zigen Prinzen, Millionen Menschen glücklich werden.
Ciongock saß eben an dem Eingange seiner traurigen Höhle, und sann auf Verderben, als er die Zoimane in der Luft erblickte. Er verbarg sich; denn der verruchteste Bösewicht erschrickt bey dem unvermutheten Anblicke eines Tugendhaften. Nunmehr wußte er, daß T' Siamma den Thron bestiegen hatte, und weiter nicht unter dem Schutze der Fee war. Er brüllte vor Freuden, und rüstete sich, sein Vorhaben auszuführen. "Ja, T' "Siamma, dein Feind will ich seyn, wie ich der "Feind deiner Aeltern gewesen bin. Sey immer- "hin ein Freund der Götter, sey tugendhaft, sey "weise und gerecht; alle diese Geschenke der Feen "sollen dir unnütze seyn. Jch will mich der Herzen "der Unterthanen und deiner Nachbarn bemächti- "gen. Deine Frömmigkeit sollen sie für Heuche- "ley halten. Du wirst regieren, wie dein Vater, "und doch wird sich das Volk wider dich auflehnen. "Sey immerhin liebenswürdig und weise; man "wird dich doch verachten. Du sollst nach Schat- "ten greifen; deine größten Unternehmungen sollen "sich endigen, wie ein lächerlicher Traum ver- "schwindet."
Das sagte der drohende Ciongock mit einer rauhen Stimme. Er lachte dreymal, und drey- mal seufzete die Natur. Er setzte sich auf seinen Wagen, welchen vier graue Drachen zogen, und eilte nach der Jnsel Chiekock, sein Vorhaben aus-
zuführen.
G g 2
Erſtes Buch.
zigen Prinzen, Millionen Menſchen gluͤcklich werden.
Ciongock ſaß eben an dem Eingange ſeiner traurigen Hoͤhle, und ſann auf Verderben, als er die Zoimane in der Luft erblickte. Er verbarg ſich; denn der verruchteſte Boͤſewicht erſchrickt bey dem unvermutheten Anblicke eines Tugendhaften. Nunmehr wußte er, daß T’ Siamma den Thron beſtiegen hatte, und weiter nicht unter dem Schutze der Fee war. Er bruͤllte vor Freuden, und ruͤſtete ſich, ſein Vorhaben auszufuͤhren. „Ja, T’ „Siamma, dein Feind will ich ſeyn, wie ich der „Feind deiner Aeltern geweſen bin. Sey immer- „hin ein Freund der Goͤtter, ſey tugendhaft, ſey „weiſe und gerecht; alle dieſe Geſchenke der Feen „ſollen dir unnuͤtze ſeyn. Jch will mich der Herzen „der Unterthanen und deiner Nachbarn bemaͤchti- „gen. Deine Froͤmmigkeit ſollen ſie fuͤr Heuche- „ley halten. Du wirſt regieren, wie dein Vater, „und doch wird ſich das Volk wider dich auflehnen. „Sey immerhin liebenswuͤrdig und weiſe; man „wird dich doch verachten. Du ſollſt nach Schat- „ten greifen; deine groͤßten Unternehmungen ſollen „ſich endigen, wie ein laͤcherlicher Traum ver- „ſchwindet.„
Das ſagte der drohende Ciongock mit einer rauhen Stimme. Er lachte dreymal, und drey- mal ſeufzete die Natur. Er ſetzte ſich auf ſeinen Wagen, welchen vier graue Drachen zogen, und eilte nach der Jnſel Chiekock, ſein Vorhaben aus-
zufuͤhren.
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Erſtes Buch.
zigen Prinzen, Millionen Menſchen gluͤcklich
werden.
Ciongock ſaß eben an dem Eingange ſeiner
traurigen Hoͤhle, und ſann auf Verderben, als
er die Zoimane in der Luft erblickte. Er verbarg
ſich; denn der verruchteſte Boͤſewicht erſchrickt bey
dem unvermutheten Anblicke eines Tugendhaften.
Nunmehr wußte er, daß T’ Siamma den Thron
beſtiegen hatte, und weiter nicht unter dem Schutze
der Fee war. Er bruͤllte vor Freuden, und ruͤſtete
ſich, ſein Vorhaben auszufuͤhren. „Ja, T’
„Siamma, dein Feind will ich ſeyn, wie ich der
„Feind deiner Aeltern geweſen bin. Sey immer-
„hin ein Freund der Goͤtter, ſey tugendhaft, ſey
„weiſe und gerecht; alle dieſe Geſchenke der Feen
„ſollen dir unnuͤtze ſeyn. Jch will mich der Herzen
„der Unterthanen und deiner Nachbarn bemaͤchti-
„gen. Deine Froͤmmigkeit ſollen ſie fuͤr Heuche-
„ley halten. Du wirſt regieren, wie dein Vater,
„und doch wird ſich das Volk wider dich auflehnen.
„Sey immerhin liebenswuͤrdig und weiſe; man
„wird dich doch verachten. Du ſollſt nach Schat-
„ten greifen; deine groͤßten Unternehmungen ſollen
„ſich endigen, wie ein laͤcherlicher Traum ver-
„ſchwindet.„
Das ſagte der drohende Ciongock mit einer
rauhen Stimme. Er lachte dreymal, und drey-
mal ſeufzete die Natur. Er ſetzte ſich auf ſeinen
Wagen, welchen vier graue Drachen zogen, und
eilte nach der Jnſel Chiekock, ſein Vorhaben aus-
zufuͤhren.
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 467[465]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/489>, abgerufen am 22.11.2024.
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