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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
sie: Und kommen sie einmal zur Feder, so schmie-
ren sie, trotz unsern arbeitsamen Schriftstellern,
und werden auch so wenig, als sie gelesen. Es
ist wahr, sie sind in ihren Ausdrücken beleidigend,
grob, und pöbelmäßig; aber man thut unrecht,
wenn man ihnen einen Vorwurf über eine Sache
machen will, welche die Gewohnheit, und ihr
Nutzen rechtfertigt. Schimpften sie in altem und
gutem Lateine, so würden sie die Sprache unsrer
belesensten Kritiker reden: Aber, da sie nur
deutsch schimpfen, so sagt man, sie redeten die
Sprache des Pöbels. Neue Wahrheiten erfin-
den sie freylich nicht; aber dafür sind sie auch im
Stande, zu machen, daß man die alten Wahr-
heiten gar verliert. Die Arithmetik ist der
Grund aller mathematischen Wissenschaften; und
mich dünkt, ihre Liquidationes sind Zeugen, daß
sie vortrefflich rechnen können. Mit einem Wor-
te: Wenn sie mich aus ihren juristischen Klauen
lassen, und einen jährlichen Beytrag zu meiner
Gedankensteuer erlegen wollen; so sollen sie, un-
geachtet ihrer Unwissenheit, und ihrer Niederträch-
tigkeit, dennoch das Recht haben, zu glauben,
daß sie ein großer Rechtsgelehrter sind. Aber,
das wiederhole ich noch einmal: Für einen ehrli-
chen Mann kann ich sie unmöglich halten. - - - -
Wie? Und damit sind sie noch nicht zufrie-
den? - - - Gut! so muß ich mir einen Mann
suchen, der meine Sache vertheidigt.

O,

Antons Panßa von Mancha
ſie: Und kommen ſie einmal zur Feder, ſo ſchmie-
ren ſie, trotz unſern arbeitſamen Schriftſtellern,
und werden auch ſo wenig, als ſie geleſen. Es
iſt wahr, ſie ſind in ihren Ausdruͤcken beleidigend,
grob, und poͤbelmaͤßig; aber man thut unrecht,
wenn man ihnen einen Vorwurf uͤber eine Sache
machen will, welche die Gewohnheit, und ihr
Nutzen rechtfertigt. Schimpften ſie in altem und
gutem Lateine, ſo wuͤrden ſie die Sprache unſrer
beleſenſten Kritiker reden: Aber, da ſie nur
deutſch ſchimpfen, ſo ſagt man, ſie redeten die
Sprache des Poͤbels. Neue Wahrheiten erfin-
den ſie freylich nicht; aber dafuͤr ſind ſie auch im
Stande, zu machen, daß man die alten Wahr-
heiten gar verliert. Die Arithmetik iſt der
Grund aller mathematiſchen Wiſſenſchaften; und
mich duͤnkt, ihre Liquidationes ſind Zeugen, daß
ſie vortrefflich rechnen koͤnnen. Mit einem Wor-
te: Wenn ſie mich aus ihren juriſtiſchen Klauen
laſſen, und einen jaͤhrlichen Beytrag zu meiner
Gedankenſteuer erlegen wollen; ſo ſollen ſie, un-
geachtet ihrer Unwiſſenheit, und ihrer Niedertraͤch-
tigkeit, dennoch das Recht haben, zu glauben,
daß ſie ein großer Rechtsgelehrter ſind. Aber,
das wiederhole ich noch einmal: Fuͤr einen ehrli-
chen Mann kann ich ſie unmoͤglich halten. ‒ ‒ ‒ ‒
Wie? Und damit ſind ſie noch nicht zufrie-
den? ‒ ‒ ‒ Gut! ſo muß ich mir einen Mann
ſuchen, der meine Sache vertheidigt.

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[332/0354] Antons Panßa von Mancha ſie: Und kommen ſie einmal zur Feder, ſo ſchmie- ren ſie, trotz unſern arbeitſamen Schriftſtellern, und werden auch ſo wenig, als ſie geleſen. Es iſt wahr, ſie ſind in ihren Ausdruͤcken beleidigend, grob, und poͤbelmaͤßig; aber man thut unrecht, wenn man ihnen einen Vorwurf uͤber eine Sache machen will, welche die Gewohnheit, und ihr Nutzen rechtfertigt. Schimpften ſie in altem und gutem Lateine, ſo wuͤrden ſie die Sprache unſrer beleſenſten Kritiker reden: Aber, da ſie nur deutſch ſchimpfen, ſo ſagt man, ſie redeten die Sprache des Poͤbels. Neue Wahrheiten erfin- den ſie freylich nicht; aber dafuͤr ſind ſie auch im Stande, zu machen, daß man die alten Wahr- heiten gar verliert. Die Arithmetik iſt der Grund aller mathematiſchen Wiſſenſchaften; und mich duͤnkt, ihre Liquidationes ſind Zeugen, daß ſie vortrefflich rechnen koͤnnen. Mit einem Wor- te: Wenn ſie mich aus ihren juriſtiſchen Klauen laſſen, und einen jaͤhrlichen Beytrag zu meiner Gedankenſteuer erlegen wollen; ſo ſollen ſie, un- geachtet ihrer Unwiſſenheit, und ihrer Niedertraͤch- tigkeit, dennoch das Recht haben, zu glauben, daß ſie ein großer Rechtsgelehrter ſind. Aber, das wiederhole ich noch einmal: Fuͤr einen ehrli- chen Mann kann ich ſie unmoͤglich halten. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie? Und damit ſind ſie noch nicht zufrie- den? ‒ ‒ ‒ Gut! ſo muß ich mir einen Mann ſuchen, der meine Sache vertheidigt. O,

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/354>, abgerufen am 22.11.2024.