Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.die Ritter, welche die verliebten Abentheuer ohne Bedenken mit verheyratheten und unverheyratheten Damen zu Ende bringen. Auch erscheinen die Enkel nicht mehr so treu als ihr Aeltervater. Amadis de Grece verläßt seine erste Dame Lucelle, um Niquee zu heyrathen. Merkwürdig aber ist es, daß in den jüngern Fortsetzungen des Amadis nun auch Heldinnen vorkommen, die sich durch kriegerische Thaten auszeichnen, und daß man anfängt, sich bey der Darstellung des Kampfs zwischen Sinnlichkeit und Pflicht bey den Damen zu gefallen. Inzwischen triumphiert die erste jedesmahl, wenn ein Versprechen der Ehe von Seiten des Ritters den Fall bedeckt. Zu den Romanen der Spanier rechne ich diejenigen, deren Helden aus Griechenland und Konstantinopel hergenommen sind: Primaleon, Platir, den Sonnenritter, und Palmerin von Oliva. Der Geist des Amadis ist darin unverkennbar, ob er gleich hier mit schwächeren Schwingen schwebt. So wie die Kultur durch bessere bürgerliche Einrichtungen und durch eine ausgebreitetere Bekanntschaft mit den Künsten und Wissenschaften zunahm, so fiel der Geschmack an der Beschreibung der Ritterabentheuer, denen nur die Liebesabentheuer, als ein untergeordnetes Interesse, zur Abwechselung beygemischt wurden. Man verfertigte nunmehr eigentliche Liebesromane, in denen die Geschlechtsverbindung das Hauptinteresse auf sich zog, und denen man eine epische Einheit gab. Dahin gehören denn besonders zwey, die mir zu Gesicht gekommen sind: Il Carcel d'amore, das Gefängniß der Liebe, und la Diana di Montemajor. die Ritter, welche die verliebten Abentheuer ohne Bedenken mit verheyratheten und unverheyratheten Damen zu Ende bringen. Auch erscheinen die Enkel nicht mehr so treu als ihr Aeltervater. Amadis de Grece verläßt seine erste Dame Lucelle, um Niquee zu heyrathen. Merkwürdig aber ist es, daß in den jüngern Fortsetzungen des Amadis nun auch Heldinnen vorkommen, die sich durch kriegerische Thaten auszeichnen, und daß man anfängt, sich bey der Darstellung des Kampfs zwischen Sinnlichkeit und Pflicht bey den Damen zu gefallen. Inzwischen triumphiert die erste jedesmahl, wenn ein Versprechen der Ehe von Seiten des Ritters den Fall bedeckt. Zu den Romanen der Spanier rechne ich diejenigen, deren Helden aus Griechenland und Konstantinopel hergenommen sind: Primaleon, Platir, den Sonnenritter, und Palmerin von Oliva. Der Geist des Amadis ist darin unverkennbar, ob er gleich hier mit schwächeren Schwingen schwebt. So wie die Kultur durch bessere bürgerliche Einrichtungen und durch eine ausgebreitetere Bekanntschaft mit den Künsten und Wissenschaften zunahm, so fiel der Geschmack an der Beschreibung der Ritterabentheuer, denen nur die Liebesabentheuer, als ein untergeordnetes Interesse, zur Abwechselung beygemischt wurden. Man verfertigte nunmehr eigentliche Liebesromane, in denen die Geschlechtsverbindung das Hauptinteresse auf sich zog, und denen man eine epische Einheit gab. Dahin gehören denn besonders zwey, die mir zu Gesicht gekommen sind: Il Carcel d’amore, das Gefängniß der Liebe, und la Diana di Montemajor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0191" n="191"/> die Ritter, welche die verliebten Abentheuer ohne Bedenken mit verheyratheten und unverheyratheten Damen zu Ende bringen. Auch erscheinen die Enkel nicht mehr so treu als ihr Aeltervater. Amadis de Grece verläßt seine erste Dame Lucelle, um Niquee zu heyrathen.</p> <p>Merkwürdig aber ist es, daß in den jüngern Fortsetzungen des Amadis nun auch Heldinnen vorkommen, die sich durch kriegerische Thaten auszeichnen, und daß man anfängt, sich bey der Darstellung des Kampfs zwischen Sinnlichkeit und Pflicht bey den Damen zu gefallen. Inzwischen triumphiert die erste jedesmahl, wenn ein Versprechen der Ehe von Seiten des Ritters den Fall bedeckt.</p> <p>Zu den Romanen der Spanier rechne ich diejenigen, deren Helden aus Griechenland und Konstantinopel hergenommen sind: Primaleon, Platir, den Sonnenritter, und Palmerin von Oliva. Der Geist des Amadis ist darin unverkennbar, ob er gleich hier mit schwächeren Schwingen schwebt.</p> <p>So wie die Kultur durch bessere bürgerliche Einrichtungen und durch eine ausgebreitetere Bekanntschaft mit den Künsten und Wissenschaften zunahm, so fiel der Geschmack an der Beschreibung der Ritterabentheuer, denen nur die Liebesabentheuer, als ein untergeordnetes Interesse, zur Abwechselung beygemischt wurden. Man verfertigte nunmehr eigentliche Liebesromane, in denen die Geschlechtsverbindung das Hauptinteresse auf sich zog, und denen man eine epische Einheit gab. Dahin gehören denn besonders zwey, die mir zu Gesicht gekommen sind: <hi rendition="#aq">Il Carcel d’amore,</hi> das Gefängniß der Liebe, und <hi rendition="#aq">la Diana di Montemajor.</hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0191]
die Ritter, welche die verliebten Abentheuer ohne Bedenken mit verheyratheten und unverheyratheten Damen zu Ende bringen. Auch erscheinen die Enkel nicht mehr so treu als ihr Aeltervater. Amadis de Grece verläßt seine erste Dame Lucelle, um Niquee zu heyrathen.
Merkwürdig aber ist es, daß in den jüngern Fortsetzungen des Amadis nun auch Heldinnen vorkommen, die sich durch kriegerische Thaten auszeichnen, und daß man anfängt, sich bey der Darstellung des Kampfs zwischen Sinnlichkeit und Pflicht bey den Damen zu gefallen. Inzwischen triumphiert die erste jedesmahl, wenn ein Versprechen der Ehe von Seiten des Ritters den Fall bedeckt.
Zu den Romanen der Spanier rechne ich diejenigen, deren Helden aus Griechenland und Konstantinopel hergenommen sind: Primaleon, Platir, den Sonnenritter, und Palmerin von Oliva. Der Geist des Amadis ist darin unverkennbar, ob er gleich hier mit schwächeren Schwingen schwebt.
So wie die Kultur durch bessere bürgerliche Einrichtungen und durch eine ausgebreitetere Bekanntschaft mit den Künsten und Wissenschaften zunahm, so fiel der Geschmack an der Beschreibung der Ritterabentheuer, denen nur die Liebesabentheuer, als ein untergeordnetes Interesse, zur Abwechselung beygemischt wurden. Man verfertigte nunmehr eigentliche Liebesromane, in denen die Geschlechtsverbindung das Hauptinteresse auf sich zog, und denen man eine epische Einheit gab. Dahin gehören denn besonders zwey, die mir zu Gesicht gekommen sind: Il Carcel d’amore, das Gefängniß der Liebe, und la Diana di Montemajor.
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