nen so glücklichen Einfall gehabt habe, diese Ge- dankensteuer in Vorschlag zu bringen. Wie viel tausend Mitbürger, für die niemand bisher ge- sorgt hat, werde ich künftig von der Thorheit an- derer ernähren können!
Hier könnte ich schließen; aber ich muß noch auf einen Einwurf antworten: Jst es wohl iemals möglich, diese Gedankensteuer wirk- lich einzuführen, da es nicht möglich ist, die Gedanken anderer zu wissen, und da die Menschen gemeiniglich ihre Einbildungen, je lächerlicher sie sind, desto sorgfältiger zu verbergen wissen?
Vielleicht hätte ich gar nicht nöthig, mich auf diese Frage einzulassen. Ein Projectmacher entwirft den Plan; er macht weitläuftige Be- rechnungen von den großen Einkünften, welche die Casse davon zu erwarten hat: Mehr darf man von ihm nicht verlangen. Ob es eine Möglichkeit sey, diesen Plan einzuführen? das ist seine Sache nicht; dafür mögen andre sorgen: Genug, sein Project steht richtig berechnet auf dem Papiere.
Aber ich bin meiner Sachen so gewiß, daß ich mehr antworten will, als man berechtigt ist, mich zu fragen.
Der obige Einwurf schickt sich nicht auf al- le Fälle. Viele Handlungen der Menschen brauchen gar keine Erklärung. Viele Menschen sind nicht im Stande, oder geben sich doch keine
Mühe,
Antons Panßa von Mancha
nen ſo gluͤcklichen Einfall gehabt habe, dieſe Ge- dankenſteuer in Vorſchlag zu bringen. Wie viel tauſend Mitbuͤrger, fuͤr die niemand bisher ge- ſorgt hat, werde ich kuͤnftig von der Thorheit an- derer ernaͤhren koͤnnen!
Hier koͤnnte ich ſchließen; aber ich muß noch auf einen Einwurf antworten: Jſt es wohl iemals moͤglich, dieſe Gedankenſteuer wirk- lich einzufuͤhren, da es nicht moͤglich iſt, die Gedanken anderer zu wiſſen, und da die Menſchen gemeiniglich ihre Einbildungen, je laͤcherlicher ſie ſind, deſto ſorgfaͤltiger zu verbergen wiſſen?
Vielleicht haͤtte ich gar nicht noͤthig, mich auf dieſe Frage einzulaſſen. Ein Projectmacher entwirft den Plan; er macht weitlaͤuftige Be- rechnungen von den großen Einkuͤnften, welche die Caſſe davon zu erwarten hat: Mehr darf man von ihm nicht verlangen. Ob es eine Moͤglichkeit ſey, dieſen Plan einzufuͤhren? das iſt ſeine Sache nicht; dafuͤr moͤgen andre ſorgen: Genug, ſein Project ſteht richtig berechnet auf dem Papiere.
Aber ich bin meiner Sachen ſo gewiß, daß ich mehr antworten will, als man berechtigt iſt, mich zu fragen.
Der obige Einwurf ſchickt ſich nicht auf al- le Faͤlle. Viele Handlungen der Menſchen brauchen gar keine Erklaͤrung. Viele Menſchen ſind nicht im Stande, oder geben ſich doch keine
Muͤhe,
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Antons Panßa von Mancha
nen ſo gluͤcklichen Einfall gehabt habe, dieſe Ge-
dankenſteuer in Vorſchlag zu bringen. Wie viel
tauſend Mitbuͤrger, fuͤr die niemand bisher ge-
ſorgt hat, werde ich kuͤnftig von der Thorheit an-
derer ernaͤhren koͤnnen!
Hier koͤnnte ich ſchließen; aber ich muß noch
auf einen Einwurf antworten: Jſt es wohl
iemals moͤglich, dieſe Gedankenſteuer wirk-
lich einzufuͤhren, da es nicht moͤglich iſt,
die Gedanken anderer zu wiſſen, und da die
Menſchen gemeiniglich ihre Einbildungen,
je laͤcherlicher ſie ſind, deſto ſorgfaͤltiger zu
verbergen wiſſen?
Vielleicht haͤtte ich gar nicht noͤthig, mich
auf dieſe Frage einzulaſſen. Ein Projectmacher
entwirft den Plan; er macht weitlaͤuftige Be-
rechnungen von den großen Einkuͤnften, welche
die Caſſe davon zu erwarten hat: Mehr darf
man von ihm nicht verlangen. Ob es eine
Moͤglichkeit ſey, dieſen Plan einzufuͤhren? das
iſt ſeine Sache nicht; dafuͤr moͤgen andre ſorgen:
Genug, ſein Project ſteht richtig berechnet auf
dem Papiere.
Aber ich bin meiner Sachen ſo gewiß, daß
ich mehr antworten will, als man berechtigt iſt,
mich zu fragen.
Der obige Einwurf ſchickt ſich nicht auf al-
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brauchen gar keine Erklaͤrung. Viele Menſchen
ſind nicht im Stande, oder geben ſich doch keine
Muͤhe,
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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