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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Barberini.
Forderungen. Welche Quelle neuer und der Mah-
lerei eigenthümlicher Schönheiten in der gleichzeitigen
Beäugung der Ursach und der Aeußerung der Af-
fekten liege, davon noch weiter unten.

Also der interessante Ausdruck eines dramatischen
Gemähldes muß vollständig seyn, das heißt: ich
muß dessen Billigkeit nach der Ursach die ihn moti-
virt, aus dem Bilde selbst beurtheilen können.

Und wie kann ich das, wenn er nicht zu gleicher
Zeit äußerst bestimmt ist, wenn ich mir nicht sagen
kann: der Mann der sich so und nicht anders ge-
bärdet, muß nothwendig von einem Objekte die und
keine andere Impression erhalten haben?

Gedanken die der aufgestellte Akteur als Gedan-
ken in seiner Seele bewahrt, lassen sich nicht mahlen.
Denn die einzige Art wie die Mahlerei das was in
dem Innern des Menschen vorgeht, sinnlich macht,
ist die Veränderung, die dadurch auf den Körper
hervorgebracht wird, und durch bloße Vorstellungen,
Ideen, Begriffe, wird die Lage des Körpers nicht
besonders modificirt. Doch! sollte der Akteur im
Bilde, der gemahlte Akteur nicht wiederum zum
Mahler werden können? Elender Behelf! der
längst von dem Theater proscribirt ist, und den wir
auch im Rahmen nicht dulden sollten. Ein gemahl-
ter Akteur, der auf ein anderes Gemählde im Bilde
zeigt, das die Gedanken seiner Seele schildert, ist
mir eben so frostig lächerlich und anmaaßend unwahr-
scheinlich, als der Mimiker, der, wenn er die Welt
bezeichnen will, den Arm in einen Cirkel herum wen-
det. Man muß sich immer denken, daß die vor

uns
T 5

Pallaſt Barberini.
Forderungen. Welche Quelle neuer und der Mah-
lerei eigenthuͤmlicher Schoͤnheiten in der gleichzeitigen
Beaͤugung der Urſach und der Aeußerung der Af-
fekten liege, davon noch weiter unten.

Alſo der intereſſante Ausdruck eines dramatiſchen
Gemaͤhldes muß vollſtaͤndig ſeyn, das heißt: ich
muß deſſen Billigkeit nach der Urſach die ihn moti-
virt, aus dem Bilde ſelbſt beurtheilen koͤnnen.

Und wie kann ich das, wenn er nicht zu gleicher
Zeit aͤußerſt beſtimmt iſt, wenn ich mir nicht ſagen
kann: der Mann der ſich ſo und nicht anders ge-
baͤrdet, muß nothwendig von einem Objekte die und
keine andere Impreſſion erhalten haben?

Gedanken die der aufgeſtellte Akteur als Gedan-
ken in ſeiner Seele bewahrt, laſſen ſich nicht mahlen.
Denn die einzige Art wie die Mahlerei das was in
dem Innern des Menſchen vorgeht, ſinnlich macht,
iſt die Veraͤnderung, die dadurch auf den Koͤrper
hervorgebracht wird, und durch bloße Vorſtellungen,
Ideen, Begriffe, wird die Lage des Koͤrpers nicht
beſonders modificirt. Doch! ſollte der Akteur im
Bilde, der gemahlte Akteur nicht wiederum zum
Mahler werden koͤnnen? Elender Behelf! der
laͤngſt von dem Theater proſcribirt iſt, und den wir
auch im Rahmen nicht dulden ſollten. Ein gemahl-
ter Akteur, der auf ein anderes Gemaͤhlde im Bilde
zeigt, das die Gedanken ſeiner Seele ſchildert, iſt
mir eben ſo froſtig laͤcherlich und anmaaßend unwahr-
ſcheinlich, als der Mimiker, der, wenn er die Welt
bezeichnen will, den Arm in einen Cirkel herum wen-
det. Man muß ſich immer denken, daß die vor

uns
T 5
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[297/0311] Pallaſt Barberini. Forderungen. Welche Quelle neuer und der Mah- lerei eigenthuͤmlicher Schoͤnheiten in der gleichzeitigen Beaͤugung der Urſach und der Aeußerung der Af- fekten liege, davon noch weiter unten. Alſo der intereſſante Ausdruck eines dramatiſchen Gemaͤhldes muß vollſtaͤndig ſeyn, das heißt: ich muß deſſen Billigkeit nach der Urſach die ihn moti- virt, aus dem Bilde ſelbſt beurtheilen koͤnnen. Und wie kann ich das, wenn er nicht zu gleicher Zeit aͤußerſt beſtimmt iſt, wenn ich mir nicht ſagen kann: der Mann der ſich ſo und nicht anders ge- baͤrdet, muß nothwendig von einem Objekte die und keine andere Impreſſion erhalten haben? Gedanken die der aufgeſtellte Akteur als Gedan- ken in ſeiner Seele bewahrt, laſſen ſich nicht mahlen. Denn die einzige Art wie die Mahlerei das was in dem Innern des Menſchen vorgeht, ſinnlich macht, iſt die Veraͤnderung, die dadurch auf den Koͤrper hervorgebracht wird, und durch bloße Vorſtellungen, Ideen, Begriffe, wird die Lage des Koͤrpers nicht beſonders modificirt. Doch! ſollte der Akteur im Bilde, der gemahlte Akteur nicht wiederum zum Mahler werden koͤnnen? Elender Behelf! der laͤngſt von dem Theater proſcribirt iſt, und den wir auch im Rahmen nicht dulden ſollten. Ein gemahl- ter Akteur, der auf ein anderes Gemaͤhlde im Bilde zeigt, das die Gedanken ſeiner Seele ſchildert, iſt mir eben ſo froſtig laͤcherlich und anmaaßend unwahr- ſcheinlich, als der Mimiker, der, wenn er die Welt bezeichnen will, den Arm in einen Cirkel herum wen- det. Man muß ſich immer denken, daß die vor uns T 5

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/311>, abgerufen am 22.11.2024.