menten der Empörung erfüllte Provinzen zu behaupten ver- mochte.
Man hat ihm immer seinen Angriff auf Urbino zum Vorwurf gemacht, auf ein Fürstenhaus, bei dem sein eig- nes Geschlecht in der Verbannung Zuflucht und Aufnahme gefunden hatte. Die Ursache war: der Herzog hatte Sold von dem Papste genommen, und war ihm darauf im Au- genblick der Entscheidung abtrünnig geworden. Leo sagte, "wenn er ihn nicht dafür bestrafe, so werde kein Baron im Kirchenstaate so ohnmächtig seyn, um sich ihm nicht zu wi- dersetzen. Er habe das Pontificat in Ansehn gefunden und wolle es dabei behaupten" 1). Da aber der Herzog we- nigstens insgeheim Rückhalt an den Franzosen hatte, da er in dem ganzen Staate und selbst in dem Cardinalcolle- gium Verbündete fand, so war der Kampf noch immer gefähr- lich. Nicht so leicht war der kriegskundige Fürst zu ver- jagen; zuweilen sah man den Papst bei den schlechten Nach- richten erzittern, und außer sich gerathen; es soll ein Com- plott bestanden haben, ihn bei der Behandlung eines Leib- schadens an dem er litt, zu vergiften 2). Es gelang dem Papst, sich dieser Feinde zu erwehren: allein man sieht, wie schwer es ihm ward. Daß seine Partei von den
1)Franc. Vettori (Sommario della storia d'Italia) mit dem Medici sehr vertraut giebt diese Erklärung. Der Vertheidiger Franz Marias, Giov. Batt. Leoni (Vita di Francesco Maria) erzählt Dinge -- p. 166 f. -- die sehr nahe daran hinstreifen.
2) Fea hat in der Notizie intorno Rafaele p. 35. die Sen- tenz gegen die drei Cardinäle aus den Consistorialacten mitgetheilt, die ausdrücklich auf ihr Einverständniß mit dem Franz Maria hinweist.
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Unter LeoX.
menten der Empoͤrung erfuͤllte Provinzen zu behaupten ver- mochte.
Man hat ihm immer ſeinen Angriff auf Urbino zum Vorwurf gemacht, auf ein Fuͤrſtenhaus, bei dem ſein eig- nes Geſchlecht in der Verbannung Zuflucht und Aufnahme gefunden hatte. Die Urſache war: der Herzog hatte Sold von dem Papſte genommen, und war ihm darauf im Au- genblick der Entſcheidung abtruͤnnig geworden. Leo ſagte, „wenn er ihn nicht dafuͤr beſtrafe, ſo werde kein Baron im Kirchenſtaate ſo ohnmaͤchtig ſeyn, um ſich ihm nicht zu wi- derſetzen. Er habe das Pontificat in Anſehn gefunden und wolle es dabei behaupten“ 1). Da aber der Herzog we- nigſtens insgeheim Ruͤckhalt an den Franzoſen hatte, da er in dem ganzen Staate und ſelbſt in dem Cardinalcolle- gium Verbuͤndete fand, ſo war der Kampf noch immer gefaͤhr- lich. Nicht ſo leicht war der kriegskundige Fuͤrſt zu ver- jagen; zuweilen ſah man den Papſt bei den ſchlechten Nach- richten erzittern, und außer ſich gerathen; es ſoll ein Com- plott beſtanden haben, ihn bei der Behandlung eines Leib- ſchadens an dem er litt, zu vergiften 2). Es gelang dem Papſt, ſich dieſer Feinde zu erwehren: allein man ſieht, wie ſchwer es ihm ward. Daß ſeine Partei von den
1)Franc. Vettori (Sommario della storia d’Italia) mit dem Medici ſehr vertraut giebt dieſe Erklaͤrung. Der Vertheidiger Franz Marias, Giov. Batt. Leoni (Vita di Francesco Maria) erzaͤhlt Dinge — p. 166 f. — die ſehr nahe daran hinſtreifen.
2) Fea hat in der Notizie intorno Rafaele p. 35. die Sen- tenz gegen die drei Cardinaͤle aus den Conſiſtorialacten mitgetheilt, die ausdruͤcklich auf ihr Einverſtaͤndniß mit dem Franz Maria hinweiſt.
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Unter Leo X.
menten der Empoͤrung erfuͤllte Provinzen zu behaupten ver-
mochte.
Man hat ihm immer ſeinen Angriff auf Urbino zum
Vorwurf gemacht, auf ein Fuͤrſtenhaus, bei dem ſein eig-
nes Geſchlecht in der Verbannung Zuflucht und Aufnahme
gefunden hatte. Die Urſache war: der Herzog hatte Sold
von dem Papſte genommen, und war ihm darauf im Au-
genblick der Entſcheidung abtruͤnnig geworden. Leo ſagte,
„wenn er ihn nicht dafuͤr beſtrafe, ſo werde kein Baron im
Kirchenſtaate ſo ohnmaͤchtig ſeyn, um ſich ihm nicht zu wi-
derſetzen. Er habe das Pontificat in Anſehn gefunden und
wolle es dabei behaupten“ 1). Da aber der Herzog we-
nigſtens insgeheim Ruͤckhalt an den Franzoſen hatte, da
er in dem ganzen Staate und ſelbſt in dem Cardinalcolle-
gium Verbuͤndete fand, ſo war der Kampf noch immer gefaͤhr-
lich. Nicht ſo leicht war der kriegskundige Fuͤrſt zu ver-
jagen; zuweilen ſah man den Papſt bei den ſchlechten Nach-
richten erzittern, und außer ſich gerathen; es ſoll ein Com-
plott beſtanden haben, ihn bei der Behandlung eines Leib-
ſchadens an dem er litt, zu vergiften 2). Es gelang dem
Papſt, ſich dieſer Feinde zu erwehren: allein man ſieht,
wie ſchwer es ihm ward. Daß ſeine Partei von den
1) Franc. Vettori (Sommario della storia d’Italia) mit dem
Medici ſehr vertraut giebt dieſe Erklaͤrung. Der Vertheidiger Franz
Marias, Giov. Batt. Leoni (Vita di Francesco Maria) erzaͤhlt
Dinge — p. 166 f. — die ſehr nahe daran hinſtreifen.
2) Fea hat in der Notizie intorno Rafaele p. 35. die Sen-
tenz gegen die drei Cardinaͤle aus den Conſiſtorialacten mitgetheilt,
die ausdruͤcklich auf ihr Einverſtaͤndniß mit dem Franz Maria
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/109>, abgerufen am 05.07.2024.
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