zen möchte. Aber er soll mir diese Angst bezah- len: Denn da er ein Dichter schon bey Jahren ist, so habe ich das Recht, ihn bey meiner Ge- dankensteuer doppelt anzusetzen.
Jch habe durch diese kurze Reisebeschreibung eine Gelegenheit gesucht, meinen Lesern eine Probe zu geben, wie einträglich diese Gedanken- steuer seyn wird. Wir wollen einmal annehmen:
11 fl. der Weinhändler.
4 fl. die Betschwester.
7 1/2 fl. der Officier.
7 fl. der junge Richter. Die andern will ich nur in einen ungefähren Anschlag bringen.
6 fl. der Unzufriedne. Es ist nicht zu viel, wenn man bedenkt, wie viel Mühe er sich giebt, lächerlich zu seyn.
20 fl. die beiden murrenden Kaufleute.
2 fl. der junge Tartüffe.
1 fl. der Gratulante. Der böse Mann sollte wohl mehr geben, da er mich mit seinen Versen ins Wasser gejagt hat: Aber er muß Weib und Kind von seinem Witze er- nähren, und ich weis, daß sein gepriesner Mäcenat sehr karg ist; darum dauert er mich. Alles dieses macht zusammen - - 58 1/2 fl.
Nun bedenke man einmal: wenn eine so kleine Gesellschaft von neun Contribuenten, binnen einer Zeit von wenigen Stunden so viel beysteu- ern soll; was für unsägliche Summen wird es ein Jahr über in ganz Deutschland ausmachen? Jch bin vor Freuden ganz außer mir, daß ich ei-
nen
A a 2
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
zen moͤchte. Aber er ſoll mir dieſe Angſt bezah- len: Denn da er ein Dichter ſchon bey Jahren iſt, ſo habe ich das Recht, ihn bey meiner Ge- dankenſteuer doppelt anzuſetzen.
Jch habe durch dieſe kurze Reiſebeſchreibung eine Gelegenheit geſucht, meinen Leſern eine Probe zu geben, wie eintraͤglich dieſe Gedanken- ſteuer ſeyn wird. Wir wollen einmal annehmen:
11 fl. der Weinhaͤndler.
4 fl. die Betſchweſter.
7 ½ fl. der Officier.
7 fl. der junge Richter. Die andern will ich nur in einen ungefaͤhren Anſchlag bringen.
6 fl. der Unzufriedne. Es iſt nicht zu viel, wenn man bedenkt, wie viel Muͤhe er ſich giebt, laͤcherlich zu ſeyn.
20 fl. die beiden murrenden Kaufleute.
2 fl. der junge Tartuͤffe.
1 fl. der Gratulante. Der boͤſe Mann ſollte wohl mehr geben, da er mich mit ſeinen Verſen ins Waſſer gejagt hat: Aber er muß Weib und Kind von ſeinem Witze er- naͤhren, und ich weis, daß ſein geprieſner Maͤcenat ſehr karg iſt; darum dauert er mich. Alles dieſes macht zuſammen ‒ ‒ 58 ½ fl.
Nun bedenke man einmal: wenn eine ſo kleine Geſellſchaft von neun Contribuenten, binnen einer Zeit von wenigen Stunden ſo viel beyſteu- ern ſoll; was fuͤr unſaͤgliche Summen wird es ein Jahr uͤber in ganz Deutſchland ausmachen? Jch bin vor Freuden ganz außer mir, daß ich ei-
nen
A a 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0393"n="371"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.</hi></fw><lb/>
zen moͤchte. Aber er ſoll mir dieſe Angſt bezah-<lb/>
len: Denn da er ein Dichter ſchon bey Jahren<lb/>
iſt, ſo habe ich das Recht, ihn bey meiner Ge-<lb/>
dankenſteuer doppelt anzuſetzen.</p><lb/><p>Jch habe durch dieſe kurze Reiſebeſchreibung<lb/>
eine Gelegenheit geſucht, meinen Leſern eine<lb/>
Probe zu geben, wie eintraͤglich dieſe Gedanken-<lb/>ſteuer ſeyn wird. Wir wollen einmal annehmen:</p><lb/><list><item>11 fl. der Weinhaͤndler.</item><lb/><item>4 fl. die Betſchweſter.</item><lb/><item>7 ½ fl. der Officier.</item><lb/><item>7 fl. der junge Richter. Die andern will ich<lb/>
nur in einen ungefaͤhren Anſchlag bringen.</item><lb/><item>6 fl. der Unzufriedne. Es iſt nicht zu viel,<lb/>
wenn man bedenkt, wie viel Muͤhe er ſich<lb/>
giebt, laͤcherlich zu ſeyn.</item><lb/><item>20 fl. die beiden murrenden Kaufleute.</item><lb/><item>2 fl. der junge Tartuͤffe.</item><lb/><item>1 fl. der Gratulante. Der boͤſe Mann ſollte<lb/>
wohl mehr geben, da er mich mit ſeinen<lb/>
Verſen ins Waſſer gejagt hat: Aber er<lb/>
muß Weib und Kind von ſeinem Witze er-<lb/>
naͤhren, und ich weis, daß ſein geprieſner<lb/>
Maͤcenat ſehr karg iſt; darum dauert er mich.<lb/>
Alles dieſes macht zuſammen ‒‒ 58 ½ fl.</item></list><lb/><p>Nun bedenke man einmal: wenn eine ſo kleine<lb/>
Geſellſchaft von neun Contribuenten, binnen<lb/>
einer Zeit von wenigen Stunden ſo viel beyſteu-<lb/>
ern ſoll; was fuͤr unſaͤgliche Summen wird es<lb/>
ein Jahr uͤber in ganz Deutſchland ausmachen?<lb/>
Jch bin vor Freuden ganz außer mir, daß ich ei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">nen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[371/0393]
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
zen moͤchte. Aber er ſoll mir dieſe Angſt bezah-
len: Denn da er ein Dichter ſchon bey Jahren
iſt, ſo habe ich das Recht, ihn bey meiner Ge-
dankenſteuer doppelt anzuſetzen.
Jch habe durch dieſe kurze Reiſebeſchreibung
eine Gelegenheit geſucht, meinen Leſern eine
Probe zu geben, wie eintraͤglich dieſe Gedanken-
ſteuer ſeyn wird. Wir wollen einmal annehmen:
11 fl. der Weinhaͤndler.
4 fl. die Betſchweſter.
7 ½ fl. der Officier.
7 fl. der junge Richter. Die andern will ich
nur in einen ungefaͤhren Anſchlag bringen.
6 fl. der Unzufriedne. Es iſt nicht zu viel,
wenn man bedenkt, wie viel Muͤhe er ſich
giebt, laͤcherlich zu ſeyn.
20 fl. die beiden murrenden Kaufleute.
2 fl. der junge Tartuͤffe.
1 fl. der Gratulante. Der boͤſe Mann ſollte
wohl mehr geben, da er mich mit ſeinen
Verſen ins Waſſer gejagt hat: Aber er
muß Weib und Kind von ſeinem Witze er-
naͤhren, und ich weis, daß ſein geprieſner
Maͤcenat ſehr karg iſt; darum dauert er mich.
Alles dieſes macht zuſammen ‒ ‒ 58 ½ fl.
Nun bedenke man einmal: wenn eine ſo kleine
Geſellſchaft von neun Contribuenten, binnen
einer Zeit von wenigen Stunden ſo viel beyſteu-
ern ſoll; was fuͤr unſaͤgliche Summen wird es
ein Jahr uͤber in ganz Deutſchland ausmachen?
Jch bin vor Freuden ganz außer mir, daß ich ei-
nen
A a 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/393>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.