contrastirt. Guido Reni soll durch die Kupferstiche des Albert Dürers zuerst auf diese Entdeckung geleitet seyn, oder vielmehr das was dort schon im Keime lag, nur entwickelt haben.
Seine Zeichnung war äußerst fein, aber nicht immer ganz richtig, und zuletzt verfiel er ins Ma- nierirte. Sein Colorit ist sich sehr ungleich. Zu- erst folgte er der Manier der Carracci, deren Schü- ler er war, und dann ist es ziegelroth im Lichte und traurig grau im Schatten. Bald darauf scheint er sich den M. A. Carravaggio zum Muster genommen zu haben; da findet man die Lichter ins Gelbe, die Schatten ins Schwarze übertrieben. Hierauf nä- herte er sich dem Correggio oder ward vielmehr selbst Original, und so ist sein Colorit äußerst lieblich, frisch, hell, und dennoch kräftig. Die Halbschat- ten fallen inzwischen ins Grüne. Endlich ward er sein eigener Copist, manierirter Handwerker, und nun zeichnen sich seine Gemählde kaum von colorirten Kupferstichen aus, sind kreideweiß in den Lichtern, und grün in den Schatten. Doch auch dann zieht er noch immer durch die Harmonie der Farben an. Es ist immer nur ein Ton, in den das Ganze ein- stimmt, er mag traurig, finster, hell oder schwach seyn. Doch gilt dies wieder hauptsächlich von seinen einzelnen Figuren, von seinen größeren Compositio- nen kann man dies nicht durchaus behaupten.
Zuweilen ist das Helldunkle vortrefflich beobach- tet; aber auf seine Gemählde mit mehreren Figuren kann dieses Lob nicht in seinem vollen Umfange aus-
gedeh-
Pallaſt Quirinale.
contraſtirt. Guido Reni ſoll durch die Kupferſtiche des Albert Duͤrers zuerſt auf dieſe Entdeckung geleitet ſeyn, oder vielmehr das was dort ſchon im Keime lag, nur entwickelt haben.
Seine Zeichnung war aͤußerſt fein, aber nicht immer ganz richtig, und zuletzt verfiel er ins Ma- nierirte. Sein Colorit iſt ſich ſehr ungleich. Zu- erſt folgte er der Manier der Carracci, deren Schuͤ- ler er war, und dann iſt es ziegelroth im Lichte und traurig grau im Schatten. Bald darauf ſcheint er ſich den M. A. Carravaggio zum Muſter genommen zu haben; da findet man die Lichter ins Gelbe, die Schatten ins Schwarze uͤbertrieben. Hierauf naͤ- herte er ſich dem Correggio oder ward vielmehr ſelbſt Original, und ſo iſt ſein Colorit aͤußerſt lieblich, friſch, hell, und dennoch kraͤftig. Die Halbſchat- ten fallen inzwiſchen ins Gruͤne. Endlich ward er ſein eigener Copiſt, manierirter Handwerker, und nun zeichnen ſich ſeine Gemaͤhlde kaum von colorirten Kupferſtichen aus, ſind kreideweiß in den Lichtern, und gruͤn in den Schatten. Doch auch dann zieht er noch immer durch die Harmonie der Farben an. Es iſt immer nur ein Ton, in den das Ganze ein- ſtimmt, er mag traurig, finſter, hell oder ſchwach ſeyn. Doch gilt dies wieder hauptſaͤchlich von ſeinen einzelnen Figuren, von ſeinen groͤßeren Compoſitio- nen kann man dies nicht durchaus behaupten.
Zuweilen iſt das Helldunkle vortrefflich beobach- tet; aber auf ſeine Gemaͤhlde mit mehreren Figuren kann dieſes Lob nicht in ſeinem vollen Umfange aus-
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Pallaſt Quirinale.
contraſtirt. Guido Reni ſoll durch die Kupferſtiche
des Albert Duͤrers zuerſt auf dieſe Entdeckung geleitet
ſeyn, oder vielmehr das was dort ſchon im Keime
lag, nur entwickelt haben.
Seine Zeichnung war aͤußerſt fein, aber nicht
immer ganz richtig, und zuletzt verfiel er ins Ma-
nierirte. Sein Colorit iſt ſich ſehr ungleich. Zu-
erſt folgte er der Manier der Carracci, deren Schuͤ-
ler er war, und dann iſt es ziegelroth im Lichte und
traurig grau im Schatten. Bald darauf ſcheint er
ſich den M. A. Carravaggio zum Muſter genommen
zu haben; da findet man die Lichter ins Gelbe, die
Schatten ins Schwarze uͤbertrieben. Hierauf naͤ-
herte er ſich dem Correggio oder ward vielmehr ſelbſt
Original, und ſo iſt ſein Colorit aͤußerſt lieblich,
friſch, hell, und dennoch kraͤftig. Die Halbſchat-
ten fallen inzwiſchen ins Gruͤne. Endlich ward er
ſein eigener Copiſt, manierirter Handwerker, und
nun zeichnen ſich ſeine Gemaͤhlde kaum von colorirten
Kupferſtichen aus, ſind kreideweiß in den Lichtern,
und gruͤn in den Schatten. Doch auch dann zieht
er noch immer durch die Harmonie der Farben an.
Es iſt immer nur ein Ton, in den das Ganze ein-
ſtimmt, er mag traurig, finſter, hell oder ſchwach
ſeyn. Doch gilt dies wieder hauptſaͤchlich von ſeinen
einzelnen Figuren, von ſeinen groͤßeren Compoſitio-
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/201>, abgerufen am 16.02.2025.
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