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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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wenigstens für ein ganz unentbehrliches Laster
halten, wenn sie diesen Nutzen gelassen über-
denken wollten. Die Dieberey, ob sie schon
ihren eignen Gott hatte, war dennoch auch
bey denen ein Laster, die diesen Gott anbete-
ten; und gleichwohl fanden die Lacedaemonier
einen so grossen Nutzen darinnen, dass ihre Ju-
gend schlechterdings eine Geschicklichkeit im
Stehlen erlangen musste, wenn man ihr nicht
den Vorwurf machen sollte, dass sie künftig ein
sehr unnützes Mitglied des Staats seyn würde.
O, machten doch diese Worte einen Eindruck
in die Herzen unsrer Aeltern! O, koennten sie
sich doch entschliessen, ihre Kinder, die ihnen
die Natur anvertraut hat, in Zeiten an die wich-
tige Kunst, Uebels zu reden, zu gewoehnen!
Zu ihrer eignen Ehre, zum Nutzen des Vater-
landes, und vornehmlich zum Nutzen ihrer
Kinder würde es gereichen, wenn sie dadurch
vorsichtig gegen sich selbst, und gegen andre
gewoehnt würden. Dieser Theil der Erzie-
hung ist vornehmlich ein Werk der Mütter.
Von ihren Haenden wird es das Vaterland fo-
dern. Die Natur verlangt es selbst. Sollte
wohl die Natur, die nichts umsonst thut, den
Müttern die Triebe, Boeses von andern zu re-
den, umsonst so verschwenderisch mitgetheilt
haben?

Es giebt wenige Fehler, die der menschli-
chen Gesellschaft so beschwerlich sind, als der
Hochmuth. Der Hochmüthige selbst leidet da-

bey;
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wenigſtens für ein ganz unentbehrliches Laſter
halten, wenn ſie dieſen Nutzen gelaſſen über-
denken wollten. Die Dieberey, ob ſie ſchon
ihren eignen Gott hatte, war dennoch auch
bey denen ein Laſter, die dieſen Gott anbete-
ten; und gleichwohl fanden die Lacedaemonier
einen ſo groſsen Nutzen darinnen, daſs ihre Ju-
gend ſchlechterdings eine Geſchicklichkeit im
Stehlen erlangen muſste, wenn man ihr nicht
den Vorwurf machen ſollte, daſs ſie künftig ein
ſehr unnützes Mitglied des Staats ſeyn würde.
O, machten doch dieſe Worte einen Eindruck
in die Herzen unſrer Aeltern! O, koennten ſie
ſich doch entſchlieſsen, ihre Kinder, die ihnen
die Natur anvertraut hat, in Zeiten an die wich-
tige Kunſt, Uebels zu reden, zu gewoehnen!
Zu ihrer eignen Ehre, zum Nutzen des Vater-
landes, und vornehmlich zum Nutzen ihrer
Kinder würde es gereichen, wenn ſie dadurch
vorſichtig gegen ſich ſelbſt, und gegen andre
gewoehnt würden. Dieſer Theil der Erzie-
hung iſt vornehmlich ein Werk der Mütter.
Von ihren Haenden wird es das Vaterland fo-
dern. Die Natur verlangt es ſelbſt. Sollte
wohl die Natur, die nichts umſonſt thut, den
Müttern die Triebe, Boeſes von andern zu re-
den, umſonſt ſo verſchwenderiſch mitgetheilt
haben?

Es giebt wenige Fehler, die der menſchli-
chen Geſellſchaft ſo beſchwerlich ſind, als der
Hochmuth. Der Hochmüthige ſelbſt leidet da-

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[417/0439] wenigſtens für ein ganz unentbehrliches Laſter halten, wenn ſie dieſen Nutzen gelaſſen über- denken wollten. Die Dieberey, ob ſie ſchon ihren eignen Gott hatte, war dennoch auch bey denen ein Laſter, die dieſen Gott anbete- ten; und gleichwohl fanden die Lacedaemonier einen ſo groſsen Nutzen darinnen, daſs ihre Ju- gend ſchlechterdings eine Geſchicklichkeit im Stehlen erlangen muſste, wenn man ihr nicht den Vorwurf machen ſollte, daſs ſie künftig ein ſehr unnützes Mitglied des Staats ſeyn würde. O, machten doch dieſe Worte einen Eindruck in die Herzen unſrer Aeltern! O, koennten ſie ſich doch entſchlieſsen, ihre Kinder, die ihnen die Natur anvertraut hat, in Zeiten an die wich- tige Kunſt, Uebels zu reden, zu gewoehnen! Zu ihrer eignen Ehre, zum Nutzen des Vater- landes, und vornehmlich zum Nutzen ihrer Kinder würde es gereichen, wenn ſie dadurch vorſichtig gegen ſich ſelbſt, und gegen andre gewoehnt würden. Dieſer Theil der Erzie- hung iſt vornehmlich ein Werk der Mütter. Von ihren Haenden wird es das Vaterland fo- dern. Die Natur verlangt es ſelbſt. Sollte wohl die Natur, die nichts umſonſt thut, den Müttern die Triebe, Boeſes von andern zu re- den, umſonſt ſo verſchwenderiſch mitgetheilt haben? Es giebt wenige Fehler, die der menſchli- chen Geſellſchaft ſo beſchwerlich ſind, als der Hochmuth. Der Hochmüthige ſelbſt leidet da- bey; D d

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/439>, abgerufen am 22.11.2024.