſen und zu ſeinem Zweck indivi-
duell ausgebildet, das er im Dienſte des Papſtes befehligte.
Ueber alle Laͤnder der Erde ſah er es ſich ausbreiten.
Als Ignatius ſtarb, zaͤhlte ſeine Geſellſchaft, die roͤ-
miſche ungerechnet, dreizehn Provinzen 1). Schon der
1) Im Jahre 1556. Sacchinus Historia societatis Jesu p.
II. sive Lainius; von Anfang.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/255>, abgerufen am 05.07.2024.
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