Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

trennt, mit den Worten: Diejenige, der der Tod nur darum zuwider ist, weil ihr der Mörder seyd!

Der Charakter der Liebe in diesem Romane ist leidenschaftliches Streben nach sinnlichem Genuß, das aber durch schmelzende Schwärmerey und durch bewährte Treue im Leiden und im Genuß veredelt wird. Amadis zeigt die tiefste Unterwürfigkeit gegen seine Dame, und keine Aufopferung ist ihm zu schwer, wenn er ihren Ruf dadurch ausbreiten kann. Der Ausdruck seiner Leidenschaft ist förmlich, übertrieben, und oft orientalisch schwülstig.

Neben diesem Muster einer vollkommenen Liebe zeigen sich aber mehrere andere Helden, die dem Amadis an Treue und Edelmuth in der Liebe nicht ähneln. Unter andern ist der Bruder des Amadis, Galaor, nichts weniger als gewissenhaft in diesem Punkte. Ob er gleich an einer bestimmten Geliebten hängt, so läßt er sich doch jede Hülfe, die er den Schönen leistet, durch ihre Gunstbezeugung auf eine sehr materielle Art bezahlen. -

Eben dieser Geist zeigt sich in den Fortsetzungen des Amadis, welche sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigen: im Esplandian, Perion und Lisuart, Amadis de Grece, Don Florissel di Nichea und Anassarte, u. s. w. Ueberall die nehmliche weinerliche Empfindsamkeit, derselbe schwülstige Ausdruck: nur daß beydes noch steifer und unnatürlicher wird! Immer noch die nehmliche sinnliche Liebe und ihre Befriedigung vor der Ehe: immer noch die schlüpfrigen Beschreibungen, die Prinzessinnen, die sich selbst antragen, und

trennt, mit den Worten: Diejenige, der der Tod nur darum zuwider ist, weil ihr der Mörder seyd!

Der Charakter der Liebe in diesem Romane ist leidenschaftliches Streben nach sinnlichem Genuß, das aber durch schmelzende Schwärmerey und durch bewährte Treue im Leiden und im Genuß veredelt wird. Amadis zeigt die tiefste Unterwürfigkeit gegen seine Dame, und keine Aufopferung ist ihm zu schwer, wenn er ihren Ruf dadurch ausbreiten kann. Der Ausdruck seiner Leidenschaft ist förmlich, übertrieben, und oft orientalisch schwülstig.

Neben diesem Muster einer vollkommenen Liebe zeigen sich aber mehrere andere Helden, die dem Amadis an Treue und Edelmuth in der Liebe nicht ähneln. Unter andern ist der Bruder des Amadis, Galaor, nichts weniger als gewissenhaft in diesem Punkte. Ob er gleich an einer bestimmten Geliebten hängt, so läßt er sich doch jede Hülfe, die er den Schönen leistet, durch ihre Gunstbezeugung auf eine sehr materielle Art bezahlen. –

Eben dieser Geist zeigt sich in den Fortsetzungen des Amadis, welche sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigen: im Esplandian, Perion und Lisuart, Amadis de Grece, Don Florissel di Nichea und Anassarte, u. s. w. Ueberall die nehmliche weinerliche Empfindsamkeit, derselbe schwülstige Ausdruck: nur daß beydes noch steifer und unnatürlicher wird! Immer noch die nehmliche sinnliche Liebe und ihre Befriedigung vor der Ehe: immer noch die schlüpfrigen Beschreibungen, die Prinzessinnen, die sich selbst antragen, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="190"/>
trennt, mit den Worten: Diejenige, der der Tod nur darum zuwider ist, weil ihr der Mörder seyd!</p>
          <p>Der Charakter der Liebe in diesem Romane ist leidenschaftliches Streben nach sinnlichem Genuß, das aber durch schmelzende Schwärmerey und durch bewährte Treue im Leiden und im Genuß veredelt wird. Amadis zeigt die tiefste Unterwürfigkeit gegen seine Dame, und keine Aufopferung ist ihm zu schwer, wenn er ihren Ruf dadurch ausbreiten kann. Der Ausdruck seiner Leidenschaft ist förmlich, übertrieben, und oft orientalisch schwülstig.</p>
          <p>Neben diesem Muster einer vollkommenen Liebe zeigen sich aber mehrere andere Helden, die dem Amadis an Treue und Edelmuth in der Liebe nicht ähneln. Unter andern ist der Bruder des Amadis, Galaor, nichts weniger als gewissenhaft in diesem Punkte. Ob er gleich an einer bestimmten Geliebten hängt, so läßt er sich doch jede Hülfe, die er den Schönen leistet, durch ihre Gunstbezeugung auf eine sehr materielle Art bezahlen. &#x2013;</p>
          <p>Eben dieser Geist zeigt sich in den Fortsetzungen des Amadis, welche sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigen: im Esplandian, Perion und Lisuart, Amadis de Grece, Don Florissel di Nichea und Anassarte, u. s. w. Ueberall die nehmliche weinerliche Empfindsamkeit, derselbe schwülstige Ausdruck: nur daß beydes noch steifer und unnatürlicher wird! Immer noch die nehmliche sinnliche Liebe und ihre Befriedigung vor der Ehe: immer noch die schlüpfrigen Beschreibungen, die Prinzessinnen, die sich selbst antragen, und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0190] trennt, mit den Worten: Diejenige, der der Tod nur darum zuwider ist, weil ihr der Mörder seyd! Der Charakter der Liebe in diesem Romane ist leidenschaftliches Streben nach sinnlichem Genuß, das aber durch schmelzende Schwärmerey und durch bewährte Treue im Leiden und im Genuß veredelt wird. Amadis zeigt die tiefste Unterwürfigkeit gegen seine Dame, und keine Aufopferung ist ihm zu schwer, wenn er ihren Ruf dadurch ausbreiten kann. Der Ausdruck seiner Leidenschaft ist förmlich, übertrieben, und oft orientalisch schwülstig. Neben diesem Muster einer vollkommenen Liebe zeigen sich aber mehrere andere Helden, die dem Amadis an Treue und Edelmuth in der Liebe nicht ähneln. Unter andern ist der Bruder des Amadis, Galaor, nichts weniger als gewissenhaft in diesem Punkte. Ob er gleich an einer bestimmten Geliebten hängt, so läßt er sich doch jede Hülfe, die er den Schönen leistet, durch ihre Gunstbezeugung auf eine sehr materielle Art bezahlen. – Eben dieser Geist zeigt sich in den Fortsetzungen des Amadis, welche sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigen: im Esplandian, Perion und Lisuart, Amadis de Grece, Don Florissel di Nichea und Anassarte, u. s. w. Ueberall die nehmliche weinerliche Empfindsamkeit, derselbe schwülstige Ausdruck: nur daß beydes noch steifer und unnatürlicher wird! Immer noch die nehmliche sinnliche Liebe und ihre Befriedigung vor der Ehe: immer noch die schlüpfrigen Beschreibungen, die Prinzessinnen, die sich selbst antragen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/190
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/190>, abgerufen am 28.04.2024.