lerischen merkt man es an, daß er keine ganz sichere, auf wahre Kenntniß des Wesens dieser dramatischen Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft vermißt man in seinen größeren Compositionen, Grux- pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile wodurch ein weitläuftiges Gemählde zu einem schö- nen Ganzen wird.
In einzelnen Gestalten also hat Guido seine Größe. Man findet in ihnen die schönste Natur seiner Zeit in die Form der Antike gegossen. Die Umrisse seiner Körper sind äußerst swelt, vorzüglich mahlte er schöne Hände.
Die Gewänder dieses Meisters werden sehr ge- schätzt. Er führte vielleicht zuerst die halbflachen Falten ein, die man im Französischen plis formes d'une maniere meplate nennt. Wenn nämlich ein Gewand über ein rundes Glied fällt, so pflegt es nicht immer rund anzuliegen, sondern es bildet in der Mitte eine halbrunde Fläche. Es nimmt durch seine eigene Consistenz und durch das Gesetz der Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die Plis formes d' une ma- niere me- plate.ihr die Impression des Körpers giebt, an dem es ruht. Es ist rund durch das Glied, an welches es in der Mitte anstößt, und es wird aus einander ge- zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge- wandes.
Diese Art die Falten zu schlagen, ist sehr vor- theilhaft für die Beleuchtung, weil sie die hellen und dunkeln Partien nicht zu sehr unterbricht, und mit den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm
contra-
Pallaſt Quirinale.
leriſchen merkt man es an, daß er keine ganz ſichere, auf wahre Kenntniß des Weſens dieſer dramatiſchen Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft vermißt man in ſeinen groͤßeren Compoſitionen, Grux- pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile wodurch ein weitlaͤuftiges Gemaͤhlde zu einem ſchoͤ- nen Ganzen wird.
In einzelnen Geſtalten alſo hat Guido ſeine Groͤße. Man findet in ihnen die ſchoͤnſte Natur ſeiner Zeit in die Form der Antike gegoſſen. Die Umriſſe ſeiner Koͤrper ſind aͤußerſt ſwelt, vorzuͤglich mahlte er ſchoͤne Haͤnde.
Die Gewaͤnder dieſes Meiſters werden ſehr ge- ſchaͤtzt. Er fuͤhrte vielleicht zuerſt die halbflachen Falten ein, die man im Franzoͤſiſchen plis formés d’une maniere méplate nennt. Wenn naͤmlich ein Gewand uͤber ein rundes Glied faͤllt, ſo pflegt es nicht immer rund anzuliegen, ſondern es bildet in der Mitte eine halbrunde Flaͤche. Es nimmt durch ſeine eigene Conſiſtenz und durch das Geſetz der Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die Plis formés d’ une ma- niere mé- plate.ihr die Impreſſion des Koͤrpers giebt, an dem es ruht. Es iſt rund durch das Glied, an welches es in der Mitte anſtoͤßt, und es wird aus einander ge- zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge- wandes.
Dieſe Art die Falten zu ſchlagen, iſt ſehr vor- theilhaft fuͤr die Beleuchtung, weil ſie die hellen und dunkeln Partien nicht zu ſehr unterbricht, und mit den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm
contra-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0200"n="186"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Pallaſt Quirinale.</hi></fw><lb/>
leriſchen merkt man es an, daß er keine ganz ſichere,<lb/>
auf wahre Kenntniß des Weſens dieſer dramatiſchen<lb/>
Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft<lb/>
vermißt man in ſeinen groͤßeren Compoſitionen, Grux-<lb/>
pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile<lb/>
wodurch ein weitlaͤuftiges Gemaͤhlde zu einem ſchoͤ-<lb/>
nen Ganzen wird.</p><lb/><p>In <hirendition="#fr">einzelnen Geſtalten</hi> alſo hat Guido ſeine<lb/>
Groͤße. Man findet in ihnen die ſchoͤnſte Natur<lb/>ſeiner Zeit in die Form der Antike gegoſſen. Die<lb/>
Umriſſe ſeiner Koͤrper ſind aͤußerſt ſwelt, vorzuͤglich<lb/>
mahlte er ſchoͤne Haͤnde.</p><lb/><p>Die Gewaͤnder dieſes Meiſters werden ſehr ge-<lb/>ſchaͤtzt. Er fuͤhrte vielleicht zuerſt die halbflachen<lb/>
Falten ein, die man im Franzoͤſiſchen <hirendition="#aq">plis formés<lb/>
d’une maniere méplate</hi> nennt. Wenn naͤmlich<lb/>
ein Gewand uͤber ein rundes Glied faͤllt, ſo pflegt es<lb/>
nicht immer rund anzuliegen, ſondern es bildet in<lb/>
der Mitte eine halbrunde Flaͤche. Es nimmt durch<lb/>ſeine eigene Conſiſtenz und durch das Geſetz der<lb/>
Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die<lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">Plis formés<lb/>
d’ une ma-<lb/>
niere mé-<lb/>
plate.</hi></note>ihr die Impreſſion des Koͤrpers giebt, an dem es<lb/>
ruht. Es iſt rund durch das Glied, an welches es<lb/>
in der Mitte anſtoͤßt, und es wird aus einander ge-<lb/>
zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den<lb/>
Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge-<lb/>
wandes.</p><lb/><p>Dieſe Art die Falten zu ſchlagen, iſt ſehr vor-<lb/>
theilhaft fuͤr die Beleuchtung, weil ſie die hellen und<lb/>
dunkeln Partien nicht zu ſehr unterbricht, und mit<lb/>
den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm<lb/><fwplace="bottom"type="catch">contra-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[186/0200]
Pallaſt Quirinale.
leriſchen merkt man es an, daß er keine ganz ſichere,
auf wahre Kenntniß des Weſens dieſer dramatiſchen
Art von Mahlerei gebauete Begriffe hatte. Oft
vermißt man in ſeinen groͤßeren Compoſitionen, Grux-
pirung, Helldunkles, Harmonie, kurz! die Theile
wodurch ein weitlaͤuftiges Gemaͤhlde zu einem ſchoͤ-
nen Ganzen wird.
In einzelnen Geſtalten alſo hat Guido ſeine
Groͤße. Man findet in ihnen die ſchoͤnſte Natur
ſeiner Zeit in die Form der Antike gegoſſen. Die
Umriſſe ſeiner Koͤrper ſind aͤußerſt ſwelt, vorzuͤglich
mahlte er ſchoͤne Haͤnde.
Die Gewaͤnder dieſes Meiſters werden ſehr ge-
ſchaͤtzt. Er fuͤhrte vielleicht zuerſt die halbflachen
Falten ein, die man im Franzoͤſiſchen plis formés
d’une maniere méplate nennt. Wenn naͤmlich
ein Gewand uͤber ein rundes Glied faͤllt, ſo pflegt es
nicht immer rund anzuliegen, ſondern es bildet in
der Mitte eine halbrunde Flaͤche. Es nimmt durch
ſeine eigene Conſiſtenz und durch das Geſetz der
Schwere noch eine andere Lage an, als diejenige die
ihr die Impreſſion des Koͤrpers giebt, an dem es
ruht. Es iſt rund durch das Glied, an welches es
in der Mitte anſtoͤßt, und es wird aus einander ge-
zogen durch die Steifigkeit des Stoffs und durch den
Fall auf andere Glieder oder andere Falten des Ge-
wandes.
Plis formés
d’ une ma-
niere mé-
plate.
Dieſe Art die Falten zu ſchlagen, iſt ſehr vor-
theilhaft fuͤr die Beleuchtung, weil ſie die hellen und
dunkeln Partien nicht zu ſehr unterbricht, und mit
den eckigten oder auch ganz runden Falten angenehm
contra-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/200>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.