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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Das Märchen vom ersten April.
unvermögend sey, die Geschenke der Feen zu ver-
nichten; und um deßwillen war sie überzeugt, daß
der junge Prinz, der den Namen T' Siamma
bekommen hatte, ein Freund der Götter, und ein
guter Regent, liebenswürdig, weise und reich
werden würde: Aber sie kannte auch die Gewalt
des schrecklichen Ciongock, und wußte, daß dieser
tausend Wege erfinden würde, den Ruhm und
die Vortheile zu verhindern, welche der Prinz
von diesen Geschenken der Feen erwarten konnte.
Um deßwillen wandte sie bey seiner Erziehung
alle Sorgfalt an, ihn zur Standhastigkeit, und
Gelassenheit zu gewöhnen. Sie wiederholte ihm
diese Vermahnungen bis in sein achtzehntes Jahr,
da er nach den Gesetzen des Landes die Regierung
übernehmen konnte. Sie führte ihn selbst zu dem
erledigten Throne, übergab ihn dem Beystande
der versammelten Räthe, umarmte ihn noch ein-
mal mit einer mütterlichen Zärtlichkeit, und sprach:
Prinz! sey deines Vaters würdig, und ver-
giß nicht, daß die Tugend ihre Freunde be-
lohnt, wenn sie auch von der ganzen Welt
verkannt wird!
Hier schwieg sie, sah ihn zum
letztenmale liebreich und mitleidig an, und schwung
sich auf einer blauen Wolke in die Höhe, um nach
ihren glücklichen Wohnungen zurück zu kehren,
oder in einem andern Lande die Erziehung eines
jungen Prinzen zu übernehmen, welches sie,
als eine Freundinn der Menschen, ihre einzige
und liebste Beschäfftigung seyn ließ, da sie wußte,
daß durch die tugendhafte Erziehung eines ein-

zigen

Das Maͤrchen vom erſten April.
unvermoͤgend ſey, die Geſchenke der Feen zu ver-
nichten; und um deßwillen war ſie uͤberzeugt, daß
der junge Prinz, der den Namen T’ Siamma
bekommen hatte, ein Freund der Goͤtter, und ein
guter Regent, liebenswuͤrdig, weiſe und reich
werden wuͤrde: Aber ſie kannte auch die Gewalt
des ſchrecklichen Ciongock, und wußte, daß dieſer
tauſend Wege erfinden wuͤrde, den Ruhm und
die Vortheile zu verhindern, welche der Prinz
von dieſen Geſchenken der Feen erwarten konnte.
Um deßwillen wandte ſie bey ſeiner Erziehung
alle Sorgfalt an, ihn zur Standhaſtigkeit, und
Gelaſſenheit zu gewoͤhnen. Sie wiederholte ihm
dieſe Vermahnungen bis in ſein achtzehntes Jahr,
da er nach den Geſetzen des Landes die Regierung
uͤbernehmen konnte. Sie fuͤhrte ihn ſelbſt zu dem
erledigten Throne, uͤbergab ihn dem Beyſtande
der verſammelten Raͤthe, umarmte ihn noch ein-
mal mit einer muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit, und ſprach:
Prinz! ſey deines Vaters wuͤrdig, und ver-
giß nicht, daß die Tugend ihre Freunde be-
lohnt, wenn ſie auch von der ganzen Welt
verkannt wird!
Hier ſchwieg ſie, ſah ihn zum
letztenmale liebreich und mitleidig an, und ſchwung
ſich auf einer blauen Wolke in die Hoͤhe, um nach
ihren gluͤcklichen Wohnungen zuruͤck zu kehren,
oder in einem andern Lande die Erziehung eines
jungen Prinzen zu uͤbernehmen, welches ſie,
als eine Freundinn der Menſchen, ihre einzige
und liebſte Beſchaͤfftigung ſeyn ließ, da ſie wußte,
daß durch die tugendhafte Erziehung eines ein-

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[466[464]/0488] Das Maͤrchen vom erſten April. unvermoͤgend ſey, die Geſchenke der Feen zu ver- nichten; und um deßwillen war ſie uͤberzeugt, daß der junge Prinz, der den Namen T’ Siamma bekommen hatte, ein Freund der Goͤtter, und ein guter Regent, liebenswuͤrdig, weiſe und reich werden wuͤrde: Aber ſie kannte auch die Gewalt des ſchrecklichen Ciongock, und wußte, daß dieſer tauſend Wege erfinden wuͤrde, den Ruhm und die Vortheile zu verhindern, welche der Prinz von dieſen Geſchenken der Feen erwarten konnte. Um deßwillen wandte ſie bey ſeiner Erziehung alle Sorgfalt an, ihn zur Standhaſtigkeit, und Gelaſſenheit zu gewoͤhnen. Sie wiederholte ihm dieſe Vermahnungen bis in ſein achtzehntes Jahr, da er nach den Geſetzen des Landes die Regierung uͤbernehmen konnte. Sie fuͤhrte ihn ſelbſt zu dem erledigten Throne, uͤbergab ihn dem Beyſtande der verſammelten Raͤthe, umarmte ihn noch ein- mal mit einer muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit, und ſprach: Prinz! ſey deines Vaters wuͤrdig, und ver- giß nicht, daß die Tugend ihre Freunde be- lohnt, wenn ſie auch von der ganzen Welt verkannt wird! Hier ſchwieg ſie, ſah ihn zum letztenmale liebreich und mitleidig an, und ſchwung ſich auf einer blauen Wolke in die Hoͤhe, um nach ihren gluͤcklichen Wohnungen zuruͤck zu kehren, oder in einem andern Lande die Erziehung eines jungen Prinzen zu uͤbernehmen, welches ſie, als eine Freundinn der Menſchen, ihre einzige und liebſte Beſchaͤfftigung ſeyn ließ, da ſie wußte, daß durch die tugendhafte Erziehung eines ein- zigen

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 466[464]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/488>, abgerufen am 22.11.2024.