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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Unter Clemens VII.

Und so sah sich der Papst, der Italien befreien wol-
len, in der Engelsburg belagert und gleichsam gefangen.
Wir können sagen: durch diesen großen Schlag war das
Uebergewicht der Spanier in Italien unwiderruflich be-
gründet.

Ein neuer Angriff der Franzosen, vielversprechend im
Anfang, mißlang doch zuletzt vollständig: sie bequemten sich,
auf alle ihre italienischen Ansprüche Verzicht zu leisten.

Nicht minder wichtig ward ein anderes Ereigniß.
Noch ehe Rom erobert worden, als man nur sah, daß
Bourbon den Weg dahin genommen, hatten zu Florenz
die Feinde der Medici die Verwirrungen des Augenblicks
benutzt und das Haus des Papstes aufs neue verjagt.
Fast noch schmerzlicher empfand Clemens den Abfall seiner
Vaterstadt, als die Einnahme von Rom. Mit Verwun-
derung bemerkte man, daß er nach so schweren Beleidigun-
gen doch wieder mit den Kaiserlichen anknüpfte. Es kam
daher, weil er in der Hülfe der Spanier das einzige Mit-
tel sah, seine Verwandten, seine Partei nach Florenz zu-
rückzuführen. Es schien ihm besser, die Uebermacht des
Kaisers, als die Widersetzlichkeit seiner Rebellen zu dulden.
Je schlechter es den Franzosen ging, desto mehr näherte
er sich den Spaniern. Als jene endlich völlig geschlagen
waren, schloß er mit diesen seine Abkunft zu Barcelona;
so ganz änderte er seine Politik, daß er sich der nemlichen
Armee, die Rom vor seinen Augen erobert und ihn so
lange belagert gehalten, daß er sich dieser, die nur ver-
jüngt und erneuert worden, nunmehr selber bediente, um
sich seine Vaterstadt wieder zu unterwerfen.


Unter Clemens VII.

Und ſo ſah ſich der Papſt, der Italien befreien wol-
len, in der Engelsburg belagert und gleichſam gefangen.
Wir koͤnnen ſagen: durch dieſen großen Schlag war das
Uebergewicht der Spanier in Italien unwiderruflich be-
gruͤndet.

Ein neuer Angriff der Franzoſen, vielverſprechend im
Anfang, mißlang doch zuletzt vollſtaͤndig: ſie bequemten ſich,
auf alle ihre italieniſchen Anſpruͤche Verzicht zu leiſten.

Nicht minder wichtig ward ein anderes Ereigniß.
Noch ehe Rom erobert worden, als man nur ſah, daß
Bourbon den Weg dahin genommen, hatten zu Florenz
die Feinde der Medici die Verwirrungen des Augenblicks
benutzt und das Haus des Papſtes aufs neue verjagt.
Faſt noch ſchmerzlicher empfand Clemens den Abfall ſeiner
Vaterſtadt, als die Einnahme von Rom. Mit Verwun-
derung bemerkte man, daß er nach ſo ſchweren Beleidigun-
gen doch wieder mit den Kaiſerlichen anknuͤpfte. Es kam
daher, weil er in der Huͤlfe der Spanier das einzige Mit-
tel ſah, ſeine Verwandten, ſeine Partei nach Florenz zu-
ruͤckzufuͤhren. Es ſchien ihm beſſer, die Uebermacht des
Kaiſers, als die Widerſetzlichkeit ſeiner Rebellen zu dulden.
Je ſchlechter es den Franzoſen ging, deſto mehr naͤherte
er ſich den Spaniern. Als jene endlich voͤllig geſchlagen
waren, ſchloß er mit dieſen ſeine Abkunft zu Barcelona;
ſo ganz aͤnderte er ſeine Politik, daß er ſich der nemlichen
Armee, die Rom vor ſeinen Augen erobert und ihn ſo
lange belagert gehalten, daß er ſich dieſer, die nur ver-
juͤngt und erneuert worden, nunmehr ſelber bediente, um
ſich ſeine Vaterſtadt wieder zu unterwerfen.


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[109/0135] Unter Clemens VII. Und ſo ſah ſich der Papſt, der Italien befreien wol- len, in der Engelsburg belagert und gleichſam gefangen. Wir koͤnnen ſagen: durch dieſen großen Schlag war das Uebergewicht der Spanier in Italien unwiderruflich be- gruͤndet. Ein neuer Angriff der Franzoſen, vielverſprechend im Anfang, mißlang doch zuletzt vollſtaͤndig: ſie bequemten ſich, auf alle ihre italieniſchen Anſpruͤche Verzicht zu leiſten. Nicht minder wichtig ward ein anderes Ereigniß. Noch ehe Rom erobert worden, als man nur ſah, daß Bourbon den Weg dahin genommen, hatten zu Florenz die Feinde der Medici die Verwirrungen des Augenblicks benutzt und das Haus des Papſtes aufs neue verjagt. Faſt noch ſchmerzlicher empfand Clemens den Abfall ſeiner Vaterſtadt, als die Einnahme von Rom. Mit Verwun- derung bemerkte man, daß er nach ſo ſchweren Beleidigun- gen doch wieder mit den Kaiſerlichen anknuͤpfte. Es kam daher, weil er in der Huͤlfe der Spanier das einzige Mit- tel ſah, ſeine Verwandten, ſeine Partei nach Florenz zu- ruͤckzufuͤhren. Es ſchien ihm beſſer, die Uebermacht des Kaiſers, als die Widerſetzlichkeit ſeiner Rebellen zu dulden. Je ſchlechter es den Franzoſen ging, deſto mehr naͤherte er ſich den Spaniern. Als jene endlich voͤllig geſchlagen waren, ſchloß er mit dieſen ſeine Abkunft zu Barcelona; ſo ganz aͤnderte er ſeine Politik, daß er ſich der nemlichen Armee, die Rom vor ſeinen Augen erobert und ihn ſo lange belagert gehalten, daß er ſich dieſer, die nur ver- juͤngt und erneuert worden, nunmehr ſelber bediente, um ſich ſeine Vaterſtadt wieder zu unterwerfen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/135>, abgerufen am 08.05.2024.