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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Zueignungsschrift.
ist hievon der stärkste Beweis*. Diese Esel,
welche so fett und stark waren, wie die Esel der
Domherren natürlicher weise seyn müssen; wel-
che ihr Futter bey der Faulheit ihrer hochwürdi-
gen Herren müßig verzehrten, da Du bey den müh-
samsten Abentheuern immer Hunger leiden muß-
test; diese Esel, welche zur Ehre der Kirche präch-
tig aufgeputzt waren, da Deine ganze Decke in
einem schlechten Reutküssen bestand; welche
muthwillig um Dich herum scherzten, wie Esel
von Stande zu scherzen pflegen; welche Dich, als
einen dürftigen Layenesel, mit Verachtung ansa-
hen; mit einem Worte, diese Esel der Dom-
herren waren mit aller ihrer Glückseligkeit doch
nicht im Stande, nur einen Augenblick Tadel
oder Neid bey Dir zu erregen. Wie viel Men-
schen beschämest Du, genügsamer Esel, welche
das Glück der Großen und Reichen beneiden,
und, da sie zu ohnmächtig sind, es ihnen zu
nehmen, sich doch wenigstens Mühe geben, die
Welt durch Spöttereyen, oder durch Beschul-
digungen zu bereden, daß selbige dieses Glückes
ganz unwürdig wären.

Bey keinem von allen Abentheuern hat San-
cho Panßa so unverwerfliche Proben seines gros-
sen Geistes abgeleget, als bey Regierung der Jn-
sel Barataria**; aber eben dieser Zeitpunkt ist
derjenige, welcher auch zugleich Deine tugendhaf-
ten Vorzüge am meisten in ein Licht gesetzet hat,
das eine Reihe von späten Jahrhunderten nicht

verdun-
* B. 4. C. 43.
** B. 7. C. 45.

Zueignungsſchrift.
iſt hievon der ſtaͤrkſte Beweis*. Dieſe Eſel,
welche ſo fett und ſtark waren, wie die Eſel der
Domherren natuͤrlicher weiſe ſeyn muͤſſen; wel-
che ihr Futter bey der Faulheit ihrer hochwuͤrdi-
gen Herren muͤßig verzehrten, da Du bey den muͤh-
ſamſten Abentheuern immer Hunger leiden muß-
teſt; dieſe Eſel, welche zur Ehre der Kirche praͤch-
tig aufgeputzt waren, da Deine ganze Decke in
einem ſchlechten Reutkuͤſſen beſtand; welche
muthwillig um Dich herum ſcherzten, wie Eſel
von Stande zu ſcherzen pflegen; welche Dich, als
einen duͤrftigen Layeneſel, mit Verachtung anſa-
hen; mit einem Worte, dieſe Eſel der Dom-
herren waren mit aller ihrer Gluͤckſeligkeit doch
nicht im Stande, nur einen Augenblick Tadel
oder Neid bey Dir zu erregen. Wie viel Men-
ſchen beſchaͤmeſt Du, genuͤgſamer Eſel, welche
das Gluͤck der Großen und Reichen beneiden,
und, da ſie zu ohnmaͤchtig ſind, es ihnen zu
nehmen, ſich doch wenigſtens Muͤhe geben, die
Welt durch Spoͤttereyen, oder durch Beſchul-
digungen zu bereden, daß ſelbige dieſes Gluͤckes
ganz unwuͤrdig waͤren.

Bey keinem von allen Abentheuern hat San-
cho Panßa ſo unverwerfliche Proben ſeines groſ-
ſen Geiſtes abgeleget, als bey Regierung der Jn-
ſel Barataria**; aber eben dieſer Zeitpunkt iſt
derjenige, welcher auch zugleich Deine tugendhaf-
ten Vorzuͤge am meiſten in ein Licht geſetzet hat,
das eine Reihe von ſpaͤten Jahrhunderten nicht

verdun-
* B. 4. C. 43.
** B. 7. C. 45.
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[15/0037] Zueignungsſchrift. iſt hievon der ſtaͤrkſte Beweis *. Dieſe Eſel, welche ſo fett und ſtark waren, wie die Eſel der Domherren natuͤrlicher weiſe ſeyn muͤſſen; wel- che ihr Futter bey der Faulheit ihrer hochwuͤrdi- gen Herren muͤßig verzehrten, da Du bey den muͤh- ſamſten Abentheuern immer Hunger leiden muß- teſt; dieſe Eſel, welche zur Ehre der Kirche praͤch- tig aufgeputzt waren, da Deine ganze Decke in einem ſchlechten Reutkuͤſſen beſtand; welche muthwillig um Dich herum ſcherzten, wie Eſel von Stande zu ſcherzen pflegen; welche Dich, als einen duͤrftigen Layeneſel, mit Verachtung anſa- hen; mit einem Worte, dieſe Eſel der Dom- herren waren mit aller ihrer Gluͤckſeligkeit doch nicht im Stande, nur einen Augenblick Tadel oder Neid bey Dir zu erregen. Wie viel Men- ſchen beſchaͤmeſt Du, genuͤgſamer Eſel, welche das Gluͤck der Großen und Reichen beneiden, und, da ſie zu ohnmaͤchtig ſind, es ihnen zu nehmen, ſich doch wenigſtens Muͤhe geben, die Welt durch Spoͤttereyen, oder durch Beſchul- digungen zu bereden, daß ſelbige dieſes Gluͤckes ganz unwuͤrdig waͤren. Bey keinem von allen Abentheuern hat San- cho Panßa ſo unverwerfliche Proben ſeines groſ- ſen Geiſtes abgeleget, als bey Regierung der Jn- ſel Barataria **; aber eben dieſer Zeitpunkt iſt derjenige, welcher auch zugleich Deine tugendhaf- ten Vorzuͤge am meiſten in ein Licht geſetzet hat, das eine Reihe von ſpaͤten Jahrhunderten nicht verdun- * B. 4. C. 43. ** B. 7. C. 45.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/37>, abgerufen am 28.03.2024.