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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha

Die Verwegenheit, die er gehabt, das wich-
tige Amt eines Richters in denen Jahren zu über-
nehmen, in welchen er noch billig, mit dem Buche
unter dem Arme, in die Schule hätte gehen sol-
len; die dreiste Geschwätzigkeit, mit seiner weni-
gen und unvollkommenen Wissenschaft alle Ge-
sellschaften zu übertäuben; die Begierde, über alle
Vorfälle seine entscheidenden Gedanken zu sagen;
die Empfindlichkeit, die er äußerte, wenn man an
seiner Weisheit und Unfehlbarkeit zweifeln wollte:
Alle diese Thorheiten werden mir ein ansehnliches
Stück Geld einbringen; denn ihm wird es un-
möglich seyn, sich solche abzugewöhnen, und mir
soll er sie theuer genug bezahlen.

Aber am allerstärksten soll er die thörichte Un-
verschämtheit büßen, die er hat, seinen erfahrnen,
und einsehenden Collegen so muthwillig zu wider-
sprechen, und sie gegen andre, die es von ihm nicht
einmal zu wissen verlangen, für Männer ohne
Einsicht, und für eigensinnige Jgnoranten auszu-
schreyen. Diesen jungen Stolz werde ich um so
viel mehr exemplarisch strafen, da er so viele
schädliche Folgen hat, und, nicht allein bey uns,
sondern, wie ich erfahre, auch in Sachsen und in
andern Ländern unter denen so allgemein ist, wel-
chen man aus guter Absicht, einen leeren Platz
in der Versammlung der Richter und Räthe
gönnt, um das zu hören, was sie auf Universitä-
ten unmöglich hören konnten, und aus der Erfah-
rung ihrer einsehenden Collegen diejenige Geschick-

lichkeit
Antons Panßa von Mancha

Die Verwegenheit, die er gehabt, das wich-
tige Amt eines Richters in denen Jahren zu uͤber-
nehmen, in welchen er noch billig, mit dem Buche
unter dem Arme, in die Schule haͤtte gehen ſol-
len; die dreiſte Geſchwaͤtzigkeit, mit ſeiner weni-
gen und unvollkommenen Wiſſenſchaft alle Ge-
ſellſchaften zu uͤbertaͤuben; die Begierde, uͤber alle
Vorfaͤlle ſeine entſcheidenden Gedanken zu ſagen;
die Empfindlichkeit, die er aͤußerte, wenn man an
ſeiner Weisheit und Unfehlbarkeit zweifeln wollte:
Alle dieſe Thorheiten werden mir ein anſehnliches
Stuͤck Geld einbringen; denn ihm wird es un-
moͤglich ſeyn, ſich ſolche abzugewoͤhnen, und mir
ſoll er ſie theuer genug bezahlen.

Aber am allerſtaͤrkſten ſoll er die thoͤrichte Un-
verſchaͤmtheit buͤßen, die er hat, ſeinen erfahrnen,
und einſehenden Collegen ſo muthwillig zu wider-
ſprechen, und ſie gegen andre, die es von ihm nicht
einmal zu wiſſen verlangen, fuͤr Maͤnner ohne
Einſicht, und fuͤr eigenſinnige Jgnoranten auszu-
ſchreyen. Dieſen jungen Stolz werde ich um ſo
viel mehr exemplariſch ſtrafen, da er ſo viele
ſchaͤdliche Folgen hat, und, nicht allein bey uns,
ſondern, wie ich erfahre, auch in Sachſen und in
andern Laͤndern unter denen ſo allgemein iſt, wel-
chen man aus guter Abſicht, einen leeren Platz
in der Verſammlung der Richter und Raͤthe
goͤnnt, um das zu hoͤren, was ſie auf Univerſitaͤ-
ten unmoͤglich hoͤren konnten, und aus der Erfah-
rung ihrer einſehenden Collegen diejenige Geſchick-

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[362/0384] Antons Panßa von Mancha Die Verwegenheit, die er gehabt, das wich- tige Amt eines Richters in denen Jahren zu uͤber- nehmen, in welchen er noch billig, mit dem Buche unter dem Arme, in die Schule haͤtte gehen ſol- len; die dreiſte Geſchwaͤtzigkeit, mit ſeiner weni- gen und unvollkommenen Wiſſenſchaft alle Ge- ſellſchaften zu uͤbertaͤuben; die Begierde, uͤber alle Vorfaͤlle ſeine entſcheidenden Gedanken zu ſagen; die Empfindlichkeit, die er aͤußerte, wenn man an ſeiner Weisheit und Unfehlbarkeit zweifeln wollte: Alle dieſe Thorheiten werden mir ein anſehnliches Stuͤck Geld einbringen; denn ihm wird es un- moͤglich ſeyn, ſich ſolche abzugewoͤhnen, und mir ſoll er ſie theuer genug bezahlen. Aber am allerſtaͤrkſten ſoll er die thoͤrichte Un- verſchaͤmtheit buͤßen, die er hat, ſeinen erfahrnen, und einſehenden Collegen ſo muthwillig zu wider- ſprechen, und ſie gegen andre, die es von ihm nicht einmal zu wiſſen verlangen, fuͤr Maͤnner ohne Einſicht, und fuͤr eigenſinnige Jgnoranten auszu- ſchreyen. Dieſen jungen Stolz werde ich um ſo viel mehr exemplariſch ſtrafen, da er ſo viele ſchaͤdliche Folgen hat, und, nicht allein bey uns, ſondern, wie ich erfahre, auch in Sachſen und in andern Laͤndern unter denen ſo allgemein iſt, wel- chen man aus guter Abſicht, einen leeren Platz in der Verſammlung der Richter und Raͤthe goͤnnt, um das zu hoͤren, was ſie auf Univerſitaͤ- ten unmoͤglich hoͤren konnten, und aus der Erfah- rung ihrer einſehenden Collegen diejenige Geſchick- lichkeit

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/384>, abgerufen am 22.11.2024.