Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Pallast
der alten Akteurs von den ehernen Gefäßen in ihren
Theatern, mit wohlgefälligerem Wiederhall zurück-
schallt.

Aber dazu muß der Künstler früh, sehr früh,
so bald nur das eigentliche strenge Studium der Kunst
anfängt, nach Rom gehen. Dies ist der einzige
Ort, wo der gute Geschmack gleichsam in Reserve
ruht. Hier thut der Künstler keinen Schritt, der
nicht seinen Geschmack für das Schöne entweder aus-
füllt oder rege macht. Hier buhlt er nicht um die
Gunst verwahrloseter Weichlinge, und ihrer verzär-
telten Freundinnen. Hier leidet die Vergleichung
mit edler Schönheit, mit bedeutungsvoller Wahrheit
keine witzige Carricaturen, keine Schattenrisse gezier-
ter Anmuth. Hier endlich ist allein Freiheit, Nach-
eiferung, Antike und Raphael.

Und daß ich mir hier die Ausführung eines Pro-
jekts zu einer Anstalt denken dürfte, die für Sitt-
lichkeit und Ausbildung fremder Künstler von so un-
endlichem Nutzen wäre! Ich wünschte nämlich Män-
ner von gutem Herkommen und guter Erziehung, die
bei gehörig gebildetem Geschmack und einer Liebhabe-
rei zu den Künsten, die bis zur Aufopferung aller übri-
gen Neigungen gienge, den Pensionairs, die ein oder
mehrere Höfe hier erhalten, statt der Direkteurs der
Academien, welche Künstler sind, vorgesetzt zu
sehen.

Ich wünschte daß es Männer von gewissen
Jahren wären, die, verheirathet und reichlich besol-
det, sich der moralischen Erziehung der jungen Künst-
ler annehmen, ihnen bei ihrer Bildung als Künstler
mit Rath und That zu Hülfe kommen könnten, ohne

gerade

Pallaſt
der alten Akteurs von den ehernen Gefaͤßen in ihren
Theatern, mit wohlgefaͤlligerem Wiederhall zuruͤck-
ſchallt.

Aber dazu muß der Kuͤnſtler fruͤh, ſehr fruͤh,
ſo bald nur das eigentliche ſtrenge Studium der Kunſt
anfaͤngt, nach Rom gehen. Dies iſt der einzige
Ort, wo der gute Geſchmack gleichſam in Reſerve
ruht. Hier thut der Kuͤnſtler keinen Schritt, der
nicht ſeinen Geſchmack fuͤr das Schoͤne entweder aus-
fuͤllt oder rege macht. Hier buhlt er nicht um die
Gunſt verwahrloſeter Weichlinge, und ihrer verzaͤr-
telten Freundinnen. Hier leidet die Vergleichung
mit edler Schoͤnheit, mit bedeutungsvoller Wahrheit
keine witzige Carricaturen, keine Schattenriſſe gezier-
ter Anmuth. Hier endlich iſt allein Freiheit, Nach-
eiferung, Antike und Raphael.

Und daß ich mir hier die Ausfuͤhrung eines Pro-
jekts zu einer Anſtalt denken duͤrfte, die fuͤr Sitt-
lichkeit und Ausbildung fremder Kuͤnſtler von ſo un-
endlichem Nutzen waͤre! Ich wuͤnſchte naͤmlich Maͤn-
ner von gutem Herkommen und guter Erziehung, die
bei gehoͤrig gebildetem Geſchmack und einer Liebhabe-
rei zu den Kuͤnſten, die bis zur Aufopferung aller uͤbri-
gen Neigungen gienge, den Penſionairs, die ein oder
mehrere Hoͤfe hier erhalten, ſtatt der Direkteurs der
Academien, welche Kuͤnſtler ſind, vorgeſetzt zu
ſehen.

Ich wuͤnſchte daß es Maͤnner von gewiſſen
Jahren waͤren, die, verheirathet und reichlich beſol-
det, ſich der moraliſchen Erziehung der jungen Kuͤnſt-
ler annehmen, ihnen bei ihrer Bildung als Kuͤnſtler
mit Rath und That zu Huͤlfe kommen koͤnnten, ohne

gerade
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="154"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Palla&#x017F;t</hi></fw><lb/>
der alten Akteurs von den ehernen Gefa&#x0364;ßen in ihren<lb/>
Theatern, mit wohlgefa&#x0364;lligerem Wiederhall zuru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;challt.</p><lb/>
        <p>Aber dazu muß der Ku&#x0364;n&#x017F;tler fru&#x0364;h, &#x017F;ehr fru&#x0364;h,<lb/>
&#x017F;o bald nur das eigentliche &#x017F;trenge Studium der Kun&#x017F;t<lb/>
anfa&#x0364;ngt, nach Rom gehen. Dies i&#x017F;t der einzige<lb/>
Ort, wo der gute Ge&#x017F;chmack gleich&#x017F;am in Re&#x017F;erve<lb/>
ruht. Hier thut der Ku&#x0364;n&#x017F;tler keinen Schritt, der<lb/>
nicht &#x017F;einen Ge&#x017F;chmack fu&#x0364;r das Scho&#x0364;ne entweder aus-<lb/>
fu&#x0364;llt oder rege macht. Hier buhlt er nicht um die<lb/>
Gun&#x017F;t verwahrlo&#x017F;eter Weichlinge, und ihrer verza&#x0364;r-<lb/>
telten Freundinnen. Hier leidet die Vergleichung<lb/>
mit edler Scho&#x0364;nheit, mit bedeutungsvoller Wahrheit<lb/>
keine witzige Carricaturen, keine Schattenri&#x017F;&#x017F;e gezier-<lb/>
ter Anmuth. Hier endlich i&#x017F;t allein Freiheit, Nach-<lb/>
eiferung, Antike und Raphael.</p><lb/>
        <p>Und daß ich mir hier die Ausfu&#x0364;hrung eines Pro-<lb/>
jekts zu einer An&#x017F;talt denken du&#x0364;rfte, die fu&#x0364;r Sitt-<lb/>
lichkeit und Ausbildung fremder Ku&#x0364;n&#x017F;tler von &#x017F;o un-<lb/>
endlichem Nutzen wa&#x0364;re! Ich wu&#x0364;n&#x017F;chte na&#x0364;mlich Ma&#x0364;n-<lb/>
ner von gutem Herkommen und guter Erziehung, die<lb/>
bei geho&#x0364;rig gebildetem Ge&#x017F;chmack und einer Liebhabe-<lb/>
rei zu den Ku&#x0364;n&#x017F;ten, die bis zur Aufopferung aller u&#x0364;bri-<lb/>
gen Neigungen gienge, den Pen&#x017F;ionairs, die ein oder<lb/>
mehrere Ho&#x0364;fe hier erhalten, &#x017F;tatt der Direkteurs der<lb/>
Academien, welche Ku&#x0364;n&#x017F;tler &#x017F;ind, vorge&#x017F;etzt zu<lb/>
&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Ich wu&#x0364;n&#x017F;chte daß es Ma&#x0364;nner von gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Jahren wa&#x0364;ren, die, verheirathet und reichlich be&#x017F;ol-<lb/>
det, &#x017F;ich der morali&#x017F;chen Erziehung der jungen Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
ler annehmen, ihnen bei ihrer Bildung als Ku&#x0364;n&#x017F;tler<lb/>
mit Rath und That zu Hu&#x0364;lfe kommen ko&#x0364;nnten, ohne<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gerade</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0178] Pallaſt der alten Akteurs von den ehernen Gefaͤßen in ihren Theatern, mit wohlgefaͤlligerem Wiederhall zuruͤck- ſchallt. Aber dazu muß der Kuͤnſtler fruͤh, ſehr fruͤh, ſo bald nur das eigentliche ſtrenge Studium der Kunſt anfaͤngt, nach Rom gehen. Dies iſt der einzige Ort, wo der gute Geſchmack gleichſam in Reſerve ruht. Hier thut der Kuͤnſtler keinen Schritt, der nicht ſeinen Geſchmack fuͤr das Schoͤne entweder aus- fuͤllt oder rege macht. Hier buhlt er nicht um die Gunſt verwahrloſeter Weichlinge, und ihrer verzaͤr- telten Freundinnen. Hier leidet die Vergleichung mit edler Schoͤnheit, mit bedeutungsvoller Wahrheit keine witzige Carricaturen, keine Schattenriſſe gezier- ter Anmuth. Hier endlich iſt allein Freiheit, Nach- eiferung, Antike und Raphael. Und daß ich mir hier die Ausfuͤhrung eines Pro- jekts zu einer Anſtalt denken duͤrfte, die fuͤr Sitt- lichkeit und Ausbildung fremder Kuͤnſtler von ſo un- endlichem Nutzen waͤre! Ich wuͤnſchte naͤmlich Maͤn- ner von gutem Herkommen und guter Erziehung, die bei gehoͤrig gebildetem Geſchmack und einer Liebhabe- rei zu den Kuͤnſten, die bis zur Aufopferung aller uͤbri- gen Neigungen gienge, den Penſionairs, die ein oder mehrere Hoͤfe hier erhalten, ſtatt der Direkteurs der Academien, welche Kuͤnſtler ſind, vorgeſetzt zu ſehen. Ich wuͤnſchte daß es Maͤnner von gewiſſen Jahren waͤren, die, verheirathet und reichlich beſol- det, ſich der moraliſchen Erziehung der jungen Kuͤnſt- ler annehmen, ihnen bei ihrer Bildung als Kuͤnſtler mit Rath und That zu Huͤlfe kommen koͤnnten, ohne gerade

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/178
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/178>, abgerufen am 24.11.2024.