so durfte er nicht zweifeln, daß es bei der Rückkunft des Kaisers, der nach Spanien gegangen, nicht mehr bei blo- ßen Worten sein Bewenden haben: daß jene Gefahr, die er fürchtete und die ein Concilium unter diesen Umständen für den römischen Stuhl in der That mit sich führte, über ihn hereinbrechen werde.
Es war eine Lage, in der der Inhaber einer Gewalt, welche sie auch seyn mag, wohl entschuldigt werden kann, wenn er einen entscheidenden Entschluß ergreift, sich sicher zu stellen. Schon war der Kaiser politisch so übermächtig. Wenn gleich sich der Papst hierfür resignirt hatte, so mußte er doch oft fühlen, wohin er gekommen war. Daß Carl V. die alten Streitigkeiten der Kirche mit Ferrara zu Gunsten des letztern entschied, beleidigte ihn tief; er nahm es so hin, aber unter seinen Freunden beklagte er sich. Wie viel drückender war es aber, wenn nun dieser Fürst, von dem man die unverweilte Unterwerfung der Pro- testanten gehofft hatte, statt dessen, sich vielmehr auf den Grund der ausgebrochenen Irrungen auch zu einem kirch- lichen Uebergewicht erhob, wie man es seit Jahrhunderten nicht mehr kannte, wenn er auch das geistliche Ansehn des römischen Stuhles in Gefahr setzte! Sollte Clemens er- leben, ganz und gar in die Hände desselben zu gerathen, und seinem Gutbefinden überlassen zu seyn?
Noch dort in Bologna faßte er seinen Entschluß.
Artikel 7 ausdrücklich: quod si forsan aliqui principes velint tam pio negotio deesse, nihilominus summus Ds nr procedet cum saniori parte consentiente. Es scheint doch als ob diese Verschie- denheit es sey, welche Pallavicini im Sinne hat, obwohl er noch eine andere Abweichung meldet.
Unter ClemensVII.
ſo durfte er nicht zweifeln, daß es bei der Ruͤckkunft des Kaiſers, der nach Spanien gegangen, nicht mehr bei blo- ßen Worten ſein Bewenden haben: daß jene Gefahr, die er fuͤrchtete und die ein Concilium unter dieſen Umſtaͤnden fuͤr den roͤmiſchen Stuhl in der That mit ſich fuͤhrte, uͤber ihn hereinbrechen werde.
Es war eine Lage, in der der Inhaber einer Gewalt, welche ſie auch ſeyn mag, wohl entſchuldigt werden kann, wenn er einen entſcheidenden Entſchluß ergreift, ſich ſicher zu ſtellen. Schon war der Kaiſer politiſch ſo uͤbermaͤchtig. Wenn gleich ſich der Papſt hierfuͤr reſignirt hatte, ſo mußte er doch oft fuͤhlen, wohin er gekommen war. Daß Carl V. die alten Streitigkeiten der Kirche mit Ferrara zu Gunſten des letztern entſchied, beleidigte ihn tief; er nahm es ſo hin, aber unter ſeinen Freunden beklagte er ſich. Wie viel druͤckender war es aber, wenn nun dieſer Fuͤrſt, von dem man die unverweilte Unterwerfung der Pro- teſtanten gehofft hatte, ſtatt deſſen, ſich vielmehr auf den Grund der ausgebrochenen Irrungen auch zu einem kirch- lichen Uebergewicht erhob, wie man es ſeit Jahrhunderten nicht mehr kannte, wenn er auch das geiſtliche Anſehn des roͤmiſchen Stuhles in Gefahr ſetzte! Sollte Clemens er- leben, ganz und gar in die Haͤnde deſſelben zu gerathen, und ſeinem Gutbefinden uͤberlaſſen zu ſeyn?
Noch dort in Bologna faßte er ſeinen Entſchluß.
Artikel 7 ausdruͤcklich: quod si forsan aliqui principes velint tam pio negotio deesse, nihilominus summus Ds nr procedet cum saniori parte consentiente. Es ſcheint doch als ob dieſe Verſchie- denheit es ſey, welche Pallavicini im Sinne hat, obwohl er noch eine andere Abweichung meldet.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0143"n="117"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Unter Clemens</hi><hirendition="#aq">VII.</hi></fw><lb/>ſo durfte er nicht zweifeln, daß es bei der Ruͤckkunft des<lb/>
Kaiſers, der nach Spanien gegangen, nicht mehr bei blo-<lb/>
ßen Worten ſein Bewenden haben: daß jene Gefahr, die<lb/>
er fuͤrchtete und die ein Concilium unter dieſen Umſtaͤnden<lb/>
fuͤr den roͤmiſchen Stuhl in der That mit ſich fuͤhrte, uͤber<lb/>
ihn hereinbrechen werde.</p><lb/><p>Es war eine Lage, in der der Inhaber einer Gewalt,<lb/>
welche ſie auch ſeyn mag, wohl entſchuldigt werden kann,<lb/>
wenn er einen entſcheidenden Entſchluß ergreift, ſich ſicher<lb/>
zu ſtellen. Schon war der Kaiſer politiſch ſo uͤbermaͤchtig.<lb/>
Wenn gleich ſich der Papſt hierfuͤr reſignirt hatte, ſo<lb/>
mußte er doch oft fuͤhlen, wohin er gekommen war. Daß<lb/>
Carl <hirendition="#aq">V.</hi> die alten Streitigkeiten der Kirche mit Ferrara<lb/>
zu Gunſten des letztern entſchied, beleidigte ihn tief; er<lb/>
nahm es ſo hin, aber unter ſeinen Freunden beklagte er<lb/>ſich. Wie viel druͤckender war es aber, wenn nun dieſer<lb/>
Fuͤrſt, von dem man die unverweilte Unterwerfung der Pro-<lb/>
teſtanten gehofft hatte, ſtatt deſſen, ſich vielmehr auf den<lb/>
Grund der ausgebrochenen Irrungen auch zu einem kirch-<lb/>
lichen Uebergewicht erhob, wie man es ſeit Jahrhunderten<lb/>
nicht mehr kannte, wenn er auch das geiſtliche Anſehn des<lb/>
roͤmiſchen Stuhles in Gefahr ſetzte! Sollte Clemens er-<lb/>
leben, ganz und gar in die Haͤnde deſſelben zu gerathen,<lb/>
und ſeinem Gutbefinden uͤberlaſſen zu ſeyn?</p><lb/><p>Noch dort in Bologna faßte er ſeinen Entſchluß.<lb/><notexml:id="note-0143"prev="#note-0142"place="foot"n="1)">Artikel 7 ausdruͤcklich: <hirendition="#aq">quod si forsan aliqui principes velint tam<lb/>
pio negotio deesse, nihilominus summus D<hirendition="#sup">s</hi> n<hirendition="#sup">r</hi> procedet cum<lb/>
saniori parte consentiente.</hi> Es ſcheint doch als ob dieſe Verſchie-<lb/>
denheit es ſey, welche Pallavicini im Sinne hat, obwohl er noch<lb/>
eine andere Abweichung meldet.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[117/0143]
Unter Clemens VII.
ſo durfte er nicht zweifeln, daß es bei der Ruͤckkunft des
Kaiſers, der nach Spanien gegangen, nicht mehr bei blo-
ßen Worten ſein Bewenden haben: daß jene Gefahr, die
er fuͤrchtete und die ein Concilium unter dieſen Umſtaͤnden
fuͤr den roͤmiſchen Stuhl in der That mit ſich fuͤhrte, uͤber
ihn hereinbrechen werde.
Es war eine Lage, in der der Inhaber einer Gewalt,
welche ſie auch ſeyn mag, wohl entſchuldigt werden kann,
wenn er einen entſcheidenden Entſchluß ergreift, ſich ſicher
zu ſtellen. Schon war der Kaiſer politiſch ſo uͤbermaͤchtig.
Wenn gleich ſich der Papſt hierfuͤr reſignirt hatte, ſo
mußte er doch oft fuͤhlen, wohin er gekommen war. Daß
Carl V. die alten Streitigkeiten der Kirche mit Ferrara
zu Gunſten des letztern entſchied, beleidigte ihn tief; er
nahm es ſo hin, aber unter ſeinen Freunden beklagte er
ſich. Wie viel druͤckender war es aber, wenn nun dieſer
Fuͤrſt, von dem man die unverweilte Unterwerfung der Pro-
teſtanten gehofft hatte, ſtatt deſſen, ſich vielmehr auf den
Grund der ausgebrochenen Irrungen auch zu einem kirch-
lichen Uebergewicht erhob, wie man es ſeit Jahrhunderten
nicht mehr kannte, wenn er auch das geiſtliche Anſehn des
roͤmiſchen Stuhles in Gefahr ſetzte! Sollte Clemens er-
leben, ganz und gar in die Haͤnde deſſelben zu gerathen,
und ſeinem Gutbefinden uͤberlaſſen zu ſeyn?
Noch dort in Bologna faßte er ſeinen Entſchluß.
1)
1) Artikel 7 ausdruͤcklich: quod si forsan aliqui principes velint tam
pio negotio deesse, nihilominus summus Ds nr procedet cum
saniori parte consentiente. Es ſcheint doch als ob dieſe Verſchie-
denheit es ſey, welche Pallavicini im Sinne hat, obwohl er noch
eine andere Abweichung meldet.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/143>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.